Mindestlohn in Deutschland
Ein Mindestlohn ist eine Lohnuntergrenze, die Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Tarifpartner in keinem Fall unterschreiten dürfen. Zu unterscheiden sind
- der allgemeine gesetzliche Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) und
- Branchenmindestlöhne, die aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und aus allgemein verbindlichen Tarifverträgen folgen.
Mindestlöhne beschränken Arbeitgeber und Arbeitnehmer in ihrer Vertragsfreiheit. Sie dürfen nur eine höhere, aber keine geringere Vergütung vereinbaren. Liegt das im Arbeitsvertrag vereinbarte Entgelt unter dem geltenden Mindestlohn, kann der Arbeitnehmer diesen dennoch verlangen. Er darf das sogar noch rückwirkend und nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen.
Info
Aktueller Mindestlohn
Die Höhe des Mindestlohns pro Stunde beträgt in Deutschland ab dem 1. Januar 2024 12,82 Euro. Bis zum 31. Dezember 2024 steigt der Mindestlohn gemäß dem Vorschlag der Mindestlohnkommission auf 12,41 Euro.
Ob ein vereinbartes Monatsentgelt dem Mindestlohn entspricht, wird anhand der durchschnittlichen Monatsstunden der Beschäftigten berechnet.
Mindestlohn für Auszubildende
Der allgemeine Mindestlohn für Auszubildende ist im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt. Die Mindestvergütung für Azubis in Unternehmen ohne Tarifbindung beträgt seit 2020:
- im ersten Ausbildungsjahr 515 EUR pro Monat, wenn die Berufsausbildung zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2020 begonnen wurde.
- im zweiten Ausbildungsjahr 18 Prozent mehr als im ersten.
- im dritten Ausbildungsjahr 35 Prozent mehr als im ersten.
- im vierten Ausbildungsjahr 40 Prozent mehr als im ersten.
Erhöht wurde der Mindestlohn 2021 (auf 550 Euro/Monat), 2022 (auf 585 Euro/Monat), 2023 (auf 620 Euro/Monat) und 2024 (auf 649 Euro/Monat) – jeweils im ersten Ausbildungsjahr (§ 17 Abs. 2 BBiG). Die jeweiligen prozentualen Steigerungen blieben bestehen.
Seit 2024 wird der Mindestlohn für Azubis automatisch an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen angepasst. Für 2025 beträgt er:
- 682 Euro pro Monat im ersten Ausbildungsjahr.
- 805 Euro pro Monat im zweiten Ausbildungsjahr.
- 921 Euro pro Monat im dritten Ausbildungsjahr.
- Euro pro Monat im vierten Ausbildungsjahr.
Mindestlohn: Brutto oder Netto
Es handelt sich hierbei um einen Bruttolohn. Um den Netto-Betrag eines Arbeitnehmers zu enthalten, sind Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer nach dem jeweiligen Steuermerkmalen abzuziehen.
Entwicklung des Mindestlohns
Der erste gesetzliche Mindestlohn 2015 betrug 8,50 EUR pro Stunde. Er wurde seither mehrfach erhöht, zunächst im Zweijahresrhythmus, seit 2018 jährlich. Zuständig dafür ist die Bundesregierung, die auf Vorschlag der sogenannten Mindestlohnkommission entscheidet. Diese besteht aus Vertretern der Arbeitgeber und der Gewerkschaften, einer oder einem unabhängigen Vorsitzenden sowie beratenden Wissenschaftlern.
Für wen gilt der Mindestlohn
Anspruch auf den gesetzlichen Mindeststundenlohn haben im Allgemeinen alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, unabhängig davon, in welcher Branche und welchem Bundesland sie tätig sind. Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitsverhältnisse, auch im Minijob und für Saisonarbeiter, z. B. in der Landwirtschaft.
Für diese Gruppen gilt der Mindestlohn nicht
Kein Anspruch auf Mindestlohn besteht bei folgenden Gruppen:
- ehrenamtlich Beschäftigten
- Minderjährigen ohne Berufsabschluss
- Bei Praktika zur betrieblichen Einstiegsqualifizierung oder Berufsvorbereitung
- Bei Praktika im Rahmen einer verpflichtenden Schul-, Ausbildungs- oder Studienordnung erfolgen muss
- Bei einem Praktikum bis zu drei Monaten zum Zweck der Orientierung im Rahmen der Berufs- und Studienwahl gibt es keinen Mindestlohn.
