Green Nudging als alternativer Weg zur gelebten Nachhaltigkeit
Wenn es um die Etablierung nachhaltiger Handlungsweisen geht, stehen Unternehmen vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Der Energiebedarf soll gesenkt, die Lieferkette hinterfragt und unter Umständen sogar das gesamte Produktportfolio angepasst werden. Und dann wären da noch die Mitarbeitenden, die eine große Rolle im nachhaltigen Wandel spielen – schließlich sind sie diejenigen, die die nachhaltigen Maßnahmen umsetzen müssen. Viele Unternehmen setzen deshalb auf klassische Anreize, um nachhaltiges Handeln in der Belegschaft zu etablieren und bei den Verbrauchern zu etablieren: finanzielle Entlohnung, Verbote klimaschädlicher Verhaltensweisen und Konzepte oder plumpe Appelle.
Ein Konzept, das einen anderen Weg wählt, ist das des „Green Nudgings“: Der Begriff "Nudging" stammt aus dem Englischen und bedeutet "anstupsen". Green Nudging bezeichnet also kleine Anstöße, die Menschen zu umweltfreundlicherem Verhalten ermutigen sollen, ohne dabei auf klassische Methoden wie Verbote oder finanzielle Anreize zurückzugreifen. Stattdessen wird die Entscheidungsumgebung so gestaltet, dass die nachhaltige Option zur naheliegenden Wahl wird, ohne dass ein Verbot klimaschädlicher Optionen nötig ist. Das bedeutet konkret: Die Entscheidungsfreiheit im Alltag bleibt erhalten – es wird jedoch ein sanfter Impuls in die gewünschte Richtung gegeben. Das kann zum Beispiel ein Aufkleber auf dem Lichtschalter sein, der daran erinnert, das Licht beim Verlassen des Raumes auszuschalten. Es ist also auch jederzeit möglich, den „Nudge“ zu vermeiden und bewusst eine andere Entscheidung zu treffen.
Info
Die Ursprünge von Green Nudging
Das Konzept des Green Nudging basiert auf der Nudge-Theorie, die von den Verhaltensökonomen Richard Thaler und Cass Sunstein entwickelt wurde. In ihrem Buch "Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness" erklären sie, wie kleine Anstöße (Nudges) das Verhalten von Menschen beeinflussen können, ohne ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Diese Theorie hat ihre Wurzeln in der Verhaltensökonomie, die untersucht, wie psychologische, soziale und emotionale Faktoren die wirtschaftlichen Entscheidungen von Individuen beeinflussen.
Die Bedeutung von Green Nudging für den nachhaltigen Wandel
Green Nudging zielt auf die Veränderung natürlicher Verhaltensweisen und Entscheidungsprozesse eines Menschen ab. Damit spielt es eine entscheidende Rolle bei der Förderung nachhaltigen Verhaltens: Viele Personen und Unternehmen haben zwar ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein, setzen dieses aber nicht immer in konkretes Handeln um – es fehlt oft der entscheidende Anstoß, um Gewohnheiten zu ändern. Durch die subtilen Anreize des Green Nudgings können Menschen dazu gebracht werden, diese Barrieren zu überwinden und umweltfreundlichere Entscheidungen zu treffen, ohne dass sie sich bewusst für eine Verhaltensänderung entscheiden müssen.
Wie Unternehmen von Green Nudges profitieren
Im Umweltschutz spielen die kleinen Veränderungen also eine große Rolle. Gleichzeitig bietet die Nutzung von Green Nudging im unternehmerischen Kontext Vorteile, besonders gegenüber traditionellen Ansätzen wie Regulierungen oder finanziellen Anreizen:
- Kosteneffizienz: Green Nudges sind oft kostengünstiger als umfassende Regulierungen oder finanzielle Anreize und tragen gleichzeitig zur Stärkung einer nachhaltigen Wirtschaft bei.
- Akzeptanz: Da Nudges die Entscheidungsfreiheit der Menschen nicht einschränken, stoßen sie in der Regel auf höhere Akzeptanz.
- GelebteNachhaltigkeit: Nudges können langfristige Verhaltensänderungen fördern, da sie auf den natürlichen Entscheidungsprozessen der Menschen basieren.
Wie funktioniert Green Nudging? Beispiele für die Umsetzung in Unternehmen
Doch wie beeinflusst Green Nudging nun konkret das Verhalten von Mitarbeitenden in Unternehmen? Thaler und Sunstein unterscheiden zwischen zehn verschiedenen Nudges als Maßnahmen, die die Entscheidungsfindung von Menschen beeinflussen:
Voreinstellung
Die Standardoption wird so eingestellt, dass sie umweltfreundliche Verhaltensweisen bevorzugt. Mitarbeitende müssen sich also aktiv gegen die nachhaltige Handlungsweise entscheiden. Das kann zum Beispiel der doppelseitige Druck als Standard sein.
