Können Selbstständige eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abschließen?

Wer angestellt ist und seinen Job verliert, bekommt hinterher zur Überbrückung fast immer Arbeitslosengeld. Aber wie steht es damit, wenn Sie freiberuflich oder selbstständig arbeiten? In dem Fall können Sie freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzahlen. Erfahren Sie hier, ob das für Sie sinnvoll ist, und wo Sie einen Antrag auf freiwillige Arbeitslosenversicherung stellen können.

Zuletzt aktualisiert am 07.03.2024
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Definition

Was ist die freiwillige Arbeitslosenversicherung?

Egal, ob Sie selbstständig arbeiten, einer Arbeit im Ausland nachgehen oder in Elternzeit Kinder betreuen: Wenn Sie nicht als Versicherter in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, haben Sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Falls Sie eine Arbeitslosigkeit als Selbstständiger oder Freiberufler trifft, kann das ein finanzielles Risiko für Sie bedeuten. Mit einer Arbeitslosenversicherung, in die Sie freiwillig einzahlen, können Sie sich absichern und dieses Risiko minimieren: Sobald Sie dann arbeitslos werden, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen auch als Selbstständiger bis zu einem Jahr Arbeitslosengeld erhalten. Im Zusammenhang mit der freiwilligen Arbeitslosenversicherung spricht man auch von einer Antragspflichtversicherung, weil diese nur auf Antrag von selbstständig Tätigen zustande kommt (siehe § 4 Abs. 2 SGB VI).

Haben Selbstständige Anspruch auf Arbeitslosengeld?

Das Arbeitslosengeld wird in Deutschland aus der Arbeitslosenversicherung finanziert. Die Arbeitslosenversicherung gehört wie die Rentenversicherung zu den Pflichtversicherungen für angestellte Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass Angestellte auf Basis dieses Versicherungspflichtverhältnisses in der Arbeitslosenversicherung mehr oder weniger automatisch Arbeitslosengeld erhalten, sobald sie ihren Job verlieren

Doch wie sieht das bei Selbstständigen und Freiberuflern aus? Kann man in die Arbeitslosenversicherung als Selbstständiger einzahlen? Die Antwort lautet: Ja. Denn auch für Selbstständige gibt es Modelle, um sich abzusichern - beispielsweise durch den Beitritt in die freiwillige Arbeitslosenversicherung.

Dafür ist es wichtig zu wissen, dass es in Deutschland 2 Formen von Arbeitslosengeld gibt:

  1. Arbeitslosengeld I (ALG I)
    Diese Form des Arbeitslosengeldes ist die direkte Leistung der Arbeitslosenversicherung an einen Arbeitnehmer. Das heißt also, dass dieser dafür einen Teil des Lohnes bzw. Gehalts vorab in die Versicherung einbezahlt hat.
  2. Bürgergeld – bis 2023 Arbeitslosengeld II (ALG II)
    Es wird auch Grundsicherung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte oder Hartz IV bzw. bis 2023 Arbeitslosengeld II genannt. Dabei handelt es sich um eine staatliche Leistung für bedürftige Arbeitssuchende. Die Höhe des neuen Bürgergeldes ist um ca. 50 Euro gestiegen und beträgt nun 502 Euro pro Monat für Alleinstehende und 451 Euro für Personen in Bedarfsgemeinschaften, anstelle der bisherigen 449 Euro bei Hartz IV. Haben Sie als Selbstständiger freiwillige Beiträge in die Arbeitslosenversicherung geleistet, dann wird diese Form des Arbeitslosengeldes auch ausbezahlt, wenn Sie keinen Anspruch auf ALG I haben.
    Auf ALG I haben Sie nach der Aufgabe Ihrer Selbstständigkeit nur unter bestimmten Bedingungen Anspruch. Es hängt davon ab, wie lange Sie in den letzten 2 Jahren vor Beginn Ihrer Arbeitslosigkeit in die (freiwillige) Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.

Unabhängig davon gilt: Jeder Mensch in Deutschland hat nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB) ein Anrecht auf die Grundsicherung, also auf Bürgergeld. Für den Bezug müssen Sie nicht zwangsläufig arbeitslos sein oder im Vorfeld Arbeitslosengeld I bezogen haben. Stattdessen steht Ihnen diese Leistung auch als Selbstständiger zu, wenn Ihr Einkommen nicht zur Deckung des täglichen Bedarfs ausreicht. Tipp: Erfahren Sie in unserem Atikel zum Thema Grundsicherung für Selbstständige mehr.

Info

Das Bürgergeld greift immer

Das bedeutet: Selbst, wenn Ihr Business mal nicht so gut läuft, müssen Sie nicht direkt Ihr Gewerbe abmelden oder Ihre Freiberuflichkeit für immer aufgeben. Stattdessen können Sie zur Unterstützung Bürgergeld beantragen.

Was bringt Ihnen die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige?

