Der Digital Services Act: Was Sie zum digitalpolitischen Regelwerk wissen müssen

Seit dem 16. November 2022 ist der Digital Services Act (DSA) in der EU offiziell in Kraft. In einer ersten Phase war die Verordnung nur für sehr große Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen verpflichtend. Seit dem 17. Februar 2024 gilt das Gesetz über digitale Dienste vollumfänglich. Das Gesetz zielt darauf ab, europäische Verbraucher und ihre Grundrechte im digitalen Raum zu schützen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen sicherzustellen. Der DSA soll zusammen mit dem Digital Markets Act (DMA) eine Art Grundgesetz des Internets bilden. In den nächsten Monaten und Jahren kommen somit einige Veränderungen auf digitale Anbieter zu. Der Europäische Rat hat zusammen mit dem Parlament den DSA verabschiedet, um den digitalen Binnenmarkt zu stärken.

Zuletzt aktualisiert am 23.12.2024
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Was regelt der DSA in der EU?

Das vorrangige Ziel des DSA-Gesetzes, das auch als „Gesetz über Digitale Dienste“ bezeichnet wird, ist der Schutz der Verbraucher und ihrer Grundrechte. Der Digital Services Act stärkt den Verbraucherschutz im digitalen Raum durch klare Regeln und Transparenzpflichten. Dazu gehört, dass Online-Plattformen und sozialen Medien klare Pflichten auferlegt werden. Insbesondere regelt es den Umgang mit rechtswidrigen Inhalten und Produkten, Hassrede, Hetze und Falschinformation im Internet. Der DSA fördert ebenso die Schaffung eines sicheren und transparenten digitalen Umfelds. Die Bestimmungen umfassen auch Maßnahmen zum Schutz der Meinungsfreiheit und zur Bekämpfung von Hassrede, indem klare Richtlinien für die Moderation von Inhalten gesetzt werden. Anbieter sogenannter Vermittlungsdienste (zum Beispiel Hostingdienste, Online-Marktplätze, soziale Netzwerke u. a.) werden durch den DSA zu Transparenz und Verantwortung verpflichtet. So wird ein einheitlicher Rechtsrahmen für digitale Dienste in der EU geschaffen. 

Besonderer Schutz gilt laut Verordnung Minderjährigen. Beispielsweise dürfen Plattformen bei minderjährigen Nutzern nicht deren persönlichen Daten für Werbung nutzen.

Um eine unkontrollierte Datennutzung zu beschränken, enthält die Verordnung besondere Vorschriften für sehr große Suchmaschinen und sehr große Online-Plattformen, die jeweils von mehr als 10 Prozent der Verbraucher der EU genutzt werden.

Welche Änderungen kommen durch den Digital Services Act der EU auf Unternehmen zu?

Der Digital Services Act der EU etabliert grundsätzlich eine zweigliedrige Struktur zur Rechtsdurchsetzung, sodass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle an die neuen Änderungen und Bestimmungen anpassen müssen:

  • EU-Mitgliedsstaaten sind aufgerufen, Stellen für die behördliche Rechtsdurchsetzung zu nennen, die selbstständig gegen Anbieterverstöße vorgehen und Bußgelder verhängen.
  • Nutzer erhalten konkrete Rechte, um sich gegen Onlineplattformen oder andere Nutzer zu wehren. So kann zum Beispiel gegen die Entscheidung von Plattformen vorgegangen werden, Inhalte zu löschen – oder eben nicht zu löschen. Entscheidungsprozesse müssen in diesem Zusammenhang von Unternehmen offengelegt werden.
  • Mit dieser Struktur soll sowohl Unternehmen als auch Nutzern mehr Rechtssicherheit im Umgang mit digitalen Diensten geboten werden.

Welche Unternehmen sind vom Digital Services Act betroffen?

Grundsätzlich sind von den Regelungen des Digitalen Services Act alle Unternehmen betroffen, die digitale Dienste in der EU anbieten. Hierzu gehören:

  • Cloud-Dienste
  • Internetprovider
  • Hostinganbieter
  • Onlinemarktplätze
  • Webshops
  • Messenger
  • Soziale Netzwerke

Gatekeeper-Plattformen müssen zusätzliche Verpflichtungen erfüllen, um faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. 

Info

Was sind Gatekeeper-Plattformen?

