Was ist eine Risikoanalyse?
Wie der Name schon sagt: Eine Risikoanalyse prüft, welche Gefahren Ihrem Unternehmen theoretisch drohen, welche Schäden das Eintreten dieser Gefahren für Ihr Unternehmen hätte und wie wahrscheinlich es ist, dass sie tatsächlich eintreten. Dabei geht es nicht nur um unvorhersehbare Katastrophen: Eine Risikoanalyse betrachtet auch vermeintlich kleine Probleme, die sich schleichend zu einer großen Gefahr entwickeln können. Mit einer Risikoanalyse vermeiden Sie böse Überraschungen und haben im Risikofall einen Plan in der Hinterhand, um die Folgen abzumildern.
Achtung
Änderungen in der Gesetzgebung angekündigt
Laut dem im April 2025 veröffentlichten Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD soll das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) abgeschafft werden. Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz verpflichtet betroffene Unternehmen unter anderem zu einer jährlichen Risikoanalyse – diese Pflicht würde gemeinsam mit dem Gesetz entfallen.
Auch bei der europäische Lieferkettenrichtlinie CSDDD (oder CS3D) wird es Änderungen geben. Ursprünglich sollte sie große europäische Unternehmen ab Juli 2027 dazu verpflichten, Nachhaltigkeitsrisiken entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten zu identifizieren. Gemäß der am 26. Februar 2025 veröffentlichten Omnibus-Erklärung will die EU-Kommission die Nachhaltigkeitsberichts- und Aufsichtspflichten für Unternehmen entbürokratisieren. Das betrifft auch die CSDDD. Derzeit liegt lediglich ein Vorschlag der EU-Kommission vor, verbindliche Informationen gibt es – Stand April 2025 – noch nicht; mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das Inkrafttreten der CSDDD auf 2028 verschoben.
Die Grundpfeiler der Risikoanalyse
Gefahren lauern oft dort, wo man sie nicht erwartet. Deshalb bezieht eine gute Risikoanalyse alle Unternehmensbereiche ein: von Finanzen und Produktion über IT und Personal bis hin zu Einkauf und Vertrieb. Grundlage sind dabei feste Risikokriterien, also Bewertungsmaßstäbe für Eintrittswahrscheinlichkeit, Auswirkung und Handlungsbedarf. Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Schritte:
- Risikoidentifikation: Was könnte schiefgehen?
- Risikobewertung: Wie wahrscheinlich ist das Szenario? Wie schlimm wäre es und wie hoch wäre die potenzielle Schadenhöhe?
- Maßnahmenplanung: Welche Präventions- und Zusatzmaßnamen führen wir ein, um das Risiko zu verringern?
- Erfolgskontrolle: Wirken unsere Maßnahmen oder müssen wir nachbessern?
In fünf Schritten zur Risikoanalyse
- Starten Sie mit einer Bestandsaufnahme und Schwachstellenanalyse
Fragen Sie sich: Wo sind wir angreifbar? Sprechen Sie dazu am besten auch mit Ihren Mitarbeitenden – deren Risikowahrnehmung liefert oft wertvolle Erkenntnisse. - Sammeln und ordnen Sie Risiken
Erstellen Sie eine Liste mit möglichen Risiken. Gruppieren Sie sie nach Themen wie Finanzen, Lieferkette, Energieversorgung oder Klimarisiken. - Bewerten Sie jedes Risiko
Wie hoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit (sehr gering, gering, mittel, hoch)? Wie schwerwiegend wären die Folgen (verkraftbar, kritisch, existenzbedrohend)? Verwenden Sie Risikomaße und bestimmen Sie Risikoklassen sowie Schadensklassen, um Vergleiche zu ermöglichen. - Definieren Sie Maßnahmen
Überlegen Sie für jedes Risiko, wie sie es vermeiden, mindern oder gegebenenfalls auf eine Versicherung verlagern können und gehen Sie zur Risikobehandlung über. - Bleiben Sie wachsam
Risiken ändern sich, die Veränderungsgeschwindigkeit ist hoch. Überprüfen Sie Ihre Analyse mindestens einmal im Jahr und nach besonderen Ereignissen oder Vorfällen. Beziehen Sie dabei auch externe Einflüsse ein – etwa neue Vorschriften in bestimmten Ländern oder beim Zoll.
Noch ein Tipp: Halten Sie Ihre Risikoanalyse einfach und übersichtlich. Definieren sie lieber 10 wichtige Risiken als sich in 100 Details zu verzetteln.
Praxisbeispiele: So hilft eine Risikoanalyse konkret
Eine Risikoanalyse klingt theoretisch – doch in der Praxis bewahrt sie Unternehmen vor Problemen. Hier einige Beispiele, wie Betriebe unterschiedlicher Branchen Risiken erkennen und erfolgreich gegensteuern:
Finanzen:
Ein Maschinenbauunternehmen stellt fest, dass 70 % seines Umsatzes von nur einem Kunden abhängen.
