GmbH ohne Geschäftsführer: Sorgen Sie mit Notfallordern vor
Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, ist es wichtig, dass Sie sich auf die Notsituation einer GmbH ohne Geschäftsführer entsprechend vorbereiten. Dabei hilft ein Notfallordner, der eine Zusammenstellung aller notwendigen Informationen, Unterlagen und Dokumente enthält. So ein Ordner erleichtert dem stellvertretenden Geschäftsführer die kurz-, mittel- oder langfristige Fortführung des Unternehmens.
Von diesen gesellschaftsbezogenen Unterlagen sollten Sie Kopien ablegen:
- Gesellschaftsvertrag
- Wichtige Gesellschafterbeschlüsse
- Geschäftsführeranstellungsverträge
- Erteilte und erhaltene Vollmachten, z.B. eine Handlungsvollmacht oder Prokura
- Grundbuchauszüge, sofern die GmbH in Besitz von Immobilien ist
Tipp
Aufbewahrungsort immer mitangeben
Geben Sie bei Ihren Dokumenten auch immer den Aufbewahrungsort der Originale an. Sollten Kopien unvollständig oder unleserlich sein, kann der Interim-Geschäftsführer auf die originalen Unterlagen zurückgreifen.
Sammeln Sie finanzielle Unterlagen für den Fall einer GmbH ohne Geschäftsführer
Steht ein Geschäftsführer kurzfristig oder dauerhaft nicht zur Verfügung, ist es wichtig, Zugriff auf finanzielle Unterlagen zu haben. Damit eine vertretungsbefugte Person schnell einen Überblick über den finanziellen Stand bekommt, sollten bestimmte finanzielle Dokumente im Notfallordner abgelegt werden. Orientieren Sie sich hierzu an unserer Checkliste.
Diese Dokumente sollte Sie im Notfallordner ablegen:
- Die letzten 3 Jahresabschlüsse
- Die letzten 3 Steuerbescheide inklusive Einkommens-, Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftssteuer
- Darlehensübersichten
- Kontokorrent-, Anlage- und Geldmarktkontoübersichten
- Liste der aktuellen Daueraufträge und Lastschriften mit zeitlichen Beschränkungen
- Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA)
- Management- und Controllingauswertungen
- Kurz- und langfristige Planungsunterlagen wie Umsatz- und Kostenplanung, Investitions- und Liquiditätsplanung
- Berichte über Ratinganalysen der Banken
- Berichte von Unternehmensberatern und Gutachtern
- Umsatzsteueridentifikationsnummer (UStID)
- Betriebs- und DUNS-Nummer des Unternehmens
GmbH ohne Geschäftsführer: Achten Sie auf Vertragsunterlagen
Im Notfallordner sollte die kommissarische Geschäftsführung auch alle wichtigen Vertragsunterlagen des Unternehmens vorfinden. Sinnvoll ist eine Auflistung aller betrieblichen Verträge auf einem Deckblatt, mit dessen Hilfe der Vertreter einen schnellen Überblick über die Vertragsbestände erhalten kann.
Tipp
Vorlagen für Musterverträge
Für Verträge, die regelmäßig erstellt werden, sollte eine entsprechende digitale Vorlage zur Verfügung stehen. So kann der Stellvertreter im Falle einer GmbH ohne Geschäftsführung die Vorlagen um Vertragspartner und -details ergänzen, ohne einen neuen Vertrag aufsetzen zu müssen. Bestenfalls ist auch der Rechtsanwalt vermerkt, der die Vorlage erstellt hat und Fragen dazu beantworten kann.
Der Notfallordner muss für jede GmbH individuell erarbeitet und erstellt werden, um alle betrieblichen Besonderheiten entsprechend zu berücksichtigen. Eine Standardlösung ist hier weder sinnvoll noch empfehlenswert.
Info
Notfallordner gut aufbewahren
Der Notfallordner enthält vertrauliche und betriebsinterne Unterlagen und Daten, die bei unsachgemäßer Aufbewahrung schnell in die falschen Hände geraten können. Um erheblichen Schaden noch vor der ersten Anwendung zu verhindern, sollten Sie die Dokumente an einem sicheren Ort mit Zugangsbeschränkung aufbewahren.
Gründe für eine GmbH ohne Geschäftsführer
Dass eine GmbH führungslos wird, kann verschiedene Ursachen haben:
- Kündigung des GmbH-Geschäftsführers: Ein GmbH-Geschäftsführer hat das Recht, sein Amt innerhalb bestimmter Fristen zu niederlegen, die in seinem Geschäftsführeranstellungsvertrag festgelegt wurden. Eine solche Entscheidung muss der Geschäftsführer den Gesellschaftern in der Gesellschafterversammlung erklären.
