Video: Vorsteuer einfach für Unternehmen erklärt
Vorsteuer und Vorsteuerabzug: Was ist das und worum handelt es sich?
Der Vorsteuerabzug ist im Umsatzsteuergesetz (UStG) in den Paragrafen 15 und 15a geregelt. Darin ist zu lesen, dass ein Unternehmer die Umsatzsteuer, die er oder sie an ein anderes Unternehmen, an die Eingangszollstellen oder an die Finanzämter bezahlt hat, wieder abziehen darf. Und zwar über einen Umweg. Nämlich dann, wenn er oder sie selbst eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt.
Was zunächst ein wenig kompliziert klingt, ist bei näherer Betrachtung eigentlich ganz einfach: Nehmen wir an, dass Sie nicht unter die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG fallen und daher auf Ihren Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen. Erhalten Sie nun von einem anderen Unternehmen eine Rechnung für eine Dienstleistung oder den Kauf eines Produkts, können Sie wiederum die Umsatzsteuer aus den von Ihnen gestellten Rechnungen mit der Umsatzsteuer auf der erhaltenen Rechnung verrechnen.
Das bezeichnet man dann als Vorsteuer. Hier ein Beispiel:
Verschiedene Stoffe (100 €) + Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (19 €) = 119 €
Im Rahmen des Vorsteuerabzugs erstattet Ihnen das Finanzamt in diesem Fall 19 Euro dieser Steuer.
Aus diesen Stoffen stellen Sie nun Kleidungsstücke her, die Sie für insgesamt 416,50 Euro weiterverkaufen.
Kleidungsstücke (350 €) + Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (66,50 €) = 416,50 €
Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
66,50 Euro - 19 Euro = 47,50 Euro
Nach dieser Rechnung schulden Sie dem Finanzamt also 47,50 Euro.
Der Vorsteuerabzug lässt sich damit auf diese einfache Formel bringen und schnell berechnen:
Die Umsatzsteuer, die Sie auf Rechnungen ausweisen - die Umsatzsteuer, die Sie gezahlt haben (also die Vorsteuer) = Ihre Steuerschuld beim Finanzamt
Info
Der Vorteil des Vorsteuerabzugs
Waren und Dienstleistungen, die Sie für Ihr Unternehmen anschaffen, sind frei von der Umsatzsteuer – und damit um 7 % oder 19 % günstiger.
Wer ist vorsteuerabzugsberechtigt?
Häufig stellt sich die Frage, ob auch Unternehmen, die die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG anwenden, vorsteuerabzugsberechtigt sind. Die einfache und schnelle Antwort lautet: Nein, sind sie nicht. Der Grund: Sie weisen auf ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer aus.
Kleinunternehmer nach nach § 19 UStG haben somit keine Umsatzsteuer eingenommen, die sie als Vorsteuerabzugsberechtigte verrechnen könnten. Es sind nur Unternehmen vorsteuerabzugsberechtigt, die auch auf ihren Rechnungen die Umsatzsteuer ausweisen. Diese können die gezahlte Umsatzsteuer entweder im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung oder der Umsatzsteuerjahreserklärung verrechnen.
Info
Was gilt für Vereine?
Unter bestimmten Voraussetzungen können außerdem Vereine die Vorsteuer geltend machen. Dazu muss der Verein jedoch zumindest teilweise einen unternehmerischen Zweck erfüllen.
Wer ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt?
Neben Kleinunternehmern sind folgende juristische und natürliche Personen ebenfalls nicht vorsteuerabzugsberechtigt:
- Privatpersonen
- Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Körperschaften. Voraussetzung: Sie beziehen steuerfreie Leistungen bzw. Umsätze
Welche Bedingungen müssen für eine Vorsteuerberechtigung erfüllt werden?
Um vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden – zusätzlich zu den bisher genannten. Nämlich diese hier:
- Sie kaufen das Produkt oder die Dienstleistung für Ihren Geschäftsbetrieb. Private Anschaffungen sind nicht vorsteuerabzugsfähig.
- Sie erbringen selbst Leistungen, die umsatzsteuerpflichtig sind.
- Die Umsatzsteuer ist auf der jeweiligen Rechnung korrekt ausgewiesen. Außerdem enthält die Rechnung alle weiteren Pflichtangaben.
- Das erworbene Produkt oder die Dienstleistung ist umsatzsteuerpflichtig.
- Das Produkt oder die Dienstleistung gehört zu den sogenannten abzugsfähigen Betriebsausgaben.
