Definition
Was bedeutet „vorsteuerabzugsberechtigt“? – Die Erklärung
Der Begriff „vorsteuerabzugsberechtigt“ bezieht sich auf die Möglichkeit eines Unternehmens, die gezahlte Umsatzsteuer von seinen Ausgaben abzuziehen. Vorsteuerabzugsberechtigt sind Unternehmen, die selbst Umsatzsteuer ausweisen und an das Finanzamt abführen.
Wer vorsteuerabzugsberechtigt ist und was von der Vorsteuer abgezogen werden kann, hängt jedoch von einigen weiteren Faktoren ab.
Vorsteuer und Vorsteuerabzug: Was ist das und worum handelt es sich?
Der Vorsteuerabzug ist im Umsatzsteuergesetz (UStG) in den Paragrafen 15 und 15a geregelt. Darin ist zu lesen, dass ein Unternehmer die Umsatzsteuer, die er an ein anderes Unternehmen, an die Eingangszollstellen oder an die Finanzämter bezahlt hat, wieder abziehen darf. Und zwar über einen Umweg – nämlich dann, wenn er selbst eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt.
Was zunächst ein wenig kompliziert klingt, ist bei näherer Betrachtung eigentlich ganz einfach. Nehmen wir an, dass Sie nicht unter die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG fallen und daher auf Ihren Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen. Erhalten Sie nun von einem anderen Unternehmen eine Rechnung für eine Dienstleistung oder den Kauf eines Produkts, können Sie wiederum die Umsatzsteuer aus den von Ihnen gestellten Rechnungen mit der Umsatzsteuer auf der erhaltenen Rechnung verrechnen. Das bezeichnet man dann als Vorsteuer. Wer dann vorsteuerabzugsberechtigt ist, klären wir gleich. Zunächst ist es sinnvoll, die Begriffe Mehrwert- und Umsatzsteuer zu klären.
Info
Berechnung des Vorsteuerabzugs
Verschiedene Stoffe (100 €) + Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (19 €) = 119 €
Im Rahmen des Vorsteuerabzugs erstattet Ihnen das Finanzamt in diesem Fall 19 Euro dieser Steuer.
Aus diesen Stoffen stellen Sie nun Kleidungsstücke her, die Sie für insgesamt 416,50 Euro weiterverkaufen.
Kleidungsstücke (350 €) + Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (66,50 €) = 416,50 €
Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
66,50 Euro - 19 Euro = 47,50 Euro
Nach dieser Rechnung schulden Sie dem Finanzamt also 47,50 Euro.
Der Vorsteuerabzug lässt sich damit auf diese einfache Formel bringen und schnell berechnen:
Die Umsatzsteuer, die Sie auf Rechnungen ausweisen - die Umsatzsteuer, die Sie gezahlt haben (also die Vorsteuer) = Ihre Steuerschuld beim Finanzamt
Info
Der Vorteil des Vorsteuerabzugs
Wer vorsteuerabzugsberechtigt ist, für den sind die Waren und Dienstleistungen, die er für sein Unternehmen anschafft, frei von der Umsatzsteuer – und damit um 7 % oder 19 % günstiger.
Was versteht man unter der Mehrwertsteuer?
Privatpersonen entrichten eine Steuer, wenn Sie für Waren oder Dienstleistungen bezahlen. Diese Steuer wird Mehrwertsteuer genannt. Der Betrag ist auf jeder Rechnung ersichtlich – egal, ob auf einem Kassenbon oder einer schriftlich zugestellten Rechnung. Abhängig von der Ware oder Dienstleistung beträgt der Mehrwertsteuersatz in Deutschland 7 % oder 19 %. Wenn beispielsweise Leistungserbringer Kleinunternehmer sind oder Geschäfte auf der umsatzsteuerfreien Insel Helgoland getätigt werden, kann der Steuerbetrag auch bei 0 % liegen. Das Unternehmen, welches den Rechnungsbetrag aufbringt, überführt den Steuerbetrag ans Finanzamt.
Was ist die Umsatzsteuer?