Vereinfachung
Komplexe Inhalte werden einfacher und verständlicher dargestellt. Unternehmen könnten beispielsweise eine App anbieten, die den persönlichen CO2-Fußabdruck leicht und verständlich darstellt – und gleichzeitig Tipps zur Reduzierung gibt.
Soziale Normen
Das Verhalten anderer wird als Orientierung genutzt. So könnte ein Unternehmen beispielsweise regelmäßig darauf hinweisen, wie viele Mitarbeitende mit emissionsarmen Verkehrsmitteln zur Arbeit pendeln.
Bequemlichkeit
Die gewünschte, umweltfreundliche Verhaltensweise wird leichter zugänglich gemacht. Das lässt sich unter anderem erreichen, indem pflanzliche Gerichte in der Kantine prominent platziert werden, um den Fleischkonsum zu reduzieren.
Offenlegung von Informationen
Relevante Informationen werden klar und verständlich präsentiert und zugänglich gemacht. Unternehmen können ein internes „Nachhaltigkeits-Dashboard“ implementieren, das unter anderem den Energieverbrauch oder eine Fortschrittsanzeige für Nachhaltigkeitsziele enthält.
Relevante Informationen werden klar und verständlich präsentiert und zugänglich gemacht. Unternehmen können ein internes „Nachhaltigkeits-Dashboard“ implementieren, das unter anderem den Energieverbrauch oder eine Fortschrittsanzeige für Nachhaltigkeitsziele enthält.
Warnhinweise
Es werden deutliche Hinweise auf negative Konsequenzen einer bestimmten Handlungsweise gegeben. Das kann zum Beispiel der Einbau eines Kühlschrank-Alarms sein, der aktiviert wird, sobald die Tür des Kühlschranks zu lange offensteht.
Strategie der Selbstbindung
Menschen werden dazu ermutigt, sich selbst zu verpflichten. So können Unternehmen ihre Mitarbeitenden im Rahmen einer internen Challenge dazu verpflichten, einen Monat lang mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen.
Erinnerung
Regelmäßige Hinweise auf gewünschtes Verhalten. Das können unter anderem Sticker auf Lichtschaltern sein, die daran erinnern, das Licht beim Verlassen eines Raumes auszuschalten.
Implementierung von Umsetzungsabsichten
Dabei handelt es sich um konkrete Pläne zur Umsetzung von Zielen. Beispielsweise könnte ein Unternehmen einen detaillierten Plan erstellen, wie Mitarbeitende Plastik im Büro reduzieren können.
Feedback
Durch eine Rückmeldung zu ihrer Verhaltensweise sehen Mitarbeitende, wie sich ihr Tun auf die Umwelt auswirkt. Das kann zum Beispiel eine visuelle Darstellung des verursachten Abfalls sein.
Viele dieser Nudges lassen sich miteinander verbinden und auf verschiedene Unternehmensbereiche anpassen. Orientierung geben sogenannte Nudge-Kataloge, die von Mobilität, über Ressourcennutzung bis hin zu Wasserverbrauch verschiedene Nachhaltigkeitsziele abdecken.
So können Unternehmen Green Nudges implementieren
Auch wenn Nudges selbst kleine Anstöße sind – für die Implementierung ist einiges an Vorarbeit nötig. Die Einführung sollte gut durchdacht und geplant sein, um am Ende auch wirklich einen Effekt erzielen zu können. Orientieren Sie sich dabei an den folgenden fünf Schritten:
- Analyse: Identifizieren Sie Bereiche, in denen nachhaltiges Verhalten gefördert werden kann.
- Zielsetzung: Definieren Sie klare Ziele für die gewünschten Verhaltensänderungen. Behalten Sie dabei auch Ihre Nachhaltigkeitsstrategie im Blick und achten Sie darauf, die Nachhaltigkeit zu messen.
- Design: Entwickeln Sie spezifische Nudges, die auf die identifizierten Bereiche abzielen. Lassen Sie sich dabei von Nudge-Katalogen inspirieren.
- Implementierung: Setzen Sie die Nudges in Ihrer Organisation um.
- Evaluation: Überwachen und bewerten Sie die Wirksamkeit der Nudges und passen Sie sie bei Bedarf an.