Gewinnvortrag

Jedes Unternehmen hat das Ziel, Gewinn zu erwirtschaften – und es gibt viele Möglichkeiten, diesen einzusetzen. Er wird dafür verwendet, um Dividenden auszuschütten, Aufwendungen zu finanzieren, Rechnungen zu bezahlen oder Rücklagen zu bilden. Bleibt nach dieser Verteilung noch etwas vom Gewinn übrig, kann dieser mit ins neue Geschäftsjahr genommen werden. Die dazugehörige Bezeichnung in der Bilanzbuchhaltung nennt sich Gewinnvortrag. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie man den Gewinnvortrag berechnet sowie alle weiteren wichtigen Informationen, die Sie zu diesem Thema wissen müssen.

Zuletzt aktualisiert am 27.11.2024
© style67 - stock.adobe.com

Zusammenfassung

Der Gewinnvortrag im Überblick

  • Der Gewinnvortrag ergibt sich erst nach der vollständig abgeschlossenen Gewinnverwendung.
  • Der Gewinnvortrag ist meistens kleiner als der Bilanzgewinn und das Jahresergebnis.
  • Er wird in das nächste Geschäftsjahr übernommen und dort als erster Posten in der Unternehmensbilanz aufgeführt.
  • Er wird nur von Kapitalgesellschaften berechnet.
  • Der Gewinnvortrag gilt als Eigenkapital.

Definition

Was ist ein Gewinnvortrag in der Buchhaltung?

Am Ende eines Geschäftsjahres wird der Gewinn des Unternehmens verteilt. Der sogenannte Gewinnverwendungsbeschluss bestimmt dabei, wie der erwirtschaftete Gewinn aufgeteilt werden soll. Er kann zum Beispiel zur Schuldentilgung oder Rücklagenbildung verwendet oder als Dividende den Aktionären ausgeschüttet werden. Man bezeichnet den Gewinnvortrag als den Restbetrag, der nach dieser Verteilung noch übrigbleibt. Dieser wird dann mit ins neue Geschäftsjahr genommen. Er gilt als Teil des Eigenkapitals und ist als solcher in der Bilanz des nächsten Geschäftsjahres auszuweisen. Der Gewinnvortrag wird also mit dem Gewinn oder Verlust des folgenden Geschäftsjahres verrechnet.

Auch der Vergleich Gewinnvortrag vs. Gewinnrücklage ist wichtig. Denn ein Gewinnvortrag kann im nächsten Geschäftsjahr ausgeschüttet werden, während die Rücklage zur finanziellen Stärkung gesichert werden. 

Warum macht man einen Gewinnvortrag?

Mit dem Gewinnvortrag kann ein Unternehmen vorhersehbare Ausgaben im nächsten Geschäftsjahr berücksichtigen und somit etwaige Verluste direkt ausgleichen. Ähnlich wie eine Rückstellung – es muss sich jedoch um einen Gewinn- und nicht um einen Verlustvortrag handeln. So lassen sich Gewinne und Verluste auf verschiedene Geschäftsjahre verteilen, sodass Gewinnschwankungen dadurch weniger stark hervortreten.

Info

Wer kann einen Gewinnvortrag vornehmen?

Der Gewinnvortrag kommt in erster Linie bei Kapitalgesellschaften – bei der GmbH und AG – zum Einsatz und gilt nicht für Einzelunternehmen oder Personengesellschaften (KGs oder OHGs). Letztere nehmen keinen Gewinnvortrag vor, denn Einzelunternehmer können ohnehin frei über ihren Gewinn verfügen. Im Gegenzug tragen sie aber auch das volle Risiko der persönlichen Haftung.

Was ist ein Verlustvortrag?

Auch der Verlustvortrag stellt einen Bestandteil des Jahresabschlusses dar. Hat das Unternehmen statt eines Gewinns einen Verlust erwirtschaftet – ist die Ziffer also negativ und es bleibt kein Gewinn übrig – spricht man von einem Verlustvortrag auf das neue Geschäftsjahr. Der Verlustvortrag wird mit dem Gewinnvortrag gleichzeitig als erster Posten in der Bilanz des neuen Geschäftsjahres aufgeführt. Er kann dann jedoch durch ausreichende Gewinne im laufenden Geschäftsjahr wieder ausgeglichen werden.

Man bezeichnet den Verlustvortrag auch als Jahresfehlbetrag. Ist dieser in mehreren aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zu verzeichnen, ist das Unternehmen insolvenzgefährdet.