Info
Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben
Zu den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben gehören zum Beispiel:
- Geldbußen oder Ordnungsgelder
- Zinsen auf hinterzogene Steuern
- Aufwendungen für Geschenke in Höhe von über 50 Euro
Rechnung und Vorsteuerabzug: Diese Angaben gehören hinein
Im Hinblick auf die jeweilige Rechnung sollten Sie beachten, dass sich nicht alle Rechnungen für den Vorsteuerabzug eignen. Falls Sie unsicher sein sollten, ob Sie für die vorliegende Rechnung vorsteuerabzugsberechtigt sind, orientieren Sie sich an der folgenden Auflistung:
- Die Rechnung liegt Ihnen im Original vor.
- Falls die Rechnung als elektronische Variante vorliegt, muss sie lesbar, unversehrt und echt sein.
- Die Rechnung enthält alle Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz. Nämlich:
- den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Rechnungsempfängers und Rechnungsstellers
- die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmens
- das korrekte Rechnungsdatum sowie eine eindeutige und fortlaufende Rechnungsnummer
- die Menge und Art des gelieferten Gegenstandes oder der Dienstleistung
- den korrekten Lieferzeitpunkt
- die Steuersätze, Steuerbeträge und ggf. Steuerbefreiungen, die für die jeweiligen Waren und/oder Dienstleistungen gelten, inklusive Umsatzsteuer
- jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist
- Betrag in netto
- Betrag in brutto
Info
Ausnahme: Kleinstbetragsrechnungen
Die Pflichtangaben für Rechnungen gelten ab einem Rechnungsbetrag von mehr als 250 Euro. Rechnungen über Kleinbeträge (weniger als 250 Euro brutto Gesamtbetrag), sogenannte Kleinbetragsrechnungen, müssen weniger Angaben für den Vorsteuerabzug aufführen. Welche das sind, ist in Paragraf 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) festgehalten.
Neben diesen Angaben muss die Rechnung die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) einhalten. Damit sind folgende Angaben gemeint:
Die Originalrechnung muss unveränderbar sein.
Das Dokument ist korrekt ausgestellt und vollständig.
Die Rechnung ist nachprüfbar.
Sie wurde zeitgerecht erstellt.
Der Rechnungsersteller hat auf Ordnung bei der Buchführung geachtet.
Achtung
Hinweis zum Thema Rechnungen und Vorsteuerabzug
Wenn der Zeitpunkt der Leistung und das Datum der Rechnungsstellung in unterschiedlichen Jahren liegen, ist bei der Buchung Vorsicht geboten. In diesem Fall erfolgt der Zusatz „Vorsteuer im Folgejahr abziehbar“. Bevor dabei Fehler passieren, sollten Sie in diesem Spezialfall einen Steuerberater zurate ziehen.
Welche Vorsteuerarten können abgezogen werden?
Um beurteilen zu können, wer vorsteuerabzugsberechtigt ist, gibt es noch weitere Aspekte, die beachtet werden müssen. Denn es gibt verschiedene Vorsteuerarten.
Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen können folgende Beträge abziehen:
- Umsatzsteuer auf Leistungen oder Waren, die für das eigene Unternehmen gebraucht werden.
- Die Umsatzsteuer bei Anzahlungen. Allerdings muss dazu die Anzahlung bereits gezahlt worden sein.
- Die Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die aus dem Ausland importiert wurden.
- Die Erwerbssteuer, die für Gegenstände des innergemeinschaftlichen Erwerbs gilt.
- Die Umsatzsteuer, die das Unternehmen wegen des Reverse-Charge-Verfahrens oder der Umsatzsteuerlager zahlen musste.
So funktioniert die Sache mit dem Vorsteuerabzug
Wenn Sie vorsteuerabzugsberechtigt sind, können Sie diesen Vorsteuerabzug im Rahmen Ihrer Umsatzsteuervoranmeldung oder Ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung geltend machen. Das bedeutet, dass Sie entweder mehrmals pro Jahr die Vorsteuer geltend machen oder erst am Ende des Geschäftsjahres mit Ihrer abschließenden Umsatzsteuererklärung.
Wann findet der Vorsteuerabzug statt?
Die Häufigkeit, wann Sie Ihre Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen, hängt dabei von der Höhe Ihres Umsatzes und damit der Umsatzsteuer ab:
- Umsatzsteuer unter 2.000 Euro pro Jahr: Sie können von der Pflicht zur Umsatzsteuervoranmeldung komplett befreit werden. Achtung: Die Umsatzsteuererklärung müssen Sie trotzdem abgeben.
- Umsatzsteuer unter 7.500 Euro pro Jahr: Die Umsatzsteuervoranmeldung wird ein Mal pro Quartal abgegeben.