Die Umsatzsteuer ist das Gleiche wie die Mehrwertsteuer. Der Unterschied ist dabei jedoch, dass diese aus der Sicht des rechnungsstellenden Unternehmens betrachtet wird. Sie als Gewerbetreibender oder Freiberufler weisen die Steuer für Privatleute als Mehrwertsteuer und für gewerbliche Kunden als Umsatzsteuer aus, wenn Sie eine Rechnung für Waren oder Dienstleistungen ausstellen.
Wer ist vorsteuerabzugsberechtigt?
Sobald Sie selbst auf Ihre Rechnungen Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer ausweisen und diese an das Finanzamt abführen, sind Sie als Unternehmer vorsteuerabzugsberechtigt. Wenn Sie sich die Frage stellen, ob Sie auch als Freiberufler vorsteuerabzugsberechtigt sind, kann diese mit „Ja“ beantwortet werden. Somit können sie sich als Unternehmer oder Freiberufler die Vorsteuer vom Finanzamt wieder erstatten lassen. Sie können die gezahlte Umsatzsteuer entweder im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung oder der Umsatzsteuerjahreserklärung verrechnen.
Wer nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, sind unter anderem Kleinunternehmer, da sie auf ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer aufweisen und dies somit der Nachweis ist, dass sie von der Berechtigung ausgeschlossen sind. Kleinunternehmer nach § 19 UStG haben somit keine Umsatzsteuer eingenommen, die sie als Vorsteuerabzugsberechtigte verrechnen könnten. Auch Privatpersonen sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Diese können jedoch als Kleinunternehmer eine Regelbesteuerung beantragen und so vorsteuerabzugsberechtigt werden. Somit haben sie allerdings auch die Pflicht, die Umsatzsteuer auf der Rechnung auszuweisen und an das Finanzamt abzuführen.
Info
Was gilt für Vereine?
Wer neben Kleinunternehmern ebenso nicht vorsteuerberechtigt ist, sehen wir in folgender Auflistung. Dazu gehören juristische und natürliche Personen wie diese:
- Privatpersonen
- Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Körperschaften. Voraussetzung: Sie beziehen steuerfreie Leistungen bzw. Umsätze
Wer ist außerdem nicht vorsteuerabzugsberechtigt?
Neben Kleinunternehmern sind folgende juristische und natürliche Personen ebenfalls nicht vorsteuerabzugsberechtigt:
- Privatpersonen
- Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Körperschaften. Voraussetzung: Sie beziehen steuerfreie Leistungen bzw. Umsätze
Welche Bedingungen müssen für eine Vorsteuerberechtigung erfüllt werden?
Wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, ist vorsteuerabzugsberechtigt. Zusätzlich zu den bisher genannten Bedingungen gehören folgende:
- Sie kaufen das Produkt oder die Dienstleistung für Ihren Geschäftsbetrieb. Private Anschaffungen sind nicht vorsteuerabzugsfähig. Allerdings sind auch anteilige Vorsteuerabzüge möglich, falls bestimmte Leistungen nicht klar trennbar sind.
- Sie erbringen selbst Leistungen, die umsatzsteuerpflichtig sind.
- Die Umsatzsteuer ist auf der jeweiligen Rechnung korrekt ausgewiesen. Außerdem enthält die Rechnung alle weiteren Pflichtangaben.
- Das erworbene Produkt oder die Dienstleistung ist umsatzsteuerpflichtig.
- Das Produkt oder die Dienstleistung gehört zu den sogenannten abzugsfähigen Betriebsausgaben.
Info
Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben
Zu den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben gehören zum Beispiel:
- Geldbußen oder Ordnungsgelder
- Zinsen auf hinterzogene Steuern
- Aufwendungen für Geschenke in Höhe von über 50 Euro
Rechnung und Vorsteuerabzug: Diese Angaben gehören hinein
Im Hinblick auf die jeweilige Rechnung sollten Sie beachten, dass sich nicht alle Rechnungen für den Vorsteuerabzug eignen. Falls Sie unsicher sein sollten, ob Sie für die vorliegende Rechnung vorsteuerabzugsberechtigt sind, orientieren Sie sich an der folgenden Auflistung:
- Die Rechnung liegt Ihnen im Original vor.
- Falls die Rechnung als elektronische Variante vorliegt, muss sie lesbar, unversehrt und echt sein.
