Kalkulatorische Zinsen

Kalkulatorische Zinsen zählen im internen Rechnungswesen zu den kalkulatorischen Kosten. Sie werden genutzt, um das für den Geschäftserhalt notwendige Eigenkapital fiktiv zu verzinsen und so die Opportunitätskosten einer Geldanlage in Ihr eigenes Unternehmen zu ermitteln. Weshalb kalkulatorische Zinsen buchhalterisch relevant sind und wie Sie diese ermitteln, lesen Sie in folgendem Text.

Zuletzt aktualisiert am 05.12.2023
© style67 - stock.adobe.com

Zusammenfassung

Kalkulatorische Zinsen im Überblick

  • Mit kalkulatorischen Zinsen wird das im Unternehmen gebundene, betriebsnotwendige Kapital fiktiv verzinst.
  • Sie zählen zu den kalkulatorischen Kosten.
  • Kalkulatorische Zinsen tauchen nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung auf, da ihnen kein Aufwand gegenübersteht. Stattdessen werden Sie als kalkulatorische Kosten in der Kostenrechnung berücksichtigt.
  • Sie dienen als interne Kennziffer und sind ein Indikator für den Unternehmenserfolg.

Definition

Was sind kalkulatorische Zinsen

Mithilfe der kalkulatorischen Zinsen wird berechnet, welche Zinserträge das betriebsnotwendige Kapital erwirtschaftet hätte, wäre es am Kapitalmarkt und nicht in das eigene Unternehmen investiert worden. 

Was sagen kalkulatorische Zinsen aus?

Bei der Berechnung kalkulatorischer Zinsen geht es darum, die Opportunitätskosten einer Eigenkapitalanlage im eigenen Unternehmen zu ermitteln. Folgende Zusammenhänge sind zu verstehen: 

  • Das betriebsnotwendige Kapital in Ihrer Firma besteht zumeist aus Eigen- und Fremdkapital. Während Sie das Fremdkapital in Ihrem Unternehmen verzinsen und die Zinsen an den Fremdkapitalgeber (Bank) auszahlen müssen, steht Ihnen das Eigenkapital zinsfrei zur Verfügung und hätte auch zum gängigen Zinssatz am Kapitalmarkt angelegt werden können. 
  • Die Zinserträge, die nicht erwirtschaftet werden, weil das Eigenkapital zinsfrei im Unternehmen gebunden ist, sind die kalkulatorischen Zinsen. 
  • Ziel ihrer Berechnung ist es, die Alternativen für Investitionen zur Eigenkapitalanlage am Kapitalmarkt für den Unternehmer sichtbar zu machen. 

Kalkulatorische Zinsen in der Finanzbuchhaltung

Bei den kalkulatorischen Zinsen handelt es sich um kalkulatorische Kosten. Das heißt, dass den Kosten keine Aufwendungen in der Buchhaltung gegenüberstehen. Man bezeichnet sie daher auch als „Zusatzkosten“. 

Entsprechend tauchen kalkulatorische Zinsen nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) auf - schließlich müssen kalkulatorische Zinsen an niemanden ausgezahlt werden. Sie werden stattdessen in der Kosten- und Leistungsrechnung als Kosten berücksichtigt.

Kalkulatorische Zinsen richtig berechnen

Für die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen wird das betriebsnotwendige Kapital mit dem kalkulatorischen Zinssatz multipliziert. Beim kalkulatorischen Zinssatz handelt es sich üblicherweise um den aktuellen Marktzinssatz.

Das betriebsnotwendige Anlagevermögen

Das betriebsnotwendige Anlagevermögen besteht unter anderem aus Maschinen, Fertigungsräumen und den Grundstücken, womit Ihr Unternehmen seine zentralen Leistungen erbringt. Nicht berücksichtigt werden zum Beispiel Immobilien und Grundstücke, die dem Unternehmen ausschließlich als Wertanlage dienen.

Um das betriebsnotwendige Anlagevermögen in Ihrem Unternehmen richtig zu bewerten, können Sie sich zwischen der Durchschnittsmethode und der Restwertmethode zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen entscheiden: 

  • Bei der Durchschnittsmethode werden die Anschaffungskosten Ihres Anlagevermögens einfach mit 0,5 multipliziert. Der ermittelte Wert ist die Berechnungsgrundlage für die weitere Ermittlung kalkulatorischer Zinsen. Die Formel lautet:

Anlagevermögen = Anschaffungskosten * 0,5.

  • Bei der Restwertmethode bildet Restwert einer Anlage nach Abzug der Abschreibungen die Berechnungsgrundlage für den Restwertzins. Alternativ kann auch der durchschnittliche Restwert des Anlagevermögens ermittelt werden. Die Formel hierfür lautet

Durchschnittlicher Restwert = 0,5 * Anfangsbestand+Endbestand.

Info

Vor- und Nachteile der Durchschnitts- und Restwertmethode

Sowohl die Durchschnitts- als auch die Restwertmethose haben Vor- und Nachteile. Bei der Durchschnittsmethode werden jedes Jahr dieselben kalkulatorischen Zinsen für das Anlagevermögen angesetzt. Außerdem ist sie leichter umzusetzen und nachzuvollziehen. Wenn es Ihnen also darum geht, die Entwicklung der kalkulatorischen Zinsen in Ihrem Unternehmen über mehrere Jahre hinweg zu beobachten und die Werte aus den vergangenen Jahren vergleichbar zu halten, bietet sich die Durchschnittsmethode an. Legen Sie hingegen Wert darauf, den aktuellen Zustand Ihres Unternehmens zu kennen, ist die Restwertmethode die bessere Option, da sie die aktuellen Werte im Unternehmen genauer abbildet.

