Anspruch auf eine Schlussbesprechung nach der Betriebsprüfung
Als Unternehmer haben Sie Anspruch auf eine abschließende Schlussbesprechung im Anschluss an eine Betriebsprüfung, bei der noch einmal alle Feststellungen durch die Teilnehmer zur Sprache kommen. Die Schlussbesprechung nach der Betriebsprüfung ist stets empfehlenswert, weil es sich hier um eine der letzten Möglichkeiten handelt, den Prüfer von Ihrer Sichtweise zu überzeugen und die Aufnahme bestimmter Feststellungen in den Abschlussbericht zu verhindern. Hier gibt es Verhandlungsspielraum – und diese Chance sollten Sie nutzen.
Video: Was tun bei einer Betriebsprüfung?
Tipp
Lassen Sie Ihren Steuerberater an der Schlussbesprechung teilnehmen
An der Schlussbesprechung sollte immer auch Ihr Steuerberater teilnehmen. Denn er kann auf Überraschungsfeststellungen des Prüfers entsprechend reagieren oder Schlimmeres durch geschicktes Taktieren verhindern.
Schlussbesprechung auch als Telefonkonferenz
Insbesondere in Zeiten von Corona sind persönliche Treffen oftmals nicht ganz einfach zu organisieren. Deshalb bieten die Prüfer des Finanzamts auch Schlussbesprechungen per Telefon oder Online an. Dazu haben die Prüfer auch das Recht. Das bedeutet im Klartext: Bietet der Prüfer eine Online- oder Telefonschlussbesprechung an und Sie lehnen ab, ist das wie ein Verzicht auf die Schlussbesprechung auszulegen (siehe dazu auch die Website des Bundesfinanzministeriums). Eine Betriebsprüfung ohne Schlussbesprechung nimmt Ihnen jedoch die Chance im Nachhinein Prüfungsfeststellungen neu zu verhandeln.
Termin zur Schlussbesprechung der Betriebsprüfung nicht überhastet vereinbaren
Händigt Ihnen der Prüfer seine schriftlich mit Fundstellen begründeten Feststellungen und die sich hieraus ergebenden steuerlichen Konsequenzen aus, sollten Sie und Ihr Steuerberater sich Zeit nehmen, diese genau zu lesen. Die Schlussbesprechung der Betriebsprüfung sollte also frühestens 2-3 Wochen nach Erhalt der Feststellungen des Prüfers stattfinden – zumindest dann, wenn es sich um zahlreiche oder um schwierig zu verstehende Feststellungen handelt.
Während dieser Phase empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
- Legen Sie die Feststellungen Ihrem Steuerberater vor.
- Gehen Sie Punkt für Punkt mit Ihrem Steuerberater durch; fragen Sie ihn, an welcher Stelle sich Gegenwehr lohnt und wo nicht.
- Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater ab, welche entlastenden Unterlagen Sie nach der Betriebsprüfung bis zur Schlussbesprechung noch heraussuchen können.
- Klären Sie mit Ihrem Steuerberater die Taktik, mit der Sie in die Schlussbesprechung gehen – und spielen Sie dieses Szenario mindestens einmal theoretisch durch.
Eine ausführliche Vorbereitung auf die Schlussbesprechung ist die halbe Miete dafür, dass Sie mit dem Prüfer des Finanzamts einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss finden. Schließlich sind beide Seiten an einer schnellen Beendigung der Betriebsprüfung ohne zeitaufwändiges Einspruchsverfahren interessiert.
Tipp
So erhalten Sie die Feststellungen des Prüfers vor der Schlussbesprechung
Vereinzelt werden Prüfer sich weigern, ihre Feststellungen schriftlich vorzulegen (als Unternehmer haben Sie darauf auch keinen gesetzlichen Anspruch). In diesem Fall sollten Sie den Prüfer darauf hinweisen, dass es sich bei dem Treffen nach der Betriebsprüfung nicht um eine Schlussbesprechung handelt, sondern lediglich um ein informelles Treffen, das nicht die Beendigung der Prüfung darstellt. Schließlich möchten Sie sich vorbehalten, auf Feststellungen reagieren zu können, die Ihres Erachtens nicht richtig sind. Eine Betriebsprüfung mit fehlender Schlussbesprechung ist rechtswidrig und gilt als Verfahrensfehler, es sei denn, es kommt nach der Prüfung zu keinerlei Änderungen.