- beim berufs- oder hochschulbegleitenden Praktikum bis zu drei Monaten, wenn nicht mit demselben Arbeitgeber vorher schon ein Praktikumsverhältnis bestanden hat
- Langzeitarbeitslosen in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung
Da mit Auszubildenden kein Arbeitsverhältnis besteht, fallen sie nicht unter das Mindestlohngesetz. Seit 2020 haben sie aber einen Anspruch auf eine Mindestvergütung nach dem BBiG.
Streitfall: Freiwilliges Praktikum und Mindestlohn
Grundsätzlich gilt: Bei einem „echten“ Praktikum steht die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Vordergrund, nicht die Arbeitsleistung. Übt ein Praktikant im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten wie ein Arbeitnehmer aus (was der Fall bei einem länger dauernden Praktikum sein kann), steigt das Risiko, dass der Praktikant bei einer Überprüfung als Arbeitnehmer eingestuft wird. Die Folge: der Praktikant hat dann Anspruch auf den Mindestlohn.
Von der Mindestlohnpflicht ausgenommen sind alle Pflichtpraktika. Maßgebend für die Entscheidung, ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder ein freiwilliges Praktikum im Rahmen einer Schul- oder Hochschulausbildung handelt, ist allein die Schul-/Prüfungs- oder Hochschulordnung. Soll das Praktikum ohne Vergütung erfolgen oder unter dem Mindestlohn bezahlt werden, kann es für Unternehmen sinnvoll sein, den Praktikanten zu bitten, eine entsprechend geltende Schul-/Prüfungs- oder Hochschulordnung vorzulegen.
Diese sollten Sie einfordern, bevor Sie den Praktikanten einstellen – so sind Sie für mögliche Streitfälle gewappnet. Beispielsweise dann, wenn der Praktikant den Mindestlohn gerichtlich einfordern möchte. Die Schul-/Prüfungs- oder Hochschulordnung sollten auch zum Bestandteil des Praktikanten-Vertrags gemacht werden.
Tipp
Einstellung von Praktikanten
- Schreiben Sie in den Praktikumsvertrag detailliert, um welche Art Praktikum es sich handelt: ein unbezahltes Pflichtpraktikum, oder eines, bei dem Sie den Praktikanten mit dem Mindestlohn oder höher vergüten.
- Nehmen Sie Nachweise (z. B. Schul-/Prüfungs- oder Hochschulordnung) zur Personalakte.
- Lassen Sie sich schon vorhandene Praktika-Nachweise vorlegen oder – falls keine vorhanden sind – schriftlich von den Praktikanten bestätigen, dass sie die notwendigen Praktika noch nicht oder noch nicht vollständig erbracht haben.
Reisezeiten: Mindestlohn bei Minijobbern fraglich
Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Reisezeiten werden den meisten Beschäftigten vergütet, auch wenn in diesen Zeiten die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung nicht erbracht wird. Ob beim Minijob Anspruch auf den Mindestlohn während einer Reisezeit besteht, hängt maßgeblich von der Art der Reise ab:
- Beim Bereitschaftsdienst bestimmt der Arbeitgeber den Aufenthaltsort des Beschäftigten - somit ist hier auch Minijobbern ein Mindestlohn zu zahlen.
- Die gilt allerdings nicht für die Rufbereitschaft, bei der der Arbeitnehmer selbst entscheidet, wo er sich aufhält.
- Bei Reisezeiten dagegen kann nicht pauschal gesagt werden, ob der Mindestlohn zu zahlen ist. Hier kommt es auf den Einzelfall an. Ist die Reisetätigkeit – beispielsweise bei Außendienstmitarbeitern – Hauptleistungspflicht und entsprechend als Arbeitszeit im Vertrag vereinbart, so erhalten neben den Hauptbeschäftigten auch Minijobber oder Praktikanten den Mindestlohn. Anders kann es z. B. bei Beschäftigten aussehen, die nur einmal im Jahr für 3 Tage zur Branchenmesse fahren.
