Wie führe ich ein erfolgreiches Reklamationsgespräch?

Wenn sich ein Kunde wegen eines Fehlers oder Mangels bei Ihnen meldet, ist das keine Last, sondern eine Chance: Sie können Missverständnisse klären, Vertrauen zurückgewinnen und den Kunden binden. Reklamationsgespräche erfordern jedoch Strategie, Empathie und gute Vorbereitung – sowohl in persönlichen Gesprächen als auch in digitalen Kanälen. Hier finden Sie viele Erfolgstipps für Ihre Reklamationsbearbeitung.

Zuletzt aktualisiert am 15.10.2025
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Reklamationsgespräch: Vorbereiten, Führen, Nachbereiten

Ganz gleich ob Sie im Einzelhandel Produkte verkaufen oder als Unternehmer eine Dienstleistung anbieten: In beiden Fällen stellen Reklamationsabwicklungen eine besondere Art des Kundenkontakts dar. Theoretisch betrachtet lassen sich Reklamationsgespräche in 3 Phasen einteilen, die sich auf die Vorbereitung, die Durchführung und die Nachbearbeitung beziehen. Nutzen Sie unseren Leitfaden als Hilfestellung, um gewisse Herausforderungen zu meistern.

Schritt 1: Reklamationsgespräch vorbereiten

Wenn Sie eine schriftliche Kundenreklamation erhalten haben und ihre Reaktion vorbereiten, stellen Sie sich mental auf das kommende Reklamationsgespräch ein. Versetzen  Sie sich bereits im Vorfeld in die Lage des Käufers: Versuchen Sie nachzuvollziehen, wie er sich fühlt, wenn er ein fehlerhaftes Produkt gekauft hat oder von einem Mitarbeiter schlecht beraten wurde. Nehmen Sie eine positive Haltung dem Kunden gegenüber ein.

Danach gehen Sie folgendermaßen vor:

  • Stellen Sie sicher, dass Sie richtig über den Sachverhalt der Reklamation informiert sind. Werten Sie dazu beispielsweise das Beschwerdebuch aus oder befragen Sie den betreffenden Mitarbeiter, wenn Sie das Anliegen nicht selbst bearbeitet haben.
  • Versetzen Sie sich in die Situation des Kunden: Wie würde er die Situation erleben? Zeigen Sie eine wertschätzende und respektvolle Haltung – das signalisiert ernsthaftes Interesse am Anliegen
  • Prüfen Sie alle verfügbaren Informationen: Bestelldaten, Produktdetails, frühere Kommunikation, CRM-Historie, Systemlogs etc. Sprechen Sie mit beteiligten Mitarbeitenden, um Widersprüche zu klären. Untersuchen Sie, ob der Fall schon öfter vorkam (Wiederholungstat) oder systematisch ist.
  • Zu den Maßnahmen bezüglich der Reklamationsbearbeitung zählt hauptsächlich die Entschädigung bzw. Wiedergutmachung für den Kunden. Überlegen Sie sich genau, wie weit Sie dem Kunden entgegenkommen können oder wollen. Wo liegt die monetäre Grenze, was ist machbar, was nicht?
  • Wenn ein Treffen vor Ort möglich ist, sorgen Sie für eine ruhige, professionelle Umgebung.
  • Bei telefonischen oder digitalen Gesprächen: Planen Sie einen störungsfreien Zeitraum, kündigen Sie Gesprächszeit an und fragen Sie den Kunden, ob er gerade Zeit hat.
  • In kritischen Fällen (wenn der Kunde sich mehrfach beschwert hat oder ausfallend geworden ist) oder wenn das Risiko besteht, dass ein Kunde schwierig ist, überlegen Sie, ob Sie das Gespräch gemeinsam mit einem Kollegen durchführen.
  • Gerade wenn Sie nicht der direkte Ansprechpartner des Kunden für die Reklamation waren, sollten Sie sich für die Reklamationsabwicklung eine Checkliste erstellen, damit Sie auch wirklich alle wichtigen Punkte klären können.

Achtung

Verhalten Sie sich transparent

Am Telefon müssen Sie den Kunden darauf hinweisen, wenn es einen Mithörer gibt.

