Reihengeschäft

Was ist ein Reihengeschäft und wie wird der steuerliche Lieferort bestimmt? Wann tritt eine tatsächliche Warenbewegung auf und wie kann eine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland vermieden werden? All das und mehr erfahren Sie in diesem Beitrag. Informieren Sie sich darüber, wie grenzüberschreitende Reihengeschäfte richtig abgewickelt werden und welche rechtlichen Grundlagen und Vereinfachungen dabei helfen.

Zuletzt aktualisiert am 05.03.2025

Info

Ein Überblick über Reihengeschäfte

  • Ein Reihengeschäft liegt vor, wenn mindestens drei Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte abschließen und die Ware direkt vom ersten Lieferer zum letzten Abnehmer befördert wird.
  • Bei grenzüberschreitenden Reihengeschäften (innergemeinschaftlich) ist die Lieferung nur dann steuerfrei, wenn eine tatsächliche Warenbewegung stattfindet, andernfalls unterliegt sie der Umsatzsteuer.
  • Wichtige rechtliche Grundlagen hierfür sind Bestimmungen im UStG sowie Regelungen im UStAE, ergänzt durch spezielle Vorschriften zum Buchen von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften.
  • Ein reihengeschäftliches Szenario liegt vor, wenn der erste Lieferer den Gegenstand direkt an den letzten Abnehmer versendet, während eine Beförderung durch mehrere Unternehmer als gebrochene Beförderung gilt.
  • Bei nicht grenzüberschreitenden Reihengeschäften unterliegen alle Lieferungen der Umsatzsteuer des Herkunftslandes, da der Liefergegenstand im Ursprungsland verbleibt.
  • Im grenzüberschreitenden Fall bestimmt der Warenweg – also der Beginn der Beförderung im Abgangsland – den steuerlichen Lieferort, unabhängig vom Rechnungsweg.
  • Das BMF-Schreiben regelt, welcher Lieferung die Beförderung bzw. Versendung zugeordnet wird, basierend auf der Rolle des ersten Lieferers, des mittleren Unternehmers oder des letzten Abnehmers.
  • Um eine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland zu vermeiden, können Unternehmer auf vereinfachte Regelungen wie das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft zurückgreifen, wobei die Zuordnung der Warenbewegung entscheidend ist.

Info

Was ist ein Reihengeschäft?

Reihengeschäft bedeutet, dass mindestens drei Personen – davon mind. drei Unternehmer – über denselben Gegenstand ein Liefergeschäft ausführen. Dabei befördert oder versendet der erste Lieferant die Ware unmittelbar an den letzten Abnehmer in der Reihe. 

Liegt ein grenzüberschreitendes Reihengeschäft vor, also eine Warenbewegung von einem EU-Staat in einen anderen, handelt es sich um ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft. In diesem Fall zählen Ausfuhr- oder innergemeinschaftliche Lieferungen nur bei einer „Lieferung mit Warenbewegung“ als steuerfrei. Alle übrigen Lieferungen sind steuerpflichtig.

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die wichtigsten Rechtsquellen bzw. Verwaltungsanweisungen basieren auf folgenden Dokumenten:

  • 3 Abs. 6 Satz 5
  • 6 UStG, Abschn. 3.14 UStAE
  • für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte § 25b UStG und 25b.1 UStAE

In welchen Fällen kommt es zu einem Reihengeschäft?

Ein umsatzsteuerliches Reihengeschäft besteht, sobald mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte abschließen. Dabei sorgt ein am Reihengeschäft beteiligter Unternehmer dafür, dass der erste Lieferer den Liefergegenstand körperlich unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer befördert oder versendet. Diese Voraussetzung der unmittelbaren Überlieferung gilt auch als erfüllt, wenn die Beförderung oder Versendung zu einem – nicht direkt in den Liefervorgängen involvierten – Drittbeauftragten gelangt (beispielsweise Lohnveredeler oder Lagerhalter).

Wenn der Lieferer einen Dritten damit beauftragt, den Liefergegenstand im Voraus zu be- oder verarbeiten, wird das be- oder verarbeitete Produkt zum Gegenstand der Lieferung.

Sind mehrere Unternehmer an der Beförderung oder Versendung beteiligt, ist die Voraussetzung des unmittelbaren Gelangens nicht erfüllt. Diese Variante nennt sich nicht Reihengeschäft, sondern gebrochene Beförderung bzw. Versendung.