Achtung: In der Pflegebranche gelten besondere, zwingende Vorgaben.
Der Mindestlohn nach Mindestlohngesetz (MiLoG)
Der gesetzliche Mindeststundenlohn von derzeit 12,82 Euro brutto pro Stunde darf nicht unterschritten werden. Auch Tarifverträge dürfen kein geringeres Entgelt vorsehen.
Ob Zulagen oder zusätzliche Zahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen oder zusätzlich zu zahlen sind, ist unterschiedlich. Im Grundsatz gilt: Werden sie für tatsächliche Arbeitsleistung gezahlt, sind sie anrechenbar. Nicht anrechenbar sind zusätzliche Leistungen und solche, die einen anderen Zweck verfolgen.
Info
Beispiel: Anrechenbarkeit von Zahlungen auf den Mindestlohn
Nachtarbeitszuschläge sind nicht anrechenbar, weil sie auf gesetzlichen Vorgaben beruhen. Vermögenswirksame Leistungen auch nicht. Gefahrenzulagen, Schmutz- und Schichtzulagen dürfen dem Mindestlohn angerechnet werden, es sei denn, sie werden pauschal entrichtet.
Branchenmindestlöhne
Spezielle Mindestlöhne können den Arbeitgeber verpflichten, mehr als den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Sie beruhen auf folgenden Vorgaben:
- Branchenmindestlöhnen auf Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes
- „normalen“ Tarifverträgen
Mindestlöhne nach Branchen können bundesweit einheitlich gelten oder nach Bundesländern – z. B. Ost/West/Berlin – unterschiedlich sein. Sie dürfen nur nicht niedriger sein als der allgemeine gesetzliche Mindestlohn.
Info
Übersicht des Zolls
Eine aktuelle Aufstellung der Branchenmindestlöhne finden Sie auf der Website des Zolls. Die Bundesregierung stellt stets aktuelle Angaben und Übersichten zum Mindestlohn online.
Mindestlohn aufgrund eines Tarifvertrags
Dazu verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf Antrag der Tarifparteien, dass die im Tarifvertrag vereinbarten Löhne der jeweiligen Branche generell zu zahlen sind. Dieser Mindestlohn gilt dann für alle Arbeitgeber und alle Arbeitnehmer, die in seinem Geltungsbereich tätig sind. Also auch für Arbeitnehmer, die für einen ausländischen Arbeitgeber im Bundesgebiet arbeiten. Durch den Mindestlohn sollen z. B. Dumpinglöhne ausländischer Arbeitgeber auf inländischen Baustellen verhindert werden.
Tarifverträge haben einen räumlich begrenzten Geltungsbereich. Sie gelten nicht bundesweit, sondern für bestimmte Regionen oder Bundesländer. Es ist also zunächst zu prüfen, ob – falls der Tarifvertrag grundsätzlich für Ihre Branche gilt – Ihr Unternehmen unter den räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt. Tarifverträge werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften geschlossen. Sie gelten unmittelbar auf Arbeitgeberseite nur für Mitglieder des am Abschluss beteiligten Arbeitgeberverbandes. Auf Arbeitnehmerseite gelten sie unmittelbar nur für Mitglieder der am Abschluss des Tarifvertrags beteiligten Gewerkschaften. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber können in Arbeitsverträgen auf einen bestimmten Tarifvertrag Bezug nehmen. Dann ist der tariflich geregelte Lohn der zu zahlende Mindestlohn.
Info
Allgemeinverbindliche Tarifverträge
Ob für Ihr Unternehmen ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag gilt und welches Entgelt er vorgibt, erfahren Sie bei der zuständigen Handwerkskammer bzw. IHK. Eine aktuelle Tabelle über sämtliche allgemein verbindliche Tarifverträge stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf seiner Homepage zur Verfügung.
