Die aktuelle Situation
Nach der Geburt eines Kindes müssen Partner bisher wieder direkt arbeiten gehen, es sei denn, sie nehmen Urlaub oder einen Teil der Elternzeit inkl. Elterngeld. Einen gesetzlichen Anspruch auf Sonderurlaub gibt es nicht, jedoch ist eine bezahlte Freistellung bei „vorübergehender Verhinderung“ laut § 616 BGB möglich. Die Geburt des eigenen Kindes wird von diesem Paragraphen abgedeckt. In manchen Arbeitsverträgen wird dieser Fall jedoch ausgeschlossen – das ist rechtlich zulässig. Außerdem zeigt die Realität, dass eine längere Freistellung vonnöten ist, um die Mutter nach der Geburt zu entlasten und sich als Familie zu finden. Mit dem Gesetz zur Familienstartzeit soll es Erleichterungen geben.
Familienstartzeitgesetz: Umsetzung einer EU-Richtlinie
Das sog. Familienstartzeitgesetz soll die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ (EU-Richtlinie 2019/1158) in nationales Recht umsetzen. Die Richtlinie trat bereits 2019 in Kraft. Deutschland ist zur Umsetzung dieser Richtlinie verpflichtet und hätte dies eigentlich bereits bis 2022 umsetzen müssen. Doch das Gesetzgebungsverfahren verzögert sich. Noch konnte die Koalition keine Einigung erzielen. 2024 bleibt es also bisher nur beim Gesetzentwurf zum Familienstartzeitgesetz. Dieser befindet sich noch in der Ressortabstimmung. Das Gesetz zur Familienstartzeit ist also nach wie vor nicht beschlossen.
Aus diesem Grund wurde auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland durch die EU eingeleitet. Die Umsetzung der EU-Richtlinie wird kommen. Doch wann genau das Gesetzgebungsverfahren über die Familienstartzeit abgeschlossen sein wird, ist noch nicht bekannt.
Hintergrund des Familienstartzeitgesetzes: Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Im September 2023 veröffentlichte das Familienministerium den Väterreport. In diesem Rahmen äußerte sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus über den Referentenentwurf des Familienstartzeitgesetzes und kündigte die Einführung einer zehntägigen Freistellung für Väter bzw. gleichgestellte Elternteile an, die bezahlt wird:
„Das gesellschaftliche Vaterbild und die eigenen Vorstellungen von Vätern haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich hin zu mehr Partnerschaftlichkeit gewandelt. Der Väterreport zeigt aber zugleich, dass es immer noch eine Lücke gibt zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei der Aufgabenteilung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. […]
Mit der Familienstartzeit möchte ich Eltern in ihrem Wunsch unterstützen, sich in der frühen Familienphase partnerschaftlich einzuspielen. Väter sollen sich künftig für die ersten zehn Arbeitstage nach der Geburt ihres Kindes bei vollem Lohnausgleich freistellen lassen können. Gelingt eine partnerschaftliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie von Anfang an, stärkt das gerade auch in Krisenzeiten die Stabilität der gesamten Familie“.
Was bedeutet das Familienstartzeitgesetz?
Häufig nehmen sich Partner Urlaub, um Zeit mit Mutter und Kind nach der Geburt verbringen zu können. Mit dem Gesetz zur Familienstartzeit soll eine neue gesetzliche Regelung künftig für Entlastung sorgen, sodass Beruf und Familie leichter miteinander vereinbar sind und die Aufgabenteilung besser organisiert werden kann. Auf diese Weise kann beispielsweise der Vater einen bezahlten Sonderurlaub in Anspruch nehmen.
Mit der Partnerfreistellung bei voller Lohnfortzahlung soll so nach der Geburt eine Freistellung von der Arbeit von bis zu zehn Arbeitstagen ermöglicht werden.
Die Startzeit für Eltern soll es Familien nach einer Geburt in der frühen Familienphase möglich machen, mehr Zeit miteinander verbringen können. So können neue Aufgaben gemeinsam besser bewältigt werden, ohne dass der Alltag des Partners oder der Partnerin direkt wieder sämtliche Aufmerksamkeit fordert.
Wer kann die Freistellung durch das Familienstartzeitgesetz in Anspruch nehmen?