- Die Rechnung enthält alle Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz - nämlich:
- den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Rechnungsempfängers und Rechnungsstellers
- die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmens
- das korrekte Rechnungsdatum sowie eine eindeutige und fortlaufende Rechnungsnummer
- die Menge und Art des gelieferten Gegenstandes oder der Dienstleistung
- den korrekten Lieferzeitpunkt
- die Steuersätze, Steuerbeträge und ggf. Steuerbefreiungen, die für die jeweiligen Waren und/oder Dienstleistungen gelten, inklusive Umsatzsteuer
- jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist
- Betrag in netto
- Betrag in brutto
Info
Ausnahme: Kleinstbetragsrechnungen
Die Pflichtangaben für Rechnungen gelten ab einem Rechnungsbetrag von mehr als 250 Euro. Rechnungen über Kleinbeträge (weniger als 250 Euro brutto Gesamtbetrag), sogenannte Kleinbetragsrechnungen, müssen weniger Angaben für den Vorsteuerabzug aufführen. Welche das sind, ist in Paragraf 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) festgehalten.
Wer vorsteuerabzugsberechtigt ist, muss beachten, dass neben diesen Angaben die Rechnung die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) einhält. Damit sind folgende Angaben gemeint:
- Die Originalrechnung muss unveränderbar sein.
- Das Dokument ist korrekt ausgestellt und vollständig.
- Die Rechnung ist nachprüfbar.
- Sie wurde zeitgerecht erstellt.
- Der Rechnungsersteller hat auf Ordnung bei der Buchführung geachtet.
Achtung
Hinweis zum Thema Rechnungen und Vorsteuerabzug
Wenn der Zeitpunkt der Leistung und das Datum der Rechnungsstellung in unterschiedlichen Jahren liegen, ist bei der Buchung Vorsicht geboten. In diesem Fall erfolgt der Zusatz „Vorsteuer im Folgejahr abziehbar“. Bevor dabei Fehler passieren, sollten Sie in diesem Spezialfall einen Steuerberater zurate ziehen.
Welche Vorsteuerarten können abgezogen werden?
Um beurteilen zu können, wer vorsteuerabzugsberechtigt ist, gibt es noch weitere Aspekte, die beachtet werden müssen. Es gibt nämlich verschiedene Vorsteuerarten.
Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen können folgende Beträge abziehen:
- Umsatzsteuer auf Leistungen oder Waren, die für das eigene Unternehmen gebraucht werden.
- Die Umsatzsteuer bei Anzahlungen. Allerdings muss dazu die Anzahlung bereits gezahlt worden sein.
- Die Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die aus dem Ausland importiert wurden.
- Die Erwerbssteuer, die für Gegenstände des innergemeinschaftlichen Erwerbs gilt.
- Die Umsatzsteuer, die das Unternehmen wegen des Reverse-Charge-Verfahrens oder der Umsatzsteuerlager zahlen musste.
So funktioniert die Sache mit dem Vorsteuerabzug
Wer vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann diesen Vorsteuerabzug im Rahmen seiner Umsatzsteuervoranmeldung oder Umsatzsteuerjahreserklärung geltend machen.
Sind Sie berechtigt, bestimmt das Finanzamt abhängig von der Höhe Ihrer Vorjahres-Umsatzsteuerzahllast, ob Sie die Vorsteuer mehrmals pro Jahr – monatlich oder quartalsweise – oder erst am Ende des Geschäftsjahres mit Ihrer abschließenden Umsatzsteuererklärung leisten müssen.
Sie geben Ihre Umsätze an und überweisen die Umsatzsteuerbeträge abzüglich der Vorsteuer an das Finanzamt. Ihre Rechnungen dienen dabei als Nachweis. Ebenfalls anhand von Nachweisen können Sie Ihre geleisteten Vorsteuerzahlungen dabei von der Umsatzsteuer abziehen.
Wer vorsteuerabzugsberechtigt ist, erhöht seine Liquidität. Würden Sie die Vorzugssteuer nicht abziehen können, müssten Sie die volle Umsatzsteuer monatlich oder quartalsweise an das Finanzamt entrichten und könnten die gezahlte Mehrwertsteuer erst wieder im Rahmen des Jahresabschlusses zurückbekommen. Vor allem bei vielen Einkäufen wie Baumaterialien für Ihren Handwerksbetrieb stellt das Thema Vorsteuer eine entscheidende Entlastung dar. Falls Ihr Konto mal ins Negative rutscht und somit Dispozinsen fällig werden, kann aus der Vorsteuerabzugsberechtigung ein Kostenvorteil entstehen.