Die freiwillige Arbeitslosenversicherung nimmt Sie als Selbstständigen in die normale Arbeitslosenversicherung für Arbeitnehmer mit auf. Daher wird auch oft davon gesprochen, dass Sie sich damit in der Arbeitslosenversicherung weiterversichern. Unter bestimmten Voraussetzungen sind die Beiträge zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung in der Steuererklärung steuerlich absetzbar. Sie können diese in Ihrer Einkommensteuererklärung als Vorsorgeaufwand geltend machen. Beachten Sie dabei den Höchstbetrag für die Absetzbarkeit bei Selbstständigen von 2.800 Euro (bei Arbeitnehmern von 1.900 Euro).

Tipp

Beachten Sie die Frist für die Antragstellung

Möchten Sie sich freiwillig arbeitslos versichern, beachten Sie als Antragsteller folgende Infos:

  • Die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige können Sie spätestens 3 Monate nach der Gründung Ihres Unternehmens beantragen.
  • Beantragen können Sie  die Versicherung beim Arbeitsamt.

Kann sich jeder Selbstständige freiwillig arbeitslos versichern?

Nein, nicht jeder Selbstständige kann sich freiwillig arbeitslos versichern. Wenn Sie eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige abschließen möchten, müssen Sie eine der beiden folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  1. Sie müssen die letzten 2 Jahre vor Ihrer Selbstständigkeit oder Ihrer Gründung mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen sein.
  2. Sie müssen, direkt bevor Sie in Ihre Selbstständigkeit gestartet sind, Anspruch auf Arbeitslosengeld oder eine andere Entgeltersatzleistung nach SGB III gehabt haben.

Info

Kurzarbeitergeld wird berücksichtigt

Auch das Kurzarbeitergeld zählt zum Zeitraum der 2 Jahre dazu. Sie können also zeitweise Kurzarbeitergeld bezogen haben und sich dann freiwillig zur Arbeitslosenversicherung anmelden.

Wie hoch ist der Beitrag zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige?

Bei der Arbeitslosenversicherung richtet sich der monatliche Beitrag für Selbstständige stets nach den Bezugsgrößen der Sozialversicherung. Die bisherigen Werte in der Sozialversicherung haben sich 2024 geändert: Im Westen gelten dann 3.535 Euro pro Monat und im Osten 3.465 Euro pro Monat.

Dadurch gelten seit 1. Januar 2024 die folgenden monatlichen Beiträge für die freiwillige Arbeitslosenversicherung:

  • 91,91 Euro im Westen
  • 90,09 Euro im Osten

Tipp

Sonderregelung beim Beitragssatz für Existenzgründer

Gründer zahlen laut § 345b bzw. § 434w SGB III während der zweijährigen Gründungsphase generell für die freiwillige Arbeitslosenversicherung die Hälfte der Kosten:

  • 44,14 Euro im Wesen
  • 42,77 Euro im Osten

Bei der freiwilligen Arbeitslosenversicherung zahlen Sie die Beiträge direkt an die Agentur für Arbeit.

Freiwillige Arbeitslosenversicherung: Höhe des ausgezahlten Betrags

Die Höhe des Arbeitslosengeldes, das Sie als freiwillig Weiterversicherter erhalten, wenn Sie sich arbeitslos melden, orientiert sich an einem fiktiven Arbeitsentgelt und Ihrer Steuerklasse. Die Höhe des fiktiven Arbeitsentgelts wiederum ist von der Art der Beschäftigung und Ihrer Qualifikation abhängig. Im Rahmen der freiwilligen Arbeitslosenversicherung hängt die Auszahlung von diesen 4 Qualifikationsgruppen (Q-Gruppen) ab:

  • Hochschul- oder Fachhochschulausbildung
  • Abschluss bei einer Fachschule, Qualifikation als Meister
  • abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf
  • keine Ausbildung

Auskunft über die tatsächliche Höhe des monatlichen Arbeitslosengeldes für Selbstständige gibt Ihnen Ihr Ansprechpartner bei der Agentur für Arbeit.

Ist eine private Absicherung oder die freiwillige Arbeitslosenversicherung sinnvoll?

Eine freiwillige Weiterversicherung innerhalb der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung hat mit Blick auf eine Selbstständigkeit durchaus Vorteile und ist vor allem für Gründer überlegenswert, die sich noch nicht sicher sind, ob sie dauerhaft mit ihrem Geschäftsmodell Einkommen erwirtschaften. Abgesichert durch eine freiwillige Arbeitslosenversicherung, können sie sich zu relativ günstigen Konditionen für ein Jahr Arbeitslosenunterstützung sichern. Auch von Weiterbildungsangeboten oder Zuschüssen zu Bewerbungskosten durch das Arbeitsamt können sie profitieren.

Ist nach der Gründung das Geschäftsmodell erst einmal angelaufen, erscheint es häufig sinnvoller, private Vorsorge zu treffen, statt freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Das gelingt zum Beispiel durch die Absicherung einzelner Risiken wie der Arbeitsunfähigkeit. Mit diesem Versicherungsverhältnis federn Sie finanzielle Einbrüche ab, die durch eine Arbeitslosigkeit schnell entstehen können. Neben dem Thema der Altersvorsorge für Selbstständige sollten Sie deshalb Fragen rund um die private Arbeitslosenversicherung für Selbstständige immer überdenken.