Info

Beispiel: Gebrochene Beförderung bzw. Versendung statt Reihengeschäft

Unternehmer D 1 aus München verkauft eine Maschinean den Unternehmer D 2 in Hamburg. Dieser wiederum schließt einen Kaufvertrag über dieselbe Maschine mit Unternehmer S aus Schweden ab. Wie vereinbart befördert D 1 die Maschine zu D 2 nach Hamburg. Daraufhin lässt S die Maschine über einen Reeder von Hamburg nach Schweden verschiffen. S gibt gegenüber D 2 seine schwedische USt-IdNr. an.

Dieses Beispiel veranschaulicht kein Reihengeschäft. Stattdessen handelt es sich hierbei um eine gebrochene Beförderungs- und Versendungslieferung, da nach Auffassung der Finanzverwaltung ein Vorgang mit mehreren hintereinandergeschalteten und getrennt zu beurteilenden Einzellieferungen vorliegt. Für beide Lieferungen gilt der Status „am Abgangsort Deutschland bewirkt“.

Die Lieferung 1 von D 1 ist laut § 6a UStG steuerpflichtig, da weder Lieferer D 1 noch Abnehmer D 2 die Maschine nach Schweden befördern bzw. versenden.

Die Lieferung 2 von D 2 an S ist nach § 6a UStG steuerfrei, da S als Abnehmer von D2 die Versendung vom Abgangsort Hamburg an den Lieferort Schweden veranlasst.

Reihengeschäft: Nicht grenzüberschreitend

Wenn der Liefergegenstand eines Reihengeschäfts im Herkunftsland verbleibt und keine grenzüberschreitende Lieferung stattfindet, gestaltet sich die umsatzsteuerliche Behandlung vergleichsweise einfach. Alle Lieferungen aus der betreffenden Reihe unterliegen der Umsatzsteuer des Herkunftslands. Welche steuerrechtlichen Regelungen in Kraft treten, bestimmt also der Staat, aus dem die Ware stammt und in dem sie bleibt – egal, wo sich der Lieferer befindet.

Anhand eines Beispiels wird es deutlicher:

Der deutsche Bauunternehmer D 1 errichtet ein Gebäude in Frankreich. Dafür gibt er beim deutschen Baustoffhändler D 2 eine Bestellung für Baumaterial auf. D 2 bestellt dasselbe Material wiederum bei dem französischen Hersteller F. Dieser bringt die Lieferung im Auftrag von D 2 direkt an den französischen Standort von D 1.

Die Folge ist, dass das bestellte Baumaterial nach der Auslieferung über das Reihengeschäft in Frankreich bleibt. Sowohl die Lieferung von F an D 2 als auch die von D 2 an D 1 richtet sich nicht nach der deutschen, sondern nach der französischen Umsatzsteuer. D 1 und D 2 haben dementsprechend die Pflicht, in Frankreich eine Umsatzsteuererklärung abzugeben. Zu diesem Zweck dürfen sie einen französischen Fiskalvertreter beauftragen.

Für D 2 würde es sich empfehlen, nicht die Rolle des „Zwischenhändlers“ einzunehmen. Alternativ könnte er im Auftrag des D 1 als Vermittler einer Direktlieferung von Hersteller F an Verbraucher D 1 agieren.

Daraus ergibt sich folgende Situation. Da sich der Auftraggeber D 1 in Deutschland befindet, vollbringt D 2 hier eine Vermittlungsleistung, die er auch in Deutschland besteuern muss. Den deutschen Vorsteuerabzug erhält D1 aus der Umsatzsteuer, die D2 in Deutschland abzuführen hat. So lässt es sich vermeiden, dass D2 wegen einer umsatzsteuerlichen Erfassung als „Zwischenhändler“ in Frankreich finanziell benachteiligt ist. Hierfür muss die Vermittlerrolle von D2 klar aus den jeweiligen Vertrags- bzw. Rechnungsinhalten und dem Zahlungsweg hervorgehen.

Reihengeschäft: Grenzüberschreitend

Bei grenzüberschreitenden Reihengeschäften, die man auch innergemeinschaftliche Reihengeschäfte nennt, ist die Lieferung nur steuerfrei, wenn eine tatsächliche Warenbewegung stattfindet. Andernfalls unterliegt sie der Umsatzsteuer.

Umsatzsteuerfreie Lieferung „mit Warenbewegung“

Der Besteuerungsort ergibt sich aus dem umsatzsteuerlichen Lieferort. Dieser befindet sich nach § 3 Abs. 6 UStG bei Reihengeschäften

  • im Abgangsland der Lieferung (auch (Waren-)Ursprungsland genannt).
  • im Ankunftsland der Lieferung (auch Bestimmungsland genannt).