Wann findet der Vorsteuerabzug statt?
Die Häufigkeit, wann Sie Ihre Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen, hängt dabei von der Höhe Ihres Umsatzes und damit der Umsatzsteuer ab:
- Umsatzsteuer unter 2.000 Euro pro Jahr: Sie können von der Pflicht zur Umsatzsteuervoranmeldung komplett befreit werden. Achtung: Die Umsatzsteuererklärung müssen Sie trotzdem abgeben.
- Umsatzsteuer unter 7.500 Euro pro Jahr: Die Umsatzsteuervoranmeldung wird ein Mal pro Quartal abgegeben.
- Umsatzsteuer über 7.500 Euro pro Jahr: Die Umsatzsteuervoranmeldung wird monatlich abgegeben.
Kleinunternehmerregelung oder Vorsteuerabzug: Was ist günstiger?
Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit stellen sich viele Unternehmer die Frage, ob sich das teilweise umfangreiche Verfahren für eine Vorsteuerabzugsberechtigung für sie überhaupt lohnt. Unter Umständen könnte ja auch die Kleinunternehmerregelung sinnvoller sein. Zumindest zwei Aspekte sollten Sie genauer betrachten – Ihre Ausgabensituation und Ihre Kundenstruktur.
Wer sich dafür einsetzen sollte, mehrwertsteuerabzugsberechtigt zu sein und damit im Gegenzug auf die Kleinunterunternehmerregelung verzichten sollte, hängt von den individuellen Voraussetzungen ab.
Vorteile Kleinunternehmerregelung
- Ihre Waren oder Leistungen sind für Privatkunden billiger, da die Umsatzsteuer entfällt.
- Der zeitliche Aufwand für die Buchhaltung wird kleiner, da Sie keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen. Achtung: Eine Umsatzsteuerjahreserklärung müssen Sie trotzdem beim Finanzamt einreichen. Denn damit wird Ihre Umsatzgrenze kontrolliert.
Vorteile Vorsteuerabzug
Wer mehrwertsteuerabzugsberechtigt ist, kann sich die von ihm gezahlte Umsatzsteuer auf Waren, Dienstleistungen oder andere Anschaffungen wie ein Auto als Vorsteuer erstatten lassen. Haben Sie sehr hohe Ausgaben oder Investitionen, kann dies sehr sinnvoll sein. Sie müssen bei einmaligen Investitionen allerdings berücksichtigen, dass der Antrag auf Regelbesteuerung fünf Jahre bindend ist. Wenn Sie die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG bevorzugen, haben Sie immerhin noch die Möglichkeit, die bezahlte Umsatzsteuer als Betriebsausgaben geltend zu machen.
Pauschale Vorsteuerabzugsberechtigung für einige Berufsgruppen
Bis Ende 2022 galt Folgendes: Bestimmte Berufsgruppen, wie z. B. Handwerksbetriebe vieler Gewerke, Einzelhändler vieler Branchen, Gastgewerbebetriebe und Angehörige freier Berufe, konnten den pauschalen Vorsteuerabzug beantragen. Damit konnten diese sich die genaue Auflistung der Umsatzsteuer sparen und pauschal einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes vorab abziehen (§§ 69,70 UStDV). Ab dem 01.01.2023 ist diese umsatzsteuerliche Vergünstigung leider weggefallen.
Diese Vereinfachung war allerdings an einige Voraussetzungen gebunden:
- Das Unternehmen erstellte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), um den Jahresgewinn zu ermitteln.
- Der Umsatz lag im vorangegangenen Jahr unter 61.356 Euro.
- Das Unternehmen gilt als gemeinnützige Körperschaft oder eine Personenvereinigung, es ist nicht zur Buchführung verpflichtet und der Jahresumsatz im vorangegangenen Jahr war nicht höher als 35.000 Euro.
- Das Unternehmen fällt in den land- oder forstwirtschaftlichen Bereich.