Die Freistellung durch das Familienstartzeitgesetz soll für
- den anderen Elternteil,
- den Lebenspartner (der im gemeinsamen Haushalt lebt) oder
- eine Person, die die Frau gewählt hat,
möglich sein.
Auch für alleinerziehende Personen ist die Familienstartzeit eine Bereicherung. Mit dieser Regelung können Alleinerziehende eine Person frei wählen und auf diese Weise in den ersten Tagen nach der Geburt Unterstützung (zum Beispiel von einer guten Freundin) erhalten.
Wenn Väterurlaub bzw. die Freistellung nach dem Familienstartzeitgesetz in Anspruch genommen werden soll, dann sollten Beschäftigte dem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen.
Info
Nachweis für Arbeitgeber
Für die Freistellung kann der Arbeitgeber einen Nachweis über die Entbindung verlangen. Die Mutter kann entsprechend ein ärztliches Zeugnis oder das Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers aushändigen. Dabei muss beachtet werden: Die Mutter darf das Zeugnis nur für eine Person ausstellen lassen.
Welche Entlohnung erhält der Partner bei Freistellung durch das Familienstartzeitgesetz?
Bei der Freistellung durch das Gesetz zur Familienstartzeit soll ein Partnerschaftslohn vom Arbeitgeber ausbezahlt werden. Dies erfolgt laut den aktuellen Plänen in der Höhe des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor der Entbindung.
Was müssen Arbeitgeber im Rahmen des Familienstartzeitgesetzes beachten?
Einige Arbeitgeber haben sicherlich bereits mit dem Gedanken gespielt, ab 2024 ihren Arbeitnehmern eine entsprechende Freistellung bei der Geburt ihres Kindes zu gewähren. Doch da das Gesetz zur Familienstartzeit und damit der Partnerschaftslohn bisher noch nicht beschlossen wurde, müssten Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen derzeit komplett selbst finanzieren.
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Gesetzgebungsverfahren im Blick behalten
Sicher ist: Eine Partnerfreistellung wird kommen! Arbeitgeber sollten das Gesetzgebungsverfahren zur Familienstartzeit darum weiter im Blick behalten. Entsprechend müssen Arbeitgeber dies bei der Planung der Betriebsabläufe im Hinterkopf behalten. Wir halten Sie in diesem Artikel auf dem Laufenden.
Finanzierung durch ein Umlageverfahren
Die Finanzierung der Freistellung nach dem Familienstartzeitgesetz soll nicht auf Unternehmen abgewälzt werden. Geplant ist, dass als Finanzierungsmodell für den Partnerschaftslohn das Umlageverfahren U2 zum Einsatz kommt. Arbeitgeber sind mit diesem Verfahren bereits durch die Regelungen zum Mutterschutz vertraut. Mit anderen Worten: Arbeitgeber erhalten Erstattungen der Kosten durch die Krankenkassen. So befürwortet es ein Gutachten, das der wissenschaftliche Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ zuvor in Auftrag gegeben hatte.
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Finanzierungsfrage als Grund der Verzögerung
Die Finanzierung des Familienstartzeitgesetzes wird politisch noch kontrovers diskutiert. Das Gesetzgebungsverfahren ist deshalb ins Stocken geraten.
Vaterschaftsurlaub wird von Unternehmen gefördert
Immer mehr Unternehmen versuchen, ihren Mitarbeitern attraktive Bedingungen zu bieten, gerade auch in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So wurde beispielsweise im September 2023 bekannt, dass der Konzern SAP einen Vaterschaftsurlaub von sechs Wochen bei voller Bezahlung ab 2024 gewähren will. Das Projekt wurde jedoch gestoppt – mit Verweis auf das noch nicht beendete Gesetzgebungsverfahren. Der Konzern Henkel hingegen gab im Januar 2024 bekannt, dass eine achtwöchige Elternzeit bei voller Bezahlung für die Mitarbeiter weltweit eingeführt wird.
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Weitere Maßnahmen geplant
Das Gesetz zur Familienstartzeit enthält weitere geplante Maßnahmen für Eltern, wie beispielsweise die Anpassung der Regelung im Elterngeld bei zu früh geborenen Kindern und Änderungen im Unterhaltsvorschussgesetz.