Mindestlohn nach Arbeitnehmerentsendegesetz
Vorsicht: Der Name AEntG ist missverständlich. Es gilt nicht nur, wie man meinen könnte, für aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmer. Ziel des AEntG ist es, für alle Arbeitnehmer bestimmter Branchen gleiche Arbeitsbedingungen – z. B. einen Mindestlohn – durchzusetzen.
Branchenmindestlöhne auf Grundlage des AEntG gelten derzeit z. B. im Bauhauptgewerbe, im Elektrohandwerk, bei Dachdeckern und im Pflegebereich.
Mindestlohn und Durchschnittsgehalt: Was Unternehmen wissen sollten
Der Mindestlohn und das Durchschnittsgehalt in Deutschland unterscheiden sich grundlegend in ihrer Funktion und Aussagekraft. Der Mindestlohn, seit Januar 2024 bei 12,41 Euro pro Stunde, stellt die unterste Gehaltsgrenze dar, die Arbeitgeber unabhängig von Branche oder Qualifikation zahlen müssen. Er sichert also ein Minimum an Einkommen und schützt Arbeitnehmer vor Niedriglöhnen, besonders in Tätigkeiten mit geringer Vergütung.
Im Gegensatz dazu ist das Durchschnittsgehalt ein statistischer Mittelwert, der die durchschnittliche Vergütung aller Arbeitnehmer erfasst und dabei erhebliche Schwankungen je nach Branche, Region und Berufserfahrung widerspiegelt.
Der Mindestlohn beeinflusst das Durchschnittsgehalt indirekt, indem er den Gehaltsuntergrenzen eine Basis gibt und dazu beiträgt, Lohngefälle zu verringern. Trotzdem bleibt das Durchschnittseinkommen bzw. der Durchschnittslohn durch höhere Vergütungen in bestimmten Berufen oft weit über dem Mindestlohn. Arbeitgeber profitieren von dieser Orientierung: Mit angemessenen Gehältern, die dem Marktvergleich und den Mindestlohnvorgaben entsprechen, lassen sich Arbeitskräfte besser binden und gewinnen.
Übersicht: Das Durchschnittsgehalt in Deutschland nach Branche
Das Lohnniveau in Deutschland unterscheidet sich stark je nach Branche und Region, wodurch das Durchschnittsgehalt je nach Wirtschaftszweig und Standort erheblich variieren kann. Um realistische Vergütungsmaßstäbe zu setzen, ist eine Betrachtung der einzelnen Branchen aufschlussreicher als eine bloße Gesamtstatistik.
Die Durchschnittsgehälter dienen Ihnen als Arbeitgeber als Orientierung, was Sie Angestellten bieten sollten – ein wertvoller Vorteil in Zeiten des Fachkräftemangels, der darüber entscheiden kann, welches Angebot Bewerber annehmen. Die untenstehende Übersicht basiert auf den neuesten Daten für 2024 und berücksichtigt branchenspezifische Unterschiede:
Über 4.000 Euro
- Gesundheitswesen: 4.100 Euro
- Wissenschaft und Forschung: 4.750 Euro
- Luftfahrtindustrie: 4.800 Euro
- IT und Telekommunikation: 4.800 Euro
- Energieversorgung: 4.890 Euro
- Pharmazeutische Industrie: 4.770 Euro
- Versicherungen: 4.700 Euro
Unter 4.000 Euro
- Handel und Einzelhandel: 3.500 Euro
- Baugewerbe: 3.460 Euro
- Logistik und Transport: 3.300 Euro
- Dienstleistungen: 3.160 Euro
Unter 3.000 Euro
- Landwirtschaft und Forstwirtschaft: 2.590 Euro
- Gastgewerbe: 2.570 Euro
Das durchschnittliche Jahreseinkommen in Deutschland beträgt in Vollzeit über alle Branchen hinweg rund 44.628 Euro, wobei starke Unterschiede zwischen Berufsgruppen bestehen.