➔ Maßnahme: Neukundengewinnung zur Risikostreuung.
Lieferkette:
Ein Möbelhersteller entdeckt, dass wichtige Holzlieferanten aus einer Region mit hoher Waldbrandgefahr kommen.
➔ Maßnahme: Aufbau alternativer Bezugsquellen.
IT-Sicherheit:
Ein kleines Handelsunternehmen erkennt, dass seine Daten bisher nur lokal gespeichert sind.
➔ Maßnahme: Einführung einer Cloud-basierten Datensicherung.
Fachkräfte:
Ein Handwerksbetrieb bemerkt, dass seine Belegschaft überaltert ist.
➔ Maßnahme: Start eines Ausbildungsprogramms und eine Kooperation mit Berufsschulen.
Klimarisiken:
Ein landwirtschaftlicher Betrieb erwartet zunehmende Trockenperioden.
➔ Maßnahme: Investition in neue Bewässerungssysteme und klimaresistente Sorten.
Methoden und Werkzeuge für die Risikoanalyse
Das Vorgehen für die Risikoanalyse ist ja nach Projekt, Unternehmen und Branche unterschiedlich. Für den Anfang reicht jedoch eine einfache Excel-Tabelle oft völlig aus. Darüber hinaus gibt es je nach Unternehmensgröße und Branche verschiedene Methoden und Vorgehensweisen für eine Risikoanalyse:
- Die Risiko-Matrix ordnet Risiken nach Wahrscheinlichkeit und Auswirkung in eine Tabelle ein. Sehr einfach und übersichtlich.
- Die SWOT-Analyse betrachtet interne Stärken und Schwächen sowie externe Chancen und Risiken. Sie eignet sich besonders im Rahmen einer Risikoanalyse im Projektmanagement, da sie strategische wie operative Faktoren berücksichtigt.
- Checklisten sind gerade für kleinere Unternehmen praktisch. Es gibt für die Risikoanalyse viele Vorlagen, Beispiele oder Umsetzungshilfen, speziell für verschiedene Branchen.
- Software-Tools helfen, Risiken digital zu erfassen und auszuwerten. Oft bieten sie auch Exportfunktionen für den Risikobericht.
Info
Was verbirgt sich hinter FMEA?
FMEA ist das Kürzel für Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse und eine spezielle Art der Risikoanalyse. Ziel ist es, mögliche Fehler früh zu erkennen und ihre Auswirkungen zu minimieren. FMEA ist besonders nützlich, wenn Sie Produkte herstellen oder komplexe Prozesse absichern wollen.
Die Risikoanalyse: Wer macht’s?
In kleinen Unternehmen übernimmt meist die Geschäftsführung die Risikobeurteilung. In größeren Betrieben helfen meist Fachleute aus dem Qualitätsmanagement, Controlling oder Umweltmanagement. Ganz unabhängig von der Unternehmensgröße empfiehlt es sich, die Mitarbeitenden einzubeziehen, denn sie wissen oft am besten, wo Risiken im Alltag lauern.
Gibt es eine Risikoanalyse-Pflicht?
In vielen Branchen ja – zumindest indirekt. So sind beispielsweise im Arbeitsschutz Gefährdungsbeurteilungen gesetzlich vorgeschrieben. In der Lebensmittelproduktion sind Risikoanalysen für Lebensmittelsicherheit Pflicht. Auch Banken verlangen bei Kreditvergaben oft eine Risikoanalyse.
Unsere Empfehlung: Analysieren Sie Ihre Risiken
Selbst wenn Sie nicht gesetzlich verpflichtet sind, empfiehlt es sich, etwaige Risiken sauber zu analysieren. Eine Risikoanalyse hilft, soziale, ökologische und wirtschaftliche Gefahren früh zu sehen und gezielt gegenzusteuern. Besonders wirkungsvoll ist es, die Risikoanalyse direkt im Businessplan zu integrieren – so lassen sich Chancen und Risiken gegenüber Stakeholdern nachvollziehbar darstellen. Wie wirkt sich der Klimawandel auf das Geschäft aus? Können wichtige Rohstoffe auf Sicht knapp werden? Wo gibt es Schwachstellen bei Zulieferern? Wer diese Fragen für sich beantwortet, ist gut vorbereitet, erkennt frühzeitig Handlungserfordernisse und kann schnell sowie verantwortungsvoll handeln. Das spart unter Umständen viel Geld und sorgt dafür, dass Ihr Betrieb auch in schwierigen Zeiten stabil bleibt.