Wie berechnet man den Gewinnvortrag?

Infografik von Lexware zur Darstellung von Berechnung des Gewinnvortrags

Um den Restgewinn zu berechnen, muss zuerst der Jahresüberschuss aus dem Jahresabschluss ermittelt werden. Um den Unterschied zwischen Jahresüberschuss und Gewinnvortrag zu erklären, hilft folgender Hinweis: Als Jahresüberschuss bezeichnet man die Summe der Gewinne aus dem operativen Geschäft; er gilt auch als sogenannter Reingewinn. Es handelt sich also um den Beitrag, der im Unternehmen übrigbleibt.

Rechnet man zum Jahresüberschuss den Gewinnvortrag aus dem Vorjahr dazu (bzw. zieht den Verlustvortrag des Vorjahres ab) und addiert die Entnahmen aus den Rücklagen (bzw. zieht die Einstellung in Rücklagen ab), dann ergibt sich daraus der Bilanzgewinn (bzw. der Bilanzverlust). Der Bilanzgewinn bildet eine Art Zwischenstufe bei der Berechnung des Gewinnvortrags.

Er bildet damit den Ausgangspunkt für den Gewinnverwendungsbeschluss. Aus dem ermittelten Betrag  werden nun alle Aufwendungen finanziert: Dividendenausschüttungen, Kapitalrücklagen und sonstige Aufwendungen. Wie der ermittelte Überschuss verwendet wird, bestimmt bei einer Aktiengesellschaft (AG) die Hauptversammlung der Aktionäre und bei einer GmbH berechnet die Gewinnverteilung die Gesellschafterversammlung. Davon gibt es folgende Ausnahme, sofern dafür eine gesetzliche Vorgabe vorliegt oder die Gewinnverteilung durch eine Satzung geregelt ist.

Übrigens: Der Unterschied zwischen Gewinnrücklagen und Gewinnvortrag bezieht sich auch auf die Berechnung. Denn Gewinnrücklagen berechnen sich aus dem Prozentsatz des Jahresüberschusses. Bei AGs sind das in der Regel 5 % des Jahresüberschusses als gesetzliche Rücklage, bis diese 10 % des Grundkapitals erreicht. Darüber hinaus können auch freiwillige Rücklagen gebildet werden. Diese freiwilligen Gewinnreserven können durch einen Beschluss der Gesellschafter oder Aktionäre aufgelöst werden. 

Bilanzgewinn vs. Gewinnvortrag: Die Abgrenzung

Es kann vorkommen, dass kein Gewinnvortrag ermittelt wird. Wenn beim Jahresabschluss bereits festgelegt wird, wie der gesamte oder ein Teil des Jahresüberschusses verwendet wird, ist kein Gewinnvortrag mehr möglich. In diesem Fall wird der Restbetrag als Bilanzgewinn betrachtet.

Es gibt zudem gesetzliche Vorgaben: Bei einer GmbH haben die Gesellschafter laut GmbH-Gesetz Anspruch auf den Jahresüberschuss, einschließlich Gewinnvortrag. Personengesellschaften hingegen haben keinen Gewinnvortrag, da der Gewinn direkt den Gesellschaftern zugerechnet wird. Diese Regelung kann jedoch im Gesellschaftsvertrag geändert werden. Auch bei Personengesellschaften liegt die Entscheidung über die Gewinnverwendung bei den Gesellschaftern, sodass durch ihre Beschlüsse ebenfalls Gewinnvorträge entstehen können.

Grundlage ist stets der Gewinn aus dem operativen Geschäft. Doch es gilt: Nicht der gesamte Betrag am Ende zählt als tatsächlicher Gewinn. Zunächst müssen zum Beispiel die Anteilseigner beteiligt und die Rücklagen gebildet werden.  

Um diesen zu berechnen, ziehen Sie vom Bilanzgewinn die Dividenden, Rücklagen und Aufwendungen ab. Je nach Situation können hier verschiedene Posten berücksichtigt werden, daher betrachten Sie die Berechnung nur im Detail. 

Info

Steuerliche Auswirkungen beim Gewinnvortrag

Zur Erinnerung: Als Gewinnvortrag (oder Verlustvortrag), gilt nur der Betrag, der auch tatsächlich mit in das nächste Geschäftsjahr übernommen wird. Den Übergangsgewinn müssen Sie in die Bilanz buchen: Der Gewinnvortrag stellt für das neue Geschäftsjahr immer den ersten Posten in der Unternehmensbilanz dar. Steuerlich wirkt sich ein Gewinnvortrag nicht aus, da er bereits im Vorjahr versteuert wurde.