Eine Gatekeeper-Plattform ist eine digitale Plattform, die aufgrund ihrer Größe und Marktmacht eine zentrale Rolle im Zugang zu bestimmten Dienstleistungen oder Informationen spielt. Sie fungiert als Vermittler zwischen Endnutzern und anderen Diensten, oft mit der Kontrolle über wesentliche Zugangswege im digitalen Ökosystem. Gatekeeper-Plattformen haben daher bedeutenden Einfluss auf den Wettbewerb und die Fairness im digitalen Markt. Beispiele für Gatekeeper-Plattformen sind u. a. Google und Amazon.  

Besonders stark betroffen sind große Anbieter

Die strengsten Regeln des Digital Services Act müssen sehr große Online-Plattformen (VLOP) und Suchmaschinen (VLOSE) mit hohen Jahresumsätzen einhalten. Als „sehr groß“ gilt ein Angebot, das mehr als 45 Millionen Nutzer in der EU hat. Die Zahlen müssen von den Plattformen und Suchmaschinen selbst bereitgestellt und mindestens alle sechs Monate aktualisiert werden. Im April 2023 benannte die EU-Kommission folgende Plattformen:

Als VLOP:

  • Alibaba Aliexpress
  • Amazon Store
  • Apple AppStore
  • Booking.com
  • Facebook
  • Google Maps
  • Google Play
  • Google Shopping
  • Instagram
  • LinkedIn

VLOSE:

  • Bing
  • Google

Diese Dienste müssen unter anderem Kontaktstellen für Nutzer und Behörden einrichten, kriminelle Straftaten den Behörden melden und in Bezug auf Werbung, Empfehlungssysteme oder inhaltliche Moderationsentscheidungen transparent sein. Mindestens einmal jährlich müssen sie von einem unabhängigen Prüfer geprüft werden und gegebenenfalls Maßnahmen
ergreifen, die den Empfehlungen des Abschlussprüfers entsprechen.

Welche Pflichten haben Unternehmen durch den Digital Services Act?

Durch den Digital Services Act müssen Anbieter von Vermittlungsdiensten unter anderem eine zentrale Kontaktstelle für Nutzer einrichten, die leicht auffindbar ist. Verwenden Plattformen Empfehlungssysteme, sind sie verpflichtet anzugeben, welche Kriterien sie nutzen, um Empfehlungen zu erstellen. Um die Einhaltung der Verordnung zu überwachen, kann die EU-Kommission VLOPs und VLOSE anordnen, Zugang zu ihren Datenbanken und Algorithmen zu gewähren.

Vermittlungsdienste:

  • Transparenzberichte,
  • Verpflichtung zur angemessenen Berücksichtigung der Grundrechte in Nutzungsbedingungen,
  • Zusammenarbeit mit nationalen Behörden auf Anweisung,
  • Kontaktstellen und rechtlicher Vertreter (falls erforderlich).

Hostingdienste:

  • Transparenzberichte,
  • Verpflichtung zur angemessenen Berücksichtigung der Grundrechte in Nutzungsbedingungen,
  • Zusammenarbeit mit nationalen Behörden auf Anweisung,
  • Kontaktstellen und rechtlicher Vertreter (falls erforderlich),
  • Melde-, Abhilfe-, und Informationspflichten ggü. Nutzer:innen,
  • Meldung von Straftaten.

Online-Plattformen:

  • Transparenzberichte,
  • Verpflichtung zur angemessenen Berücksichtigung der Grundrechte in Nutzungsbedingungen,
  • Zusammenarbeit mit nationalen Behörden auf Anweisung,
  • Kontaktstellen und rechtlicher Vertreter (falls erforderlich),
  • Melde-, Abhilfe-, und Informationspflichten ggü. Nutzer:innen,
  • Meldung von Straftaten,
  • Beschwerde- und Rechtsbehelfsmechanismen sowie außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren,
  • vertrauenswürdige Hinweisgeber,
  • Maßnahmen gegen missbräuchliche Meldungen und Gegendarstellungen,
  • spezielle Pflichten für Marktplätze, z. B. Überprüfung der Berechtigungen von Drittanbietern, Compliance by Design, stichprobenartige Kontrollen,
  • Verbot von Werbung, die sich gezielt an Kinder richtet oder spezielle personenbezogene Daten nutzt,
  • Transparenz der Empfehlungssysteme,
  • Transparenz von Online-Werbung zugunsten der Nutzer:innen.