- Umsatzsteuer über 7.500 Euro pro Jahr: Die Umsatzsteuervoranmeldung wird monatlich abgegeben.
Kleinunternehmerregelung oder Vorsteuerabzug: Was ist günstiger?
Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit stellen sich viele Unternehmer die Frage, ob sich das teilweise umfangreiche Verfahren für eine Vorsteuerabzugsberechtigung für sie überhaupt lohnt. Unter Umständen könnte ja auch die Kleinunternehmerregelung viel sinnvoller sein.
Wer sich dafür einsetzen sollte, vorsteuerabzugsberechtigt zu sein und damit im Gegenzug auf die Kleinunterunternehmerregelung verzichten sollte, hängt von den individuellen Voraussetzungen ab:
Vorteile Kleinunternehmerregelung
- Ihre Waren oder Leistungen sind für Privatkunden billiger, da die Umsatzsteuer entfällt.
- Der zeitliche Aufwand für die Buchhaltung wird kleiner, da Sie keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen. Achtung: Eine Umsatzsteuerjahreserklärung müssen Sie trotzdem beim Finanzamt einreichen. Denn damit wird Ihre Umsatzgrenze kontrolliert.
Vorteile Vorsteuerabzug
- Die von Ihnen gezahlte Umsatzsteuer auf Waren oder Dienstleistungen können Sie sich als Vorsteuer erstatten lassen.
Pauschale Vorsteuerabzugsberechtigung für einige Berufsgruppen
Bis Ende 2022 galt Folgendes: Bestimmte Berufsgruppen, wie z. B. Handwerksbetriebe vieler Gewerke, Einzelhändler vieler Branchen, Gastgewerbebetriebe und Angehörige freier Berufe, konnten den pauschalen Vorsteuerabzug beantragen. Damit konnten diese sich die genaue Auflistung der Umsatzsteuer sparen und pauschal einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes vorab abziehen (§§ 69,70 UStDV). Ab 1.1.2023 ist diese umsatzsteuerliche Vergünstigung leider weggefallen.
Allerdings war diese Vereinfachung an einige Voraussetzungen gebunden:
- Das Unternehmen erstellte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), um den Jahresgewinn zu ermitteln.
- Der Umsatz lag im vorangegangenen Jahr unter 61.356 Euro.
- Das Unternehmen gilt als gemeinnützige Körperschaft oder eine Personenvereinigung, es ist nicht zur Buchführung verpflichtet und der Jahresumsatz im vorangegangenen Jahr war nicht höher als 35.000 Euro.
- Das Unternehmen fällt in den land- oder forstwirtschaftlichen Bereich.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Thema: Wer ist vorsteuerabzugsberechtigt?
Daneben gibt es noch weitere Fragen, die immer wieder im Zusammenhang mit einer Vorsteuerabzugsberechtigung auftauchen. Wir geben Ihnen in aller Kürze eine Antwort auf diese Fragen.
Wie funktioniert der Vorsteuerabzug bei nicht steuerbaren Umsätzen?
Als nicht steuerbare Umsätze werden solche Umsätze bezeichnet, bei denen der Kunde oder die Kundin und das Unternehmen in unterschiedlichen Ländern wirtschaften. In diesem Fall wird in der Regel keine Umsatzsteuer auf den Rechnungen ausgewiesen.
Unterliegt der Vorsteuerabzug der Ist-Versteuerung?
Ja, aktuell gilt noch die Ist-Versteuerung beim Vorsteuerabzug. Das bedeutet, dass die Vorsteuer schon geltend gemacht werden kann, bevor sie bezahlt wurde. Für Sie ein klarer Vorteil, da Sie so Ihre Liquidität sichern können.
Gibt es einen Vorsteuerabzug bei umsatzsteuerbefreiten Leistungen?
Nur Selbstständige, die selbst umsatzsteuerpflichtig sind und damit eine abziehbare Vorsteuer ausweisen, sind vorsteuerabzugsberechtigt. Bedeutet im Umkehrschluss: Wer als Selbstständiger umsatzsteuerbefreite Leistungen in Rechnung stellt, ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Zusammenfassung
Alles zur Vorsteuerabzugsberechtigung zusammengefasst
- Vorsteuerabzugsberechtigt ist nur, wer als Selbstständiger selbst die Umsatzsteuer auf seinen Rechnungen ausweist.
- Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen müssen auf Waren und Dienstleistungen, die für das Unternehmen bestimmt sind, keine Umsatzsteuer zahlen.
- Der Vorsteuerabzug kann zu einer höheren Liquidität des Unternehmens beitragen.
- Kleinunternehmer sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da sie keine Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen.