Gleich vorab eine wichtige Info: Die im Koalitionsvertrag von den künftigen Regierungsparteien ausgearbeiteten Änderungen zu Steuern, sind reine Planspiele. In welcher Form diese geplanten steuerlichen Neuregelungen tatsächlich in die Steuergesetze einfließen und wann, steht noch nicht fest.
Homeoffice-Pauschale auch im Jahr 2022 abziehbar
Da die Corona-Pandemie längst nicht vorbei ist, haben die Koalitionspartner sich im Koalitionsvertrag für die Beibehaltung einer Steuervergünstigung im Jahr 2022 ausgesprochen. Die Rede ist von der Homeoffice-Pauschale von 5 Euro für jeden Tag, an dem ein Unternehmer ausschließlich im Homeoffice gearbeitet hat. Der Betriebsausgabenabzug ist auf 600 Euro pro Jahr begrenzt.
Nachbesserung bei Thesaurierungsbesteuerung
Einzelunternehmer und Mitunternehmer von Personengesellschaften können beim Finanzamt unter bestimmten Umständen einen Antrag stellen, dass sie für nicht entnommene Gewinne nicht den persönlichen Steuersatz von bis zu 42 Prozent bezahlen müssen, sondern nur einen fixen Steuersatz von 28,25 Prozent (sog. Thesaurierungsbesteuerung). Diese Regelung ist nicht neu, hat jedoch einen Haken.
Entnimmt ein Unternehmer später die ermäßigt besteuerten Gewinne doch noch, muss er eine zusätzliche Strafsteuer von 25 Prozent ans Finanzamt überweisen. Das führt zu Steuerzahlungen, die deutlich über dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent liegen.
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Positives Zeichen in Anbetracht der Corona-Pandemie
Im Koalitionsvertrag steht schwarz auf weiß, dass die Thesaurierungsbesteuerung evaluiert, geprüft und angepasst wird. Das ist insbesondere wegen der Corona-Pandemie zu begrüßen. Denn liefen die Geschäfte wegen des Lockdowns schlecht und ein Unternehmer benötigt privat dringend Geld, dürften in vielen Fällen die bisher nicht entnommenen Gewinne mit Strafsteuer entnommen werden.
Weiterentwicklung des Optionsmodells
Zum 1.1.2022 trat das neue Optionsmodell nach § 1a Körperschaftsteuergesetz in Kraft. Unternehmen, die in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft oder einer Partnerschaftsgesellschaft geführt werden, werden ab 1.1.2022 auf Antrag wie Kapitalgesellschaften besteuert. Es wird also keine Einkommensteuer mehr fällig, sondern Körperschaftsteuer und weiterhin Solidaritätszuschlag.
Auch hier beabsichtigen die Koalitionspartner zu evaluieren, zu prüfen und nachzubessern. Denkbar ist eine Ausweitung dieses Steuerprivilegs auch auf andere Rechtsformen und eine unkomplizierte Rückabwicklung des Optionsmodells.
Verlustverrechnung wird erweitert
Im Koalitionsvertrag findet sich die Aussage, dass die erweiterte Verlustverrechnung zeitlich bis Ende 2023 verlängert wird. Das bedeutet im Klartext: Verluste können bis zu einer Höhe von 5 Millionen Euro/10 Millionen Euro (Ledige/Zusammenveranlagung) mit künftigen positiven Einkünften bzw. bei Kapitalgesellschaften mit dem künftigen positiven Einkommen steuersparend verrechnet werden.
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Verlustrücktrag künftig auch im zweiten Jahr vor der Verlustentstehung
Für kleine und mittelständische Unternehmen ist diese hohe Verlustverrechnung wohl eher uninteressant, weil Verluste in dieser Höhe niemals entstehen werden. Interessanter ist dagegen die zweite Ankündigung im Koalitionsvertrag in der Rubrik Steuern zu Verlusten. Ein Verlustrücktrag (= steuersparende Saldierung des Verlusts mit Gewinnen/Einkommen aus Vorjahren) soll danach künftig nicht mehr nur ins Vorjahr möglich sein, sondern auch im zweiten Jahr vor der Verlustentstehung.
Schaffung einer Superabschreibung
Unternehmer, die in Klimaschutz und in digitale Wirtschaftsgüter investieren, sollen steuerlich dafür belohnt werden. Der Koalitionsvertrag sieht hier folgende Steuervergünstigungen vor: Für einen Anteil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für betreffende Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens soll es eine „Superabschreibung“ geben.
Wie diese aussehen könnte, ließen die Koalitionsparteien offen. Denkbar ist eine Sonderabschreibung von 50 Prozent oder mehr oder eine nur einjährige Nutzungsdauer, wie es die Bundesregierung bereits 2021 für Computerhard- und Software beschlossen hat.
Strengere Steuerregeln für Plug-in-Hybridfahrzeuge
Im Koalitionsvertrag finden sich in der Rubrik Steuern leider nicht nur positive Aspekte für Unternehmer. Ein Beispiel dafür ist die Verschärfung der Dienstwagenbesteuerung bei Plug-in-Hybridfahrzeugen.