Da Prüfer meist an einer zügigen Beendigung der Außenprüfung interessiert sind, wird er Ihnen die Feststellungen nach einem solchen Hinweis schriftlich vor der Schlussbesprechung mitteilen.
In der Schlussbesprechung ist Verhandlungsgeschick gefragt
Schlussbesprechungen einer Betriebsprüfung sind häufig Verhandlungssache, an deren Ende meist ein für beide Seiten annehmbarer Kompromiss steht. Der Prüfer seinerseits wird selbst die schwächsten Feststellungen präsentieren, die er im Zweifel vor Gericht nur schwer durchsetzen kann. Diese Feststellungen wird er im Rahmen der Schlussbesprechung „großzügig“ fallen lassen, wenn Sie dafür andere Feststellungen akzeptieren.
Doch auch Sie und Ihr Steuerberater sollten in der Schlussbesprechung nach der Betriebsprüfung vorbereitet sein: Sagen Sie dem Prüfer, wenn Sie mit einer bestimmten Prüfungsfeststellung im Prüfungsbericht überhaupt nicht einverstanden sind und dass Sie gegen diese auf jeden Fall Einspruch einlegen oder sogar klagen werden. Wenn Sie überzeugend genug sind, sieht sich der Prüfer schon am Schreibtisch Stellungnahmen schreiben und vor Gericht als Zeuge aussagen. Dabei geht auch für ihn viel Zeit verloren – Zeit, die der Prüfer nach Abschluss der Prüfung eigentlich nicht hat.
Jetzt kann sich auch Ihr Steuerberater einmischen und dem Prüfer vom Finanzamt anstatt eines zeitraubenden Einspruchs- oder Klageverfahrens nach der Betriebsprüfung einen Kompromiss vorschlagen, der zu einer signifikanten Reduzierung der Nachzahlungen führt. Im Gegenzug lassen Sie den Einspruch gegen eine bestimmte Feststellung fallen.
Tipp
Bringen Sie wichtige Argumente und Unterlagen ein
Haben Sie Unterlagen und Argumente gefunden, die einzelne Feststellungen des Prüfers nach der Betriebsprüfung entkräften oder widerlegen, empfiehlt es sich, diese Unterlagen im Rahmen der Schlussbesprechung in den Ring zu werfen.
Prüfungsbericht: Die vorletzte Möglichkeit zur Gegenwehr
Ist die Schlussbesprechung der Betriebsprüfung beendet, wird der Prüfer sich daran machen, die Feststellungen in einem Prüfungsbericht zusammenzuführen. In diesem Prüfungsbericht werden dann die steuerlichen Konsequenzen sichtbar, die einzelne Feststellungen auslösen. Bitten Sie den Prüfer um eine Einwendungsfrist zu diesem Prüfungsbericht.
Diese Einwendungsfrist (auf die Sie einen gesetzlichen Anspruch haben) beträgt zwischen 2 und 4 Wochen. Sollten Sie noch Änderungswünsche oder Probleme haben, können Sie dem Prüfer diese während dieser Einwendungsfrist mitteilen. Er kann seinen Bericht dann noch ändern.
Info
Der Prüfer muss Änderungswünsche nicht umsetzen
Der Prüfungsbericht ist kein Verwaltungsakt. Sie haben deshalb nicht die Möglichkeit, gegen die Feststellungen im Prüfungsbericht Einspruch einzulegen. Sie können Ihre Änderungswünsche nur an den Prüfer schicken und hoffen, dass er diese umsetzt. Er muss aber nicht. Geht er nicht auf Ihre Änderungswünsche ein, müssen Sie auf die geänderten Steuerbescheide warten und gegen diese mit einem Einspruch vorgehen.
Geänderte Steuerbescheide: Diese Einspruchsmöglichkeiten haben Sie
Ist die Einwendungsfrist gegen den Prüfungsbericht abgelaufen, wird der Prüfer den Bericht an die Veranlagungsstelle schicken, die für die Bearbeitung der Steuererklärungen Ihres Unternehmens zuständig sind. Der Sachbearbeiter im Finanzamt wertet dann den Bericht aus und erstellt anschließend die geänderten Steuerbescheide auf Basis der Feststellungen des Betriebsprüfers.