Schließlich wird der Gewinnvortrag auf der Passivseite der Unternehmensbilanz ausgewiesen und verbucht. Diese Seite bildet die Herkunft der Mittel des Unternehmens ab, d.h., aus den Passiva des Unternehmens lässt sich ablesen, woher das Kapital für die Aktiva gekommen ist.

Die Berechnung des Bilanzgewinns und Gewinnvortrags

Die konkrete Berechnung sieht wie folgt aus:

Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag aus dem Geschäftsjahr
+ Gewinnvortrag bzw. MINUS Verlustvortrag aus dem Vorjahr
+ Entnahme aus Rücklagen (Kapital, Gewinn oder gesetzliche Rücklagen) bzw. MINUS Einstellung in Rücklagen
= Bilanzgewinn oder Bilanzverlust

Bilanzgewinn bzw. Bilanzverlust
- Dividendenausschüttung
- Einstellung in andere Rücklagen
- zusätzliche Aufwendungen
= Gewinnvortrag oder Verlustvortrag

Ein konkretes Beispiel zum Gewinnvortrag

Als Beispiel nehmen wir die xy AG, die ein Jahresergebnis in Höhe von 50 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Dieser Jahresüberschuss wird jetzt, laut Gewinnverwendungsbeschluss, verteilt. Diese Verteilung sieht wie folgt aus:

  1. Zunächst wird ein Verlustvortrag in Höhe von 3 Millionen Euro aus dem vorherigen Geschäftsjahr beglichen, sodass nun noch 47 Millionen Euro übrig sind.
  2. Davon entnimmt das Unternehmen noch 7 Millionen Euro für Rücklagen, da die xy AG derzeit Probleme mit einem Kunden hat und sich auf einen drohenden Rechtsstreit vorbereiten will.
  3. Nun sind noch 40 Millionen Euro übrig – dies ist der Bilanzgewinn.
  4. Die letzte Hauptversammlung der Aktionäre hat beschlossen, dass eine Dividendenausschüttung in Höhe von 20 Millionen Euro erfolgen soll.  Die Aktionäre erhalten damit 20 Millionen Euro - weitere 20 Millionen Euro sind jetzt noch vom Jahresergebnis übrig. Davon werden noch offene Aufwendungen in Höhe von 5 Millionen Euro beglichen.
  5. Es bleibt somit ein Gewinnvortrag von insgesamt 15 Millionen Euro, der in die Bilanz des folgenden Geschäftsjahres übernommen wird.

Anhand dieses Beispiels lässt sich gut erkennen, dass man sich nicht vom Jahresergebnis täuschen lassen darf, da am Ende beim Gewinnvortrag meist ein völlig anderer Wert als der des Jahresüberschusses herauskommt.

Gibt es einen Gewinnvortrag auch bei Einzelunternehmen oder Personengesellschaften?

Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften (KGs oder OHGs) gibt es keinen Gewinnvortrag. Der Inhaber eines Einzelunternehmens bringt das gesamte Eigenkapital auf und haftet mit seinem gesamten Geschäfts- und Privatvermögen. Er ist im Gegenzug völlig frei in seinen Entscheidungen und hat Anspruch auf den gesamten erwirtschafteten Gewinn.

Der Gewinnvortrag wird also nur von Kapitalgesellschaften berechnet, weil die Anteilseigner, also Gesellschafter und Aktionäre, hier ihr Kapital zur Verfügung stellen.

Der Gewinnvortrag schafft einen Überblick über verfügbares Kapital

Grundsätzlich hilft die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) dabei, den Überblick über die Einnahmen und Ausgaben über eine gewisse Periode hinweg zu behalten. Der Gewinnvortrag kann dabei als Kennzahl für verfügbares Kapital herangezogen werden. Dies ist beispielsweise bei der Suche nach Investoren wichtig, da verfügbares Kapital für Investoren eine interessante Information darstellt. Die Aussagekraft der Kennzahl gilt jedoch als gering, da die Entstehung nur geringfügig ermittelt werden kann. 

Jedoch gibt der Gewinnvortrag keinen Einblick darüber, wie genau der Gewinn erzielt wurde und wie er sich zusammensetzt. Außerdem ist er eine zeitbezogene Zahl, denn die Bilanz kann sich innerhalb kürzester Zeit ändern. Zum Beispiel, wenn hohe Kosten für Reparaturen oder Neuanschaffungen auf dem Zettel stehen.