Sehr große Online-Plattformen und -Suchmaschinen:

Diese müssen dieselben Pflichten erfüllen wie Online-Plattformen. Hinzu kommen:

  • Verpflichtung zu Risikomanagement und Krisenreaktion,
  • externe und unabhängige Prüfung, interne Compliance-Funktion und öffentliche Rechenschaftspflicht,
  • Möglichkeit für Nutzer:innen, Empfehlungen anhand von Profiling abzulehnen,
  • Datenaustausch mit Behörden und Forschenden,
  • Verhaltenskodizes,
  • Zusammenarbeit in Krisen.

DSA-Pflichten: Beschwerde-Management und Schutz der Nutzer

Werden illegale Inhalte gemeldet, müssen Plattformen die Meldungen sorgfältig prüfen, um die Verbreitung illegaler Inhalte zu verhindern. Auch das Beschwerde-Management muss für Nutzer leicht zugänglich sein. Nutzer haben das Recht auf ein transparentes Abhilfeverfahren, um Entscheidungen von Plattformen anzufechten. Anbieter von Onlineplattformen sollen insbesondere Beschwerden, die von vertrauenswürdigen Hinweisgebern eingereicht werden, bevorzugt behandeln. Als solche gelten etwa spezialisierte Einrichtungen mit besonderen Fachkenntnissen in diesem Bereich.

Stark betroffen sind durch den DSA auch E-Commerce und Online-Werbung. Gezielte Werbung ist für Minderjährige beispielsweise verboten, ebenso dürfen Werbeanzeigen nicht auf Religion oder sexuelle Orientierung abzielen. Jegliche Werbeanzeige ist außerdem als solche zu kennzeichnen. Außerdem muss erkennbar sein, wer für die jeweilige Anzeige bezahlt hat – durch diese Regelungen zur Transparenz wird auch die Zusammenarbeit zwischen den Plattformen und den Strafverfolgungsbehörden vereinfacht.

Welche Rechte haben Unternehmen durch den Digital Services Act?

Unternehmen haben allerdings nicht nur Pflichten, sie profitieren teilweise auch vom Digital Services Act. So sind Händler, Vermittlungsdienste, Hersteller oder Markeninhaber besser vor rechtswidrigen Praktiken in der digitalen Wirtschaft geschützt. Zu solchen Praktiken gehören beispielsweise:

  • Produktpiraterie
  • Markenpiraterie
  • Verkauf unsicherer Produkte

So schreibt der DSA beispielsweise vor, dass Online-Plattformen zuvor die Identität von Unternehmen feststellen müssen, wenn diese Firmen auf ihren Plattformen Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher verkaufen möchten.

Durch eine bessere Transparenz und bessere Schutzmechanismen können insbesondere Vermittlungsdienste auch das Vertrauen ihrer Nutzer stärken. Gleichzeitig können sich Anbieter durch die Umsetzung der DSA-Anforderungen als verantwortungsvolle Akteure positionieren.

Welche Rechte haben Nutzer laut Digital Services Act?

Für Nutzer ist es durch das Gesetzespaket in Zukunft deutlich leichter, problematische Inhalte zu melden und eine Löschung derselben zu erwirken. So eröffnen sich Nutzern neue Möglichkeiten, um gegen rechtswidrige Inhalte vorzugehen. Generell wird die Interaktion mit großen und kleinen Plattformen erleichtert.

Es ist außerdem einfacher, gegen Empfehlungen von Suchmaschinen, Social-Media-Diensten etc. auf Basis von persönlichen Daten vorzugehen – Nutzer können auf ein Opt-out bestehen.

In diesem Zusammenhang wird eine zentrale Beschwerdestelle als Meldeportal eingerichtet. Anlaufstelle ist in Deutschland die Bundesnetzagentur.

Wer ist für die Durchsetzung des Digital-Services-Act-Gesetzestexts zuständig?

Für die Durchsetzung der Vorschriften sind die unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten selbst verantwortlich. Direkt ist die EU-Kommission nur für die bereits genannten, großen Onlineplattformen zuständig. Der DSA-Koordinator für digitale Dienste ist die zentrale Stelle zur DSA-Durchsetzung auf nationaler Ebene.

Was passiert, wenn Unternehmen gegen die Richtlinien des Digital Services Act verstoßen?

Wer die Regeln nicht einhält, dem drohen mitunter hohe Geldstrafen. Um Bußgelder zu vermeiden, sollten Plattform-Inhaber die Vorgaben des Digital Services Act strikt einhalten. Im Zweifel wird vor Gericht entschieden, ob Verstöße vorliegen oder Inhalte gelöscht werden müssen. Anschließend wird die Höhe der Strafe festgelegt.