Gegen diese Änderung der Steuerbescheide nach der Betriebsprüfung können Sie mit einem Einspruch vorgehen. Das ist selbst dann erlaubt, wenn Sie im Rahmen der Schlussbesprechung nach der Betriebsprüfung zu einem für beide Seiten annehmbaren Kompromiss gekommen sind. Sie sind an diesen Kompromiss nicht gebunden. Ein Einspruch gegen einen (nach einer Betriebsprüfung geänderten) Steuerbescheid kann folgende Konsequenzen haben:
- Der Betriebsprüfer wird vom Sachbearbeiter im Finanzamt über den Einspruch informiert und dazu aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben.
- Durch den Einspruch ist der Steuerfall wieder offen. Kommt es dadurch wider Erwarten zu einer noch höheren Steuernachzahlung, können Sie die zusätzliche Nachzahlung nur durch Rücknahme des Einspruchs verhindern.
- Ziehen Sie den Einspruch nicht zurück und es ist keine Einigung mit dem Prüfer in Sicht, geht der Streitfall in die Rechtsbehelfsstelle im Finanzamt. Kann auch hier keine Einigung erzielt werden, hilft gegen eine Einspruchsentscheidung nur noch die Klage beim Finanzgericht.
Tatsächliche Verständigung: Planungssicherheit für Folgejahre
Haben Sie für den Prüfungszeitraum einen für Sie günstigen Kompromiss mit dem Prüfer des Finanzamts zu einem schwer ermittelbaren Sachverhalt erzielt (z. B. Zuschätzungen zum Gewinn und Umsatz wegen Mängeln in der Buchführung bzw. Kassenführung), sollten Sie diesen Kompromiss möglichst auch auf andere, bereits abgelaufene Geschäftsjahre ausdehnen, die nicht Teil der Prüfung waren. Möglich wird das durch die sogenannte „tatsächliche Verständigung“. Diese Sonderform der Einigung für schwer ermittelbare Sachverhalte ist in einem BMF-Schreiben aus dem Jahr 2008 geregelt (BMF, Schreiben v. 30.7.2008, Az. IV A 3 - S 0223/07/10002). Für grenzüberschreitende Sachverhalte gelten die Regelungen zur tatsächlichen Verständigung im BMF-Schreiben vom 23.6.2023 (Az. IV D 1 - S 0223/20/10001 :003).
Beispiel: Ein Betriebsprüfer stellt die Buchführung der Jahre 2019 bis 2021 wegen Mängeln infrage und nimmt nach einem Kompromiss mit dem Unternehmer Zuschätzungen zum Gewinn in Höhe von 10 Prozent pro Jahr vor. Die Prüfung endete im Juni 2022. Da der Unternehmer den Kompromiss als für sich günstig einschätzt und Rechtssicherheit haben will, bittet er für die bereits abgelaufenen und noch nicht geprüften Geschäftsjahre - also für die Jahre 2022 bis 2024 um eine tatsächliche Verständigung. Damit würde er erreichen, dass das Finanzamt auch für die noch nicht geprüften Jahre den Gewinn um die ausgehandelten 10 Prozent erhöht. Ohne tatsächliche Verständigung riskiert er, dass ein anderer Betriebsprüfer zu einem späteren Zeitpunkt zu einem für ihn deutlich schlechteren Ergebnis kommt.
Tipp
Kostenlose Checkliste zur Vorbereitung einer Betriebsprüfung
Damit Sie bei der Betriebsprüfung keine bösen Überraschungen erleben, haben wir eine kostenlose Checkliste mit allen Unterlagen, die Sie vor der Betriebsprüfung sichten sollten, für Sie erstellt. Diese können Sie hier herunterladen.
Info
Strafe nach der Steuerprüfung
Übrigens sollten Sie sich auf eine Betriebsprüfung und Schlussbesprechung gut vorbereiten. Wird in Ihrem Unternehmen Steuerbetrug oder eine fehlerhafte Buchhaltung nachgewiesen, müssen Sie mit Geld- oder im schlimmsten Fall sogar Freiheitsstrafe rechnen. Wie hoch diese ausfällt, hängt vom Umfang des verursachten Steuerschadens ab.