Durchschnittsgehalt Deutschland nach Alter
Auch das Alter wirkt sich weiterhin erheblich auf das Gehalt aus. Aktuelle Daten für 2024 zeigen die durchschnittlichen Bruttojahresgehälter nach Altersgruppe:
- Einsteiger unter 25 Jahren: 32.000 bis 45.000 Euro
- 26 bis 35 Jahre: 42.000 bis 65.000 Euro
- 36 bis 50 Jahre: 52.000 bis 80.000 Euro
- Ab 51 Jahren: 60.000 bis 105.000 Euro
Diese Werte sind natürlich allgemeine Richtwerte, die individuell durch Berufserfahrung und Spezialisierungen beeinflusst werden.
Zeitlicher Geltungsbereich des Mindestlohns
Die gesetzlichen Mindestlöhne sind zeitlich befristet. D. h., die Rechtsverordnung, mit welcher der entsprechende Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt wurde, läuft zu einem bestimmten Stichtag (meist das Ende eines Kalenderjahres) aus. Bis zum Auslaufen der Rechtsverordnung müssen Sie den gesetzlichen Mindestlohn auf jeden Fall zahlen.
Info
Achtung: Mindestlohn über den Zeitraum hinaus
Aber auch nach Auslaufen der Rechtsverordnung ist Vorsicht geboten: Zum einen können die Tarifvertragsparteien einen Verlängerungsantrag stellen. Zum anderen ist damit zu rechnen, dass – falls Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich über den Lohn streiten – die Arbeitsgerichte sich auf den Standpunkt stellen, dass der im ausgelaufenen allgemein verbindlichen Tarifvertrag geregelte Mindestlohn auch weiterhin als Mindestlohn anzusehen ist. Ein geringerer Lohn kann dann gegen die guten Sitten verstoßen und deswegen gesetzeswidrig sein. An seine Stelle tritt dann die "übliche Vergütung". Als übliche Vergütung kann ein tarifvertraglich vereinbarter oder der gesetzliche Mindestlohn gelten – auch dann, wenn der entsprechende Tarifvertrag nicht (mehr) allgemein verbindlich ist.
Mindestlohnprüfung
Die Einhaltung des Mindestlohngesetzes wird in erster Linie von Zollbeamten der „Kontrolle Schwarzarbeit“ überprüft. Dabei werden Arbeitnehmer zu ihren Arbeitsbedingungen befragt und z. B. Entgeltunterlagen und die Zeiterfassung geprüft. Die Aufzeichnung von Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit ist für geringfügig Beschäftigte und in den im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Branchen (§ 17 MiLoG) und für Arbeitnehmer mit Mindestlohn aufgrund des AEntG (§ 19 AEntG) seit längerem vorgeschrieben.
Werden Verstöße im Bereich Mindestlohn festgestellt, wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, sind weitere Untersuchungen erforderlich zunächst ein Ermittlungsverfahren. Zudem erfolgt eine Meldung an die Sozialversicherung und das Finanzamt.
Auch bei Betriebsprüfungen durch die Sozialversicherung wird auf die Einhaltung des Mindestlohngesetzes geachtet. Besonderes Augenmerk wird dabei auch auf die ordnungsgemäße Beschäftigung von Minijobbern gelegt.
Achtung
Entgeltgrenzen beim Mindestlohn beachten
Achtung: Bei Minijobs ist besonders darauf zu achten, dass die Entgeltgrenzen bei Beschäftigung mit unveränderter Stundenzahl auch bei Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns eingehalten werden.
Wurde kein Mindestlohn bezahlt
- kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin eine Nachzahlung verlangen,
- die Sozialversicherung die dadurch entgangenen Beiträge einfordern, und zwar für die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem Mindestlohn,
- das Finanzamt Lohnsteuer nachfordern und
- ein Ordnungsgeld verhängt werden. In schweren Fällen kommt auch ein Strafverfahren in Betracht.
Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber auch für die Zahlung des Mindestlohnes bei beauftragten Subunternehmen haftet. Das Mindestlohngesetz sieht bei Missachtung Ordnungsgelder von bis zu 500 000 Euro vor.