Tipp

Kümmern Sie sich rechtzeitig um eine private Absicherung

Stellen Sie sich auch ein privates Konzept zusammen, das eine potenzielle Arbeitslosigkeit abfedern kann. Dabei handelt es sich nicht um eine klassische Arbeitslosenversicherung. Stattdessen schließen Sie Versicherungen ab, mit denen Sie die Ursachen für eine mögliche Arbeitslosigkeit abdecken. Dazu gehören beispielsweise eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Selbstständige oder eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung.

Kann man die freiwillige Arbeitslosenversicherung kündigen?

Grundsätzlich ist die freiwillige Arbeitslosenversicherung auch wieder kündbar. Allerdings ist das erst nach 5 Jahren möglich. Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats und muss schriftlich eingereicht werden.

Achtung

Gleichstellung mit anderen Arbeitslosen

Wenn Sie als Selbstständiger in die freiwillige Arbeitslosenversicherung einzahlen und diese schlussendlich auch in Anspruch nehmen, dann gilt auch für Sie der Grundsatz aus eigenem Antrieb alles zu tun, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Sprich, Sie müssen wie jeder andere Arbeitslose ebenfalls jede zumutbare Beschäftigung annehmen, die Ihnen die Agentur für Arbeit vermittelt.

Was gibt es beim Antrag auf die freiwillige Arbeitslosenversicherung zu beachten?

Für die freiwillige Arbeitslosenversicherung muss der Antrag spätestens 3 Monate, nachdem ein Gewerbe angemeldet oder eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen wurde, eingereicht werden.

Wichtig ist es, dem Antrag Belege über die eigene Selbstständigkeit beizufügen. Das kann eine Kopie des Gewerbescheins sein oder Arbeitsproben, die die selbstständige Tätigkeit nachweisen.

Info

Bürgergeld trotz Selbstständigkeit möglich

Wenn Sie sich als Selbstständiger mit der freiwilligen Arbeitslosenversicherung arbeitslos melden, müssen Sie nicht Ihre Selbstständigkeit aufgeben. Als erwerbslos definiert die Arbeitsagentur bereits eine Tätigkeit, bei der Ihre Wochenarbeitszeit unter 15 Stunden liegt. Sobald Sie Arbeitslosengeld aus der freiwilligen Arbeitslosenversicherung beziehen, dürfen Sie während der Erwerbslosigkeit pro Monat 165 Euro an Einnahmen ohne Abzüge dazuverdienen.

Wann kann man die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen?

Wer als erwerbslos gilt, kann Zahlungen aus der freiwilligen Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen. Das ist der Fall, wenn Sie eine der drei Voraussetzungen erfüllen:

  1. Sie haben keine oder nur wenige Aufträge, wollen trotz Arbeitslosenversicherung Ihre Selbstständigkeit aber nicht aufgeben.
  2. Sie haben Ihre Selbstständigkeit aufgegeben.
  3. Sie erfüllen die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld.

Beachten Sie bei Punkt 1 die 15-Stunden-Regel (Wochenarbeitszeit unter 15 Stunden). Sie müssen bei der Agentur für Arbeit den Antrag auf freiwillige Arbeitslosenversicherung einreichen. Zahlen Sie in die freiwillige Arbeitslosenversicherung ein, dann können Sie zu Ihrer Orientierung beispielsweise den Arbeitslosengeld-Rechner der Bundesagentur für Arbeit nutzen und die Höhe des Arbeitslosengeldes individuell berechnen.

Achtung

Beachten Sie die Versicherungshürden

Wenn Sie zweimal Arbeitslosengeld bezogen haben, können Sie dieselbe selbstständige Tätigkeit nicht noch einmal durch eine freiwillige Arbeitslosenversicherung absichern. Ausnahme: Diese Ausschlussregelung gilt nicht, wenn Sie zwischenzeitlich einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben. Das heißt: Sie waren mindestens 12 Monate versicherungspflichtig, also in einer Festanstellung.

Zusammenfassung

Freiwillige Arbeitslosenversicherung: Das Wichtigste zusammengefasst

  • Selbstständige und Freiberufler können unter bestimmten Voraussetzungen die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen.
  • Das Bürgergeld (ehemalig Arbeitslosengeld II / ALG II), steht jedem Selbstständigen oder Freiberufler zu, ob mit oder ohne Arbeitslosenversicherung.
  • Beantragt wird die freiwillige Arbeitslosenversicherung bei der Agentur für Arbeit.
  • Die monatlichen Versicherungsbeiträge errechnen sich aus Ihren Durchschnittseinkünften innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung.
  • Wenn Sie keine oder nur geringe Einkünfte haben, können Sie die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen.
  • Die Höhe des Arbeitslosengeldes hängt von Ihrer Beschäftigung und Ihrer Qualifikation ab.