Bisher wurde bei Ermittlung des zu versteuernden Anteils für die Privatnutzung des Plug-in-Hybridfahrzeugs nach der 1%-Regelung nur die Hälfte des maßgeblichen Bruttolistenpreises herangezogen. Nach den Plänen im Koalitionsvertrag soll dieses Steuerprivileg für neu zugelassene Fahrzeuge wegfallen, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass das Fahrzeug überwiegend (also zu mehr als 50 Prozent) rein im elektrischen Fahrbetrieb genutzt wird.
Wegfall steuerlicher Hürden bei Sachspenden
Umsatzsteuerliche Besonderheiten führen dazu, dass Unternehmen Ware lieber entsorgen als zu spenden. Denn bei Sachspenden wird aktuell noch Umsatzsteuer fällig, wenn vorher für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten Vorsteuer vom Finanzamt erstattet wurde.
Guter Ansatz im Koalitionsvertrag in der Rubrik Steuern: Es sollen bestehende steuerrechtliche Hürden für Sachspenden an gemeinnützige Organisationen durch eine rechtssichere, einfache und bürokratiearme Regelung beseitigt werden, um so die Vernichtung von Waren zu verhindern.
Modernisierung der Betriebsprüfung
Den Koalitionspartnern ist es wohl ein Anliegen, die Steuerprüfung zu modernisieren und zu beschleunigen. Um diese Ziele umzusetzen, soll die Finanzverwaltung digitaler werden. Digitale Schnittstellen sollen verbessert werden und zur Verringerung der Steuerbürokratie soll eine zentrale Organisationseinheit auf Bundesebene geschaffen werden.
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Umsetzung in kommender Legislatur realistisch?
Diese Idee sich sicherlich gut gemeint. Ob die Umsetzung allerdings in der Legislaturperiode, also in den nächsten vier Jahren umzusetzen ist, scheint zweifelhaft. Hört sich die Beschleunigung der Betriebsprüfung im ersten Lesen positiv an, kann das für Unternehmer fatale Nachteile haben. Denn geht eine Prüfung schneller über die Bühne, werden in einem Jahr deutlich mehr Unternehmer geprüft werden als bisher.
Mitteilungspflicht für nationale Steuergestaltungen
Unternehmen, die international agieren, müssen dem deutschen Fiskus bereits heute grenzüberschreitende Steuergestaltungen in einem extra Steuerformular anzeigen. Das Finanzamt ist damit in der Lage, gezielt zu prüfen, ob diese Gestaltung im Einklang mit den deutschen Steuergesetzen steht oder ob Gewinne bewusst ins niedrig besteuerte Ausland verlagert werden.
Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass künftig auch nationale Gestaltungen bei der Steuer angezeigt werden. Viele Unternehmer können sich hier aber beruhigt zurücklehnen, weil sie nicht betroffen sind. Die neue Mitteilungspflicht soll nur für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro zur Anwendung kommen.
Fairer Wettbewerb
Im Koalitionsvertrag ist ein Punkt in Sachen Steuern auch die Weiterentwicklung der Einfuhrumsatzsteuer, um im europäischen Wettbewerb gleiche Bedingungen zu schaffen. Zudem setzen sich die Koalitionspartner für die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung ein.
Weitere geplante Änderungen bei der Steuer im Schnellüberblick
Grunderwerbsteuer: Die Grunderwerbsteuer soll in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ausgestaltet werden dürfen. Beispielsweise soll durch einen Freibetrag der Erwerb von selbstgenutzten Immobilien steuerlich gefördert werden.
Sparer-Pauschbetrag: Der bisherige Sparer-Pauschbetrag bei Kapitalvermögen soll von 801 Euro/1.602 Euro (Ledige/Zusammenveranlagung) auf 1.000 Euro/2.000 Euro steigen. Kapitalerträge bis zu dieser Höhe bleiben unbesteuert.
Lohnsteuerklasse: Die Steuerklassenkombination III/V für Ehegatten soll abgeschafft werden. Für Ehegatten soll die Lohnsteuer künftig vielmehr nach der Steuerklasse IV mit Faktor berechnet werden. Eine Methode, bei der jeder Ehegatte das Nettogehalt bekommt, das ihm zusteht.
Steuerfreier Pflegebonus: Die Helden der Corona-Pandemie sollen steuerlich belohnt werden. Vorgesehen ist ein steuerfreier Pflegebonus in Höhe von bis zu 3.000 Euro.
Doppelbesteuerung von Renten: Im Koalitionsvertrag wird zum Thema „Renten und Steuern“ eine Anpassung des Sonderausgabenabzugs für Rentenversicherungsbeiträge angekündigt. Früher als geplant, also früher als 2040, sollen Arbeitnehmer 100 Prozent ihrer Beitragszahlungen als Sonderausgabe abziehen dürfen. Dadurch soll eine Mehrfachbesteuerung von Renten verhindert werden.