Der Lieferort kann in keinem anderen Land liegen und hängt nicht davon ab, wo der zuständige Lieferer seinen Sitz hat. Wenn der Lieferer weder im Ursprungs- noch im Bestimmungsland ansässig ist, muss er sich gegebenenfalls in einem anderen Staat umsatzsteuerlich registrieren lassen, was oftmals zu Komplikationen führt. In solchen Fällen können Unternehmer von der Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte gemäß § 25b UStG Gebrauch machen.

Von allen Lieferungen, die im Rahmen eines Reihengeschäfts erfolgen, darf nur die sogenannte Lieferung mit Warenbewegung umsatzsteuerfrei sein. Dies geht aus § 6 UStG (Ausfuhrlieferung in das Drittland) bzw. § 6a UStG (innergemeinschaftliche Lieferung) hervor.

Der umsatzsteuerliche Lieferort ist grundsätzlich in dem Land, in dem die Beförderung oder Versendung des Liefergegenstands beginnt. Wenn einer der Lieferanten oder einer der Abnehmer den Gegenstand selbst (oder durch seine Arbeitnehmer) fortbewegt, liegt ein Befördern vor. Versenden liegt dagegen bei der Beförderung durch einen selbstständigen Beauftragten vor (Frachtführer, Spediteur).

Veranlasser der Versendung ist immer derjenige, der den Auftrag an den Frachtführer oder Spediteur erteilt hat. Ergibt sich aus den Geschäftsunterlagen nichts anderes, ist auf die Frachtzahlerkonditionen abzustellen.

Beim Reihengeschäft wird die Beförderung bzw. Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen in der Reihe zugeordnet. Bei dieser einzigen Lieferung „mit Warenbewegung“ befindet sich der Lieferungs- und Besteuerungsort im Abgangsland – nur diese Lieferung kann nach § 6a UStG bzw. § 6 UStG steuerfrei sein.

Info

Warenweg statt Rechnungsweg

Entscheidend für die korrekte umsatzsteuerliche Bewertung ist immer der Warenweg – nicht der Rechnungsweg.

Regelung durch BMF-Schreiben

In der Praxis ist daher immer zuerst die Frage zu klären, welcher Lieferung die Beförderung bzw. Versendung zuzuordnen ist – Lieferung mit Warenbewegung oder „bewegte“ Lieferung. Dies ist durch das BMF-Schreiben (Bundesfinanzministerium) vom 25. April 2023 geregelt.

  • Befördert bzw. versendet der ersteVerkäufer bzw. Lieferer der Reihe den Gegenstand, ist die Beförderung bzw. Versendung seiner Lieferung zuzuordnen.
  • Befördert bzw. versendet der letzteAbnehmer der Reihe den Gegenstand, ist die Beförderung bzw. Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen (= Lieferung des letzten Lieferers).
  • Befördert bzw. versendet ein in der Reihe sowohl als Abnehmer als auch als Lieferer tätiger Unternehmer (mittlerer Unternehmer), ist dieser grundsätzlich als Abnehmer der Vorlieferung tätig. Die Beförderung bzw. Versendung ist der Lieferung an ihn (= Lieferung seines Lieferanten) zuzuordnen. Der mittlere Unternehmer kann jedoch nachweisen, dass er (anstatt als Abnehmer) als Lieferer tätig war. Dann ist die Beförderung bzw. Versendung der von ihm getätigten Lieferung zuzuordnen. Wenn der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das eines anderen Mitgliedstaates gelangt, gilt Folgendes. Nutzt der Arbeitnehmer gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Anfang der Beförderung bzw. Versendung eine von ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung bzw. Versendung erteilte USt-IdNr., dann ist von einem ausreichenden Nachweis auszugehen. Falls der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet gelangt, gilt wiederum Folgendes. Wenn der Arbeitnehmer zollrechtlicher Ausführer ist, kann von einem ausreichenden Nachweis ausgegangen werden. Gelangt der Gegenstand wiederum vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, wird von einem ausreichenden Nachweis ausgegangen, wenn dieser im Namen des Abnehmers zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt wird.

Es gibt jedoch Unsicherheiten, ob sich die Sichtweise des BMF und deren Rechtsprechung widerspricht. Letztere konzentriert sich in erster Linie auf die Verschaffung der Verfügungsmacht und nicht auf die Beauftragung des Spediteurs. Das BFH ist übrigens der Ansicht, dass der Gesetz- oder Verordnungsgeber dafür verantwortlich ist, durch Änderung des UStG oder der UStDV in den Grenzen des Unionsrechts die Bedürfnisse der Praxis zu berücksichtigen.