- Ausfall des Geschäftsführers: Auch kann es passieren, dass ein GmbH-Geschäftsführer nicht mehr in der Lage ist, seine Position auszuüben. Dies kann sowohl rechtliche als auch gesundheitliche Gründe haben und muss entweder durch eine Kündigung oder eine Abberufung offiziell gemacht werden.
- Abberufung des Geschäftsführers: Laut § 38 GmbH-Gesetz (GmbHG) kann die Gesellschafterversammlung den GmbH-Geschäftsführer durch einen Mehrheitsentschluss ohne besonderen Grund abberufen. Dies wird ordentliche Abberufung genannt. Eine außerordentliche Abberufung kann stattfinden, wenn triftige Gründe für die Untauglichkeit des Geschäftsführers vorliegen, zum Beispiel Pflichtverletzungen oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.
- Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer: Der Geschäftsführer kann sein Amt grundsätzlich jederzeit und ohne Angabe von Gründen niederlegen und damit seine Organstellung beenden. Hierzu muss der Geschäftsführer die Amtsniederlegung gegenüber der Gesellschafterversammlung erklären.
So bleibt die GmbH ohne Geschäftsführer handlungsfähig
Fällt der Geschäftsführer unvorhergesehen aus, kommt die Frage auf, wie lange eine GmbH ohne einen Geschäftsführer auskommen könnte und welche Schritte unternommen werden müssen, um die Gesellschaft handlungsfähig zu halten.
Grundsätzlich ist zwischen einem kurzzeitigen und einem dauerhaften Ausfall zu unterscheiden. Dabei gilt für alle Szenarien, dass ermittelt werden muss, was an rechtlichen Handlungen ansteht und wo gegebenenfalls Aufschübe ausgehandelt werden können.
Kurzzeitiger Ausfall
Zu kurzzeitigen Ausfällen kann es regelmäßig kommen, z. B. bei (geplanten oder ungeplanten) Krankenhausaufenthalten. Diese sind mit der richtigen Vorsorge jedoch ohne große Probleme handhabbar.
Der beste Schritt, um Problemen vorzubeugen, ist, die rechtliche Handlungsmacht nicht auf eine einzelne Person zu konzentrieren. Das heißt für die Gesellschaft, dass verantwortungsbewusste Personen mit Vollmachten ausgestattet werden sollen. Das Handelsgesetzbuch (HGB) kennt für Unternehmen die Handlungsvollmacht und die Prokura.
Handlungsvollmacht nach § 54 HGB ist eine Vollmacht für Geschäfte, die der Betrieb eines Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Jede Vollmacht, die innerhalb eines Handelsgewerbes erteilt wird und keine Prokura ist, ist eine Handlungsvollmacht.
Eine Prokura nach §§ 52, 53 HGB ist eine noch weitreichendere Vollmacht, die relativ nahe an der organschaftlichen Vollmacht des Geschäftsführers ist.
Sind Angestellte mit einer dieser Vollmachten ausgestattet, können sie alltägliche Geschäfte tätigen und den Betrieb am Laufen halten. Weitergehend wäre nur noch die Erweiterung der Geschäftsführung um eine oder mehrere Personen. Hierzu gibt es verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten der Vertretung (z. B. Gesamtvertretung).
Dauerhafter Ausfall
Fällt ein Geschäftsführer dauerhaft aus, weil er schwer erkrankt oder gar verstorben ist, bedarf es weitgehender rechtlicher Handlungen.
Insbesondere sind dabei rechtliche Anforderungen im Auge zu behalten, die nicht einfach von Angestellten übernommen werden können:
- Die Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres muss bis zu einem bestimmten Termin mit der Unterschrift des Geschäftsführers abgegeben werden.
- Steuererklärungen müssen zu vorgegebenen Terminen abgegeben und rechtsgültig unterzeichnet sein.
- Zu Gerichtsterminen ist der Geschäftsführer als Vertreter der Gesellschaft geladen.
Durch den Tod eines Geschäftsführers wird die GmbH führungslos und die Gesellschaft ist handlungsunfähig. Ein neuer Geschäftsführer muss zwingend von der Gesellschafterversammlung bestellt werden. Steht niemand zur Verfügung, kann bei einem Gericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers verlangt werden.
Bei einer schweren Erkrankung des Geschäftsführers besteht keine Führungslosigkeit. Laut § 38 GmbH-Gesetz (GmbHG) muss in diesem Fall eine Abberufung durch die Gesellschafterversammlung stattfinden, was ins Handelsregister eingetragen werden muss und nur bei gleichzeitiger Neubestellung eines anderen Geschäftsführers möglich ist.
Auch für den Fall, dass der Geschäftsführer unerwartet sein Amt niederlegt, gilt das oben Gesagte.