Schritt 2: Reklamationsgespräch führen

Im ersten Schritt geht es darum, die Sachlage rund um die Beanstandung vorzubereiten. Setzen Sie folgende Tipps für Reklamationen ein, wenn es an die tatsächliche Durchführung vor Ort geht:

  • Begrüßen Sie den Kunden freundlich und bedanken Sie sich, dass er sich mit seinem Anliegen an Sie wendet – das signalisiert Wertschätzung und Aufmerksamkeit.
  • Zeigen Sie Einfühlungsvermögen: „Ich verstehe Ihre Verärgerung …“ ist eine bessere Formulierung als Aussagen wie „Das kann nicht sein!“
  • Drücken Sie Ihr Bedauern aus, z. B. „Es tut mir sehr leid, dass Ihnen Unannehmlichkeiten entstanden sind.“.
  • Hören Sie aktiv zu: Lassen Sie den Kunden ausreden und fragen Sie nur gezielt nach, wenn etwas unklar ist.
  • Bevor Sie Stellung nehmen und eine Lösung präsentieren, klären Sie alle offenen Fragen. Mit W-Fragen wie „Was genau ist passiert?“, „Wann trat der Fehler auf?“, „Wer war beteiligt?“ etc. lassen sich die Zusammenhänge umfassend analysieren.
  • Wenn eine Reklamation berechtigt ist, übernehmen Sie Verantwortung: Sagen Sie dem Kunden, welche Schritte Sie jetzt vorschlagen, nennen Sie einen verbindlichen Zeitrahmen und halten Sie Ihr Versprechen.
  • Versuchen Sie, während des Reklamationsgesprächs eine für beide Seiten tragfähige Lösung zu finden, zum Beispiel Gutschrift, Umtausch, alternative Lieferung, Präsent. Die Lösung soll besonders für den Kunden möglichst einfach und mit wenig Aufwand verbunden sein.
  • Fragen Sie nach, ob der Kunde mit der Lösung zufrieden ist oder ob er eine "Nachbesserung" für notwendig hält.
  • Fassen Sie am Ende des Reklamationsgesprächs die Ergebnisse noch einmal zusammen, damit es keine neuen Missverständnisse gibt. Nennen Sie die Lösung, konkrete Maßnahmen, Verantwortliche im Unternehmen sowie Termine.

Schritt 3: Reklamationsgespräch nachbereiten

Für ein ganzheitliches Reklamationsmanagement ist es abschließend notwendig,  das Gespräch über die Reklamation nachzubereiten. Halten Sie folgende Punkte schriftlich fest:

  • Wer hat das Reklamationsgespräch geführt.
  • Gab es Zeugen.
  • Wie ist das Gespräch verlaufen.
  • Tragen Sie alle relevanten Gesprächspunkte, Vereinbarungen und offenen Aufgaben in Ihr CRM- oder Reklamationssystem ein.
  • Verlinken Sie ggf. relevante Dokumente, E-Mail-Verläufe oder Fotos.
  • Welche Ergebnisse und Termine wurden vereinbart.

Nehmen Sie diese Angaben in ein Beschwerdebuch auf. Sorgen Sie dafür, dass zugesagte Maßnahmen und Termine eingehalten werden.

Falls der Kunde im Rahmen seiner Reklamation Verbesserungshinweise gegeben hat, prüfen Sie, ob sich diese realisieren lassen.

Tipp

Kundenzufriedenheit als wichtigstes Ziel

Kunden empfinden es meist als positiv, wenn Sie am Ende des Prozesses nachfragen, ob sie mit Bearbeitung der Reklamation und den Ergebnissen zufrieden waren. Nur wenn der Käufer am Ende glücklich ist, haben Sie eine Chance auf eine langfristige Kundenbindung.

Reklamationsgespräch mit schwierigen Gesprächspartnern

Kunden, die beleidigend, ausfallend oder sehr laut werden, sollten Sie freundlich und bestimmt darauf hinweisen, dass Sie ein Gespräch auf diesem Niveau nicht führen werden. Bitten Sie den Kunden, sich „zivilisiert“ zu verhalten, oder beenden Sie das Reklamationsgespräch („Ich bin nicht bereit, mich mit Ihnen laut zu streiten. Gerne können wir über die Sache sprechen, aber in normaler Lautstärke und gemäßigtem Ton.“). Grundsätzlich gilt, dass Sie die Beleidigungen nie persönlich nehmen sollten. Solche Entscheidungen erfordern Mut, denn Sie werden wahrscheinlich Kunden verlieren. Allerdings stellt sich die Frage, ob sich auf Dauer mit solch unbequemen Menschen eine gute Geschäftsbeziehung aufbauen lässt.

Umgang mit grundlosen Reklamationen und Beschwerden

Bei allem Nutzen von Reklamationsgesprächen: Es gibt Grenzen, wo der Aufwand für ein Gespräch in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Beispiele:

  • Kunden beschweren sich mehrfach, aber Sie können trotz intensiver Befassung mit der Sache keine Fehler finden.
  • Kunden beschweren sich offensichtlich grundlos, um Vergünstigungen zu erhalten.
  • Kunden treten aggressiv oder beleidigend auf, um Sie unter Druck zu setzen.
  • Kunden geben direkt bei der Reklamation zu verstehen, dass sie die Geschäftsbeziehung beenden werden, auch wenn Sie ihnen entgegenkommen.