Tipp

Rechtsfolgen können gestaltet werden

Je nachdem, welcher Teilnehmer im Reihengeschäft befördert oder versendet hat, können sich unterschiedliche Folgen ergeben. Jedoch kann hier auch umsatzsteuerlich „gestaltet“ werden, indem vorher gezielt festgelegt wird, durch welchen Beteiligten die Beförderung bzw. Versendung erfolgen soll.

Vorschlag der Wirtschaft für die Praxis

Der Gegenvorschlag der gewerblichen Wirtschaft stützt sich bei innergemeinschaftlichen Reihengeschäften auf die verwendete USt-IdNr. in Bezug auf die warenbewegte Lieferung. In einer vereinfachten Darstellung wird hierbei die warenbewegte, steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungder eigentlichen Lieferung zugeordnet. Dabei agiert der Abnehmer nicht mit der USt-IdNr. des Ursprungsstaates, sondern mit der USt-IdNr. eines anderen Mitgliedstaates. Der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs, die Durchführung der Beförderung oder der Auftrag zur Versendung spielen für die Zuordnung der warenbewegten Lieferung lediglich eine untergeordnete Rolle.

Das Kriterium der eingesetzten USt-IdNr. wird vom BMF – im Gegensatz zum Praxisvorschlag der gewerblichen Wirtschaft – nur herangezogen, wenn der mittlere Unternehmer die Versendung oder Beförderung übernimmt.

Bezüglich der Auffassung des BMF stellen sich folgende zwei Fragen:

  1. Warum muss zwingend die erste Lieferung warenbewegt erfolgen, wenn der erste Unternehmer in der Reihe den Gegenstand befördert oder versendet? Hier würde die Loslösung vom Transportauftrag durch die Berücksichtigung der vom Abnehmer verwendeten USt-IdNr. erhebliche Erleichterungen in der praktischen Abwicklung von Reihengeschäften bewirken. Das folgende Beispiel, bei dem zwei deutsche Unternehmer den Anfang und ein französischer Unternehmer das Ende der Reihe bilden, verdeutlicht die Unterschiede zwischen den Gesetzesvorschlägen des BMF und dem Gegenvorschlag der gewerblichen Wirtschaft.
  2. Warum muss zwingend auch die letzte Lieferung warenbewegt erfolgen, wenn der letzte Unternehmer in der Reihe den Liefergegenstand befördert oder versendet? Auch hier würde die Abkopplung vom Transportauftrag unter Einbeziehung der eingesetzten USt-IdNr. zu erheblichen Erleichterungen in der praktischen Umsetzung von Reihengeschäften führen.

Steuerpflichtige „ruhende“ Lieferungen

Kann einer Lieferung nach obigen Grundsätzen die Beförderung bzw. Versendung nicht zugerechnet werden (sog. ruhende Lieferungen), ist diese stets umsatzsteuerpflichtig. Die Lieferortbestimmung und damit das Besteuerungsland sind davon abhängig, ob die zu beurteilende Lieferung vor oder nach der „bewegten“ Lieferung erfolgt:

  • Bei Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen (sog. vorangehende Lieferungen), befindet sich der Lieferort dort, wo die Beförderung bzw. Versendung des Gegenstands beginnt (Abgangsland).
  • Bei Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen (sog. nachfolgende Lieferungen), befindet sich der Lieferort dort, wo die Beförderung bzw. Versendung des Gegenstands endet (Bestimmungsland).

Vermeidung der umsatzsteuerlichen Registrierung im Ausland

Bei den ruhenden umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen ist es in der Praxis unbefriedigend, wenn sich der betroffene Lieferer in einem anderen Staat umsatzsteuerlich registrieren lassen muss. Hierfür gibt es innergemeinschaftlich die Vereinfachungsregelung des „Innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts“ sowie diverse Gestaltungsmöglichkeiten (z. B. wer die Ware befördert bzw. wer den Auftrag an den Frachtführer erteilt).

Beförderung bzw. Versendung durch mittleren Unternehmer

Die im Reihengeschäft vom mittleren Unternehmer (= zuerst Abnehmer und nachfolgend Lieferer) getätigte bzw. veranlasste Beförderung oder Versendung wird nach § 3 A bs. 6 Satz 6 UStG grundsätzlich der Lieferung seines Lieferanten zugerechnet (widerlegbare Vermutung).