Lohnsteuer-Nachprüfung bei Anstellungen mit Mindestlohn
Die Mindestlohn-Kontrollen rufen auch die Finanzbehörden auf den Plan. Und zwar mit der sog. Lohnsteuer-Nachprüfung. Die rechtlichen Vorgaben für dieses Kontrollinstrument der Finanzbehörden wurden zum 30.6.2014 geschaffen. Besonderheit: Im Gegensatz zu einer üblichen Betriebsprüfung kann die Lohnsteuer-Nachprüfung sofort und ohne Vorankündigung in den Räumen des Betriebs durchgeführt werden. Im Klartext heißt das: Stellen die Zollprüfer Verstöße gegen die Mindestlohnvorschriften fest, werden die Finanzbehörden umgehend darüber informiert.
Die Steuerbehörden werten die fälligen Nachzahlungen aus Verstößen gegen die Mindestlohn-Vorgaben als fiktiven Lohnzufluss und werden sofort den entsprechenden Lohnsteuer-Nachzahlungs-Bescheid anordnen. Selbst wenn strittig ist, ob der Mindestlohn eingehalten wurde (Stichwort: Übergangsvorschriften, Ausnahmeregelungen), dürfte das für die Finanzbehörden kein Hindernis sein, die Lohnsteuer durchzusetzen. Sie müssen sich dann gegen den Steuerbescheid außergerichtlich (Einspruch) oder gegebenenfalls gerichtlich wehren. Was natürlich zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Kosten für Berater mit sich bringt.
Nicht zulässig ist eine Lohnsteuer-Nachprüfung allerdings in den privaten Räumen des Steuerzahlenden. Damit wird es auch in der Zukunft nicht zu Besuchen des Finanzamts in der privaten Wohnung von Geschäftsführer kommen – etwa um zu überprüfen, ob Sie für Ihren Gärtner oder Gärtnerin oder die Haushaltshilfe ggf. Lohnsteuer bzw. Sozialabgaben zahlen.
Aufzeichnungspflichten beim Mindestlohn
Alle Unternehmen müssen – branchenunabhängig – alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse dokumentieren und die Unterlagen mindestens 2 Jahre aufbewahren. Verleiher müssen die Unterlagen zu allen bei ihnen beschäftigten und entliehenen Arbeitnehmer ebenfalls mindestens 2 Jahre aufbewahren.
Zusätzliche, besondere Aufzeichnungspflichten bezüglich des Mindestlohns bestehen für Unternehmen folgender Branchen:
- Gastronomie, Friseur, Einzelhandel
- Baugewerbe
- Fleischwirtschaft
- Forstwirtschaft
- Gaststätten und Beherbergungsgewerbe
- Gebäudereinigung
- Logistikgewerbe
- Personalbeförderungsgewerbe
- Prostitutionsgewerbe
- Schaustellergewerbe
- Speditions- und Transportgewerbe
- Unternehmen im Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen
Diese Unternehmen müssen in Deutschland spätestens am 7. Tag nach der Arbeitsleistung Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dokumentieren.
So gehen Sie vor, wenn Sie den Mindestlohn nachzahlen
Da Sie sich selbst alle Informationen darüber besorgen müssen, ob und welcher Mindestlohn für Ihr Unternehmen gilt, kann es schnell passieren, dass Sie zu spät davon erfahren und zu spät mit der "richtigen" Bezahlung beginnen. Dann können Sie wie folgt vorgehen:
- Sie zahlen rückwirkend bis zum Stichtag, ab dem der Mindestlohn gilt, den Mindestlohn. Der Mitarbeiter erhält eine Nachzahlung in voller Höhe, unabhängig davon, wie lange der Beginn des Mindestlohns zurückliegt. Ausschlussfristen gelten bei der Zahlung des Mindestlohns nicht.
- Sie zahlen ab Kenntnis vom Mindestlohn für die Zukunft den Mindestlohn und warten für die Vergangenheit ab, ob der Mitarbeiter den Mindestlohn einfordert und ab welchem Stichtag.
Tipp
Gehen Sie auf Nummer sicher
Ab wann gilt der Mindestlohn? Wenn Sie sich bei dieser Frage unsicher sind und Sie nicht wissen, ob Ihr Unternehmen einen Mindestlohn zahlen muss, holen Sie sich am besten Rechtsrat bei einem Anwalt ein. Dieser prüft für Sie, ob und wie weit Sie an Mindestlöhne gebunden sind.