Gesellschafterversammlung als wichtigste Institution
Rechtlich gesehen sind in einer GmbH alle Situationen über die Gesellschafterversammlung zu lösen. Als oberstes Organ der Gesellschaft stehen ihr alle Kompetenzen zur Neubestellung von Geschäftsführern oder Vergabe von Vollmachten zu.
Problematisch kann die Situation für das Unternehmen jedoch dann werden, wenn – wie häufig in kleinen und mittelständischen Unternehmen – der ausgefallene Geschäftsführer auch alleiniger Gesellschafter oder Mehrheitsgesellschafter der GmbH ist. In diesem Fall kann die Gesellschafterversammlung keine Beschlüsse fassen. Diese Situationen lassen sich nur durch gute Vorbereitung lösen. Wichtig ist dabei ein Zusammenspiel aus Regelungen im Gesellschaftsvertrag, Vorsorge- und Betreuungsvollmachten sowie Testamenten.
Die Notfallplanung weitergedacht ist daher auch der erste Einstieg in die Unternehmensnachfolge, da diese bei Krankheit oder Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers immer betroffen ist. In eine Unternehmensnachfolge spielen dabei sowohl Gesellschaftsrecht als auch Erbrecht und Steuerrecht rein, wobei der wichtigste Faktor immer die Zeit ist. Eine frühzeitige Planung ist daher immer anzuraten.
Tagesgeschäft in einer GmbH ohne Geschäftsführer: Sichern Sie die Liquidität
Das Wichtigste für die GmbH ohne Geschäftsführer ist die Möglichkeit, allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Ob dies auch nach dem Ausfall des Geschäftsführers erfolgen kann, prüfen Sie anhand folgender Punkte:
- Bestehende Kredite müssen hin und wieder verlängert werden. Die Bank wird dazu die Unterschrift eines Vertretungsberechtigten verlangen.
- Auch bei der Aufnahme neuer Kredite oder der Erweiterung der Kreditlinie wird eine rechtlich gültige Unterschrift notwendig. Kann sie nicht gegeben werden, können sich Investitionspläne verschieben oder es können Liquiditätsengpässe entstehen.
- Ist für die Auszahlung von Kontoguthaben die Unterschrift des Geschäftsführers notwendig, können ohne ihn keine Zahlungen veranlasst werden.
Tipp
Informieren Sie Ihre Bank
Auch die Banken haben ein Interesse daran, dass die führungslose GmbH auch ohne ihren Geschäftsführer zahlungsfähig bleibt. Sollten durch den temporären Ausfall des Geschäftsführers Probleme entstehen, sollten Sie sofort mit den Banken reden. So können z. B. Kreditbeträge auf das Notwendigste reduziert und temporär begrenzt werden.
Delegieren Sie Aufgaben im Tagesgeschäft einer GmbH ohne Geschäftsführer
Ist der Geschäftsführer in operative Abläufe eingebunden, dann meist als Träger von Entscheidungen, die den weiteren Ablauf steuern. Gibt es für die geplante Abwesenheit des Geschäftsführers temporäre Vertretungsregelungen, können Sie darauf zurückgreifen und diese nach einer Prüfung übernehmen.
Besonders kritisch können die folgenden Bereiche für die GmbH ohne Geschäftsführer sein:
- Im Vertrieb sind Entscheidungen zu Angebotspreisen oder Kundenkrediten notwendig.
- In der Beschaffung müssen große und wichtige Bestellungen genehmigt werden.
- Geplante und vorbereitete Personaleinstellungen müssen auch ohne das letzte O. K. des Geschäftsführers durchgeführt werden.
- Um die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft zu sichern, müssen geplante Investitionen oder Ersatzinvestitionen durchgeführt werden.
- Vorhandene Termine sollten abgesagt oder von anderen Führungskräften wahrgenommen werden. Die Partner müssen selbstverständlich von der Änderung in Kenntnis gesetzt werden.
- Bei den Aufgaben im Tagesgeschäft handelt es sich um interne Entscheidungen, die rechtlich nicht an den Geschäftsführer gebunden sind. Hier kann die Führungsebene der Gesellschaft gemeinsam Verantwortung übernehmen und sich diese von den Gesellschaftern genehmigen lassen.
Das Risiko ist groß, dass an dieser Stelle Entscheidungen herbeigeführt werden, die der Geschäftsführer wahrscheinlich nicht getroffen hätte. Kommen die gefassten Beschlüsse nur den einzelnen Bereichsverantwortlichen zugute,ist der Ärger nach der Rückkehr des Geschäftsführers vorprogrammiert. Aus diesem Grund sollten Entscheidungen, die nicht notwendig sind, zurückgestellt werden.