Das betriebsnotwendige Umlaufvermögen

Beim betriebsnotwendigen Umlaufvermögen handelt es sich zum Beispiel um Kredite oder Waren, die zur Veräußerung bestimmt sind – gemeint sind all die Wertgegenstände, die in naher Zukunft verbraucht, verkauft oder weiterverarbeitet werden. Das betriebsnotwendige Umlaufvermögen wird mit dem kalkulatorischen Mittelwert, also dem Buchwert des Vermögens, angesetzt.

Das Abzugskapital

Das Abzugskapital ist das Kapital, welches dem Unternehmen zinslos zur Verfügung gestellt wurde, zum Beispiel Lieferantenkredite oder Rückstellungen.

Das betriebsnotwendige Kapital

Das betriebsnotwendige Kapital ist der Teil des Gesamtkapitals, das zur Erhaltung des Geschäftsbetriebes notwendig ist. Es besteht aus Anlage- und Umlaufvermögen. Maschinen, Waren, Fabrikgebäude und Rohstoffe sind Beispiele für betriebsnotwendiges Kapital. Andere Vermögensgegenstände wie zum Beispiel stillgelegte Maschinen, Wohnhäuser, Wertpapiere oder Beteiligungen werden nicht in die Kalkulation miteinbezogen.

Das sieht zum Beispiel so aus:

Darstellung von Tabellen auf Desktop besser lesbar

Anlagevermögen
Anlagevermögen 1.000.000 €
- Wertpapiere 50.000 €
- Wohnhäuser 200.000 €
= betriebsnotwendiges Anlagevermögen 750.000 €
+ betriebsnotwendiges Umlaufvermögen 40.000 €
= betriebsnotwendiges Vermögen 790.000 €
- Abzugskapital 20.000 €
= Betriebsnotwendiges Kapital 770.000 €

Die richtige Verzinsung

Haben Sie das betriebsnotwendige Kapital in Ihrem Unternehmen ermittelt, können Sie diesen Ausgangswert mit dem Zinssatz für kalkulatorische Zinsen, also dem aktuellen Marktzins, multiplizieren.

Info

Die Formel für kalkulatorische Zinsen

Kalkulatorische Zinsen = betriebsnotwendiges Kapital * Marktzins
Unter Umständen kann der Marktzins um einen angemessenen Risikozuschlag erhöht werden.

Die so errechneten kalkulatorischen Zinsen gehen als Kosten in die Kosten- und Leistungsrechnung Ihres Unternehmens ein.

Warum sind kalkulatorische Zinsen höher als Zinsaufwendungen?

  1. Da kalkulatorischen Zinsen der Kostenart kalkulatorische Kosten zuzuordnen sind, steht ihnen kein Zinsaufwand gegenüber. Denn die errechneten Eigenkapitalzinsen müssen an niemanden ausgezahlt werden, haben also keinen Geldabfluss zur Folge. 
  2. Sie stellen lediglich dar, welche Zinsen der Eigenkapitalgeber hätte erwirtschaften können, wenn er das Kapital am Kapitalmarkt investiert hätte. Daraus ergibt sich auch, dass als kalkulatorischer Zinssatz der aktuelle Marktzins angesetzt wird.
  3. Die Zinsaufwendungen, die in Ihrer Finanzbuchhaltung auftauchen, beinhalten lediglich Fremdkapitalzinsen. Diese müssen an die Fremdkapitalgeber Ihres Unternehmens ausgezahlt werden und haben damit einen tatsächlichen Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zur Folge.
  4. Daher ist zumeist ein großer Unterschied zwischen kalkulatorischen Zinsen und Zinsaufwendungen im Unternehmen feststellbar.

Warum werden kalkulatorische Zinsen berechnet?

Auch, wenn die kalkulatorischen Zinsen nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung auftauchen, so spielen sie doch in der Kostenrechnung eine wichtige Rolle. Folgendes sollten Sie wissen: 

  • Die Kostenrechnung bildet die Grundlage für die Preiskalkulation eines Unternehmens. Die kalkulatorischen Zinsen fließen somit als kalkulatorische Kosten in die unternehmensinterne Preiskalkulation mit ein.
  • Der optimale Preis, den ein Unternehmen am Markt für seine Waren und Dienstleistungen verlangen müsste, deckt alle kalkulatorischen Kosten mit ab
  • Neben den kalkulatorischen Zinsen gehören hierzu zum Beispiel auch kalkulatorische Mieten. Je nach Marktsituation muss dafür ein konkurrenzfähiger Preis gewählt werden.
  • Generell handelt es sich bei den kalkulatorischen Zinsen um eine unternehmensinterne Kennziffer, die Ihnen als Unternehmer die Preiskalkulation erleichtert und Ihnen Auskunft über Ihren Unternehmenserfolg gibt. 
  • Sie sind wichtig für eine ganzheitliche Finanzwirtschaft und sollten von Ihnen bei der Finanzplanung Ihres Unternehmens unbedingt beachtet werden.