Um die drohende umsatzsteuerliche Erfassung im Ausland zu vermeiden, kann der mittlere Unternehmer die Beförderung bzw. Versendung ausnahmsweise seiner selbst getätigten Lieferung zurechnen. Das hierfür notwendige Auftreten als Lieferer (nicht als Abnehmer) muss der mittlere Unternehmer nach Verwaltungsauffassung anhand von Belegen (Auftragsbestätigung usw.) und Aufzeichnungen wie folgt nachweisen:

  • Teilnahme im Reihengeschäft über die USt-IdNr. des Ursprungslands der Lieferware
  • Übernahme von Gefahr und Kosten der Beförderung bzw. Versendung aufgrund der mit seinem Vorlieferant und seinem Abnehmer vereinbarten Lieferkonditionen, z. B. anhand handelsüblicher Lieferklauseln (Incoterms)

Folgende Kombinationen von Lieferkonditionen sprechen für die Übernahme von Gefahr und Kosten durch den mittleren Unternehmer:

Darstellung von Tabellen auf Desktop besser lesbar

<b>Zulieferant → mittlerer Unternehmer</b>
Zulieferant → mittlerer Unternehmer→ Kunde
EXW = EX Works= ab Werk= Übernahme von Gefahr und Kosten mitder Export- und Importabwicklung DDP = Delivered Duty Paid= frei Haus geliefert und verzollt
FOB = Free On Board,FAS = Free Alongside ShipFCA = Free Carrier= Übernahme der Kosten des Haupttransports DDP
EXW = EX Works DAP = Delivered At Place= Geliefert benannter Ort und nicht verzollt
FOB, FAS oder FCA DAP

Achtung

Geänderte BFH-Rechtsprechung und mögliche gesetzliche Änderung

Für die Entscheidung der Zuordnung der warenbewegten Lieferung ist insbesondere der Zeitpunkt relevant, zu dem die Befähigung dem Endempfänger übertragen worden ist.

 

Nach Auffassung des BFH kann die vom mittleren Unternehmer veranlasste Warenbewegung (z. B. Auftrag an den Spediteur) in einem Reihengeschäft nur dann (ausnahmsweise) der Lieferung des mittleren Unternehmers selbst zugerechnet werden, wenn der mittlere Unternehmer (Ersterwerber) seinem Abnehmer (Zweiterwerber) die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, bereits im Inland übertragen hat. Auf hiervon abweichende Absichtsbekundungen der Beteiligten kommt es laut BFH höchstens bei der Prüfung des Vertrauensschutzes an. Ist die Übertragung der Verfügungsmacht noch im Inland vom Ersterwerber auf den Zweiterwerber nicht zweifelsfrei, ist die Warenbewegung der ersten Lieferung zuzuordnen.

Allerdings zeigt der BFH dem ersten Lieferer eine „Absicherungsmöglichkeit“ auf. Danach kann sich der erste Lieferer von seinem Abnehmer (Ersterwerber) schriftlich versichern lassen, dass der Ersterwerber die Verfügungsmacht über den Liefergegenstand nicht auf einen Dritten übertragen wird, bevor der Liefergegenstand das Inland verlassen hat.

Derzeit wendet die Verwaltung aber die oben genannte BFH-Rechtsprechung nicht an und hält an Abschn. 3.14 Abs. 7, 9 und 10 UStAE fest. Es wird jedoch geprüft, ob insoweit eine gesetzliche Anpassung des § 3 Abs. 6 UStG erforderlich ist.

Achtung

Abholender Frachtführer wird durch den letzten Abnehmer beauftragt

Wenn der letzte Abnehmer im Reihengeschäft den abholenden Frachtführer beauftragt, wird – entgegen Abschn. 3.14 Abs. 8 Satz 2 UStAE – nach der neueren Rechtsprechung die Warenbewegung durch den mittleren Unternehmer ausgeführt und in der Regel der Lieferung seines Lieferanten zugerechnet. Dafür muss der mittlere Unternehmer den letzten Abnehmer zur Abholung des Gegenstands (beim ersten Lieferer) bevollmächtigen und zudem die Kosten der Beförderung des letzten Abnehmers tragen bzw. bereits vor Abholung der Ware dem ersten Lieferer mitteilen, dass er den Liefergegenstand weiterverkauft hat, bzw. der letzte Abnehmer die Verfügungsmacht an der Ware erst erhalten hat, nachdem diese das Inland verlassen hat.

Derzeit wendet die Verwaltung aber die neuere BFH-Rechtsprechung nicht an und hält an Abschn. 3.14 Abs. 8 Sat 2 UStAE fest.