In solchen oder ähnlichen Fällen müssen Sie entscheiden, ob Sie einem Kunden dennoch entgegenkommen oder ob es besser ist, ihm zu sagen, dass Sie seine Reklamation für unberechtigt halten. Teilen Sie dem Kunden in besonders schwierigen Fällen mit, dass Sie die Geschäftsbeziehung nicht fortführen wollen.

Tipp

Positive Formulierungen für Reklamationsgespräche

Übermitteln Sie „Ich-Botschaften“. Damit vermeiden Sie, den Kunden mit Verallgemeinerungen oder Vorwürfen weiter zu verärgern. Also z. B.: „Ich bin nach gründlicher Überlegung zu der Auffassung gelangt, dass …“ Falls Sie sich im Vorfeld über bestimmte Redewendungen vergewissern wollen, können Sie mit einem Kollegen das Reklamationsgespräch in einem Dialog durchsprechen.

Der Unterschied zwischen einer Reklamation und einer Beschwerde

Sind Sie mit einem Kunden konfrontiert, der seine Kritik äußerst, sollten Sie das Anliegen ganz genau analysieren. Unterscheiden Sie, ob es sich um eine Kundenreklamationoder eine Kundenbeschwerde handelt.

  • Bei der Reklamation dreht sich der Sachverhalt um ein Produkt oder um den Verlauf einer Dienstleistung. Grund für die Reklamation ist immer ein Mangel an der Ware. Entweder ist das Produkt beschädigt oder es befindet sich in einem mangelhaften Zustand. Bei einer Dienstleistung wurden entweder bestimmte Aufgaben nicht richtig erfüllt oder aber das verwendete Material war fehlerhaft. Das Reklamationsgespräch baut also auf offensichtliche Tatsachen auf.
  • Bei einer Beschwerde hingegen kommuniziert der Kunde häufig nur seine Unzufriedenheit. Das Gespräch dreht sich nicht um einen konkreten Mangel im Produkt oder in der Dienstleistung. Der Kunde weist lediglich auf Anforderungen hin, die in seinen Augen nicht erfüllt wurden. Merken Sie sich, dass das Beschwerdemanagement im Idealfall vom Chef übernommen wird.

Praxis-Beispiel

Peter Meier ist Immobilienmakler. Mit einem Kunden hat er vereinbart, ihm Angebote zu Häusern bis zu einem bestimmten Preis zukommen zu lassen. Ein Mitarbeiter von Meier hat dem Kunden mehrere Offerten geschickt, deren Preis deutlich über dem Limit lag. Nach dem 4. zu teuren Angebot beschwert sich der Kunde schriftlich und droht, beim nächsten ungeeigneten Angebot einen anderen Makler zu beauftragen. Meier will mit dem Kunden über die Reklamation sprechen, sich aber nicht nur auf dessen Aussage verlassen. Er befragt den Mitarbeiter, der die Angebote zusammengestellt hat. Dieser gibt zu, dass er dabei Fehler gemacht hat. Er hat den Kunden mit einem anderen verwechselt und daher falsche Angebote versendet. Meier beschließt, den Kunden für ein Reklamationsgespräch anzurufen. Falls notwendig, will er ihm entgegenkommen und ihm bei einem Objekt, das in die engere Wahl kommt, eine kostenlose Energieberatung anbieten.

So verläuft das Reklamationsgespräch:

  • Meier begrüßt den Kunden mit Namen und fragt, ob er Zeit hat, um die Reklamation zu klären.
  • Der Kunde bejaht.
  • Meier bedankt sich für die kritische Rückmeldung und zeigt Verständnis für die Reklamation und den Ärger des Kunden.
  • Er bittet ihn, den Fall aus seiner Sicht zu schildern.
  • Dann gibt Meier zu verstehen, dass auch er sich informiert hat und der Fehler auf ein Missverständnis zurückzuführen ist.
  • Meier entschuldigt sich, versichert, dass der Kunde nur noch Angebote erhält, die im Limit liegen, und bietet die Energieberatung als Entschädigung an.
  • Der Kunde akzeptiert und macht klar, dass er den Makler nicht wechseln wird.

Meier notiert sich nach dem Reklamationsgespräch die wichtigsten Punkte und beschließt, den Kunden anzurufen, nachdem er 4 weitere Angebote erhalten hat.

In diesem Gespräch erfährt er, dass der Kunde nur noch passende Angebote erhält und zufrieden ist. Er hat Meier wegen des kulanten Verhaltens sogar mehreren Personen als Geschäftspartner empfohlen.