Arbeitnehmerhaftung: Wann haften Mitarbeiter für ihre Fehler?

Fehler sind menschlich. Dass ein Mitarbeiter bei seiner Arbeit auch einmal einen Schaden verursacht, muss als Betriebsrisiko immer mit eingeplant werden. Sind Maschinen, Fahrzeuge oder wertvolle Güter betroffen, kann das allerdings richtig teuer werden. Wie weit die Arbeitnehmerhaftung geht, ob ein Angestellter Ihnen den Schaden ersetzen muss und in welchem Umfang, hängt von der Art des Schadens ab, vom Grad seiner Schuld – und auch davon, welche Haftungsanteile ihm finanziell zuzumuten sind.

Zuletzt aktualisiert am 02.07.2024
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Für Sachschäden gilt die Arbeitnehmerhaftung

Es gilt also zu klären, in welchem Schadensfall diese Form der Absicherung eintritt:

  • Die Berufsgenossenschaft ist nur für die Regulierung von Personenschäden zuständig.
  • Für Sachschäden, die bei einem Arbeitsunfall entstehen, gilt grundsätzlich die Arbeitnehmerhaftung.
  • Das bedeutet, dass Ihr Mitarbeiter grundsätzlich für die Schadensfolgen selbst haftet.
  • Ist der Schaden bei einer betrieblichen Arbeit entstanden, gelten die von der Rechtsprechung aufgestellten Regeln zur Haftungserleichterung.
  • Hat Ihr Mitarbeiter nur leicht fahrlässig gehandelt, ist er von Ihnen als Arbeitgeber von der Haftung freizustellen.
  • Bei normaler Fahrlässigkeit entscheiden die Umstände im Einzelfall.

Sonderfall: Wann der Mitarbeiter für ein Manko haftet

Ein Sonderfall der Arbeitnehmerhaftungist die sogenannte Mankohaftung, d.h. die Haftung des Mitarbeiters für

  • Fehlbeträge in der Kasse oder
  • Fehlbestände im Warenbestand

Der Mitarbeiter haftet, wenn eine wirksame Mankovereinbarung besteht. Diese muss klar und eindeutig sein und darf ihn nicht unangemessen benachteiligen. Das bedeutet, dass sein Risiko z. B. durch ein zusätzliches Entgelt ausgeglichen wird. Besteht keine Mankovereinbarung, haftet er nicht generell, sondern nur, wenn Sie sein Verschulden beweisen können.

Wenn ein wirtschaftlicher Schaden im Betrieb entsteht, ist das ärgerlich. Manche Schäden übernimmt die Versicherung – andere nicht. Bei Sachschäden ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen Schaden

  • durch Schlechtleistung
  • am Eigentum des Betriebs
  • am Eigentum Dritter, z. B. eines Kunden oder Lieferanten

Für einen Schaden, der durch mangelhafte Leistung entstanden ist, haftet Ihr Mitarbeiter nur, wenn er dafür verantwortlich ist. Das Schuldverhältnis kann nur dadurch gerechtfertigt werden, dass er sehr langsam oder unkonzentriert gearbeitet hat.

Achtung

Keine Lohnkürzung bei schlechter Leistung.

Schlechte Leistung kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung rechtfertigen. Solange das Arbeitsverhältnis besteht, dürfen Sie den  Lohn deswegen allerdings nicht kürzen.

Die Arbeitnehmerhaftung ist beschränkt

Grundsätzlich gilt die Arbeitnehmerhaftung für alle Personen- und Sachschäden, die der Mitarbeiter schuldhaft verursacht. Und zwar unabhängig davon, wem der Schaden entsteht. Gegenüber dem Arbeitgeber haftet er sogar für Vermögensschäden (z. B. entgangenem Gewinn). Allerdings ist seine Haftung beschränkt. Folgende Kriterien sind für eine Haftungsbegrenzung entscheidend:

  • Für Vermögensschäden haftet er nur, wenn seine fehlerhafte Entscheidung auf mangelnder Sorgfalt oder der Missachtung betrieblicher Regelungen beruht.
  • Für Sachschäden, die er bei der Arbeit fahrlässig verursacht, haftet er nur in bestimmten Grenzen.
  • Die Haftung kann im Tarif- oder Arbeitsvertrag noch weiter z. B. auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz begrenzt sein.
  • Dem Arbeitgeber kann ein Mitverschulden angerechnet werden, z. B. wenn er es versäumt hat, den Mitarbeiter auf eine bekannte Gefahr aufmerksam zu machen.
  • Für Personenschäden, die durch Arbeitsunfälle entstehen, haftet in erster Linie der Unfallversicherungsträger.
  • Bei Zahlungspflicht eines Dritten, z. B. der Kfz-Versicherung, müssen Sie zunächst diesen in Anspruch nehmen.

Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz gilt komplett die Arbeitnehmerhaftung

Für Schäden, die bei der betrieblichen Tätigkeit entstehen, hat die Rechtsprechung die Haftung des Arbeitnehmers je nachVerschuldensgrad eingeschränkt. Nach dem sogenannten innerbetrieblichen Schadensausgleich gelten bestimmte Vorschriften:

  • Leichte (einfache) Fahrlässigkeit: keine Haftung des Arbeitnehmers.
  • Mittlere (normale) Fahrlässigkeit: der Schaden wird zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter geteilt.
  • Grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz: Ihr Mitarbeiter haftet für den Schaden im Regelfall allein.

Damit wird berücksichtigt, dass auch dem sorgfältigsten Mitarbeiter mal ein Fehler unterlaufen kann. Hinzu kommt, dass beim Arbeiten z. B. mit teuren oder empfindlichen Geräten ein höheres Schadensrisiko besteht und deshalb auch schnell sehr große Schäden entstehen können.

1. Rutscht Ihrem Mitarbeiter versehentlich ein teures Produkt aus der Hand, tragen Sie als Arbeitgeber die Verantwortung für den Schaden allein. Denn hierbei handelt es sich um leichte Fahrlässigkeit.

2. Mittlere Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird. In welchem Verhältnis der Schaden zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter aufgeteilt wird, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Zu berücksichtigen sind dabei u.a.

  • der Verschuldensgrad des Mitarbeiters
  • wie groß das Risiko ist, dass ein Schaden entsteht (sogenannte Gefahrgeneigtheit der Arbeit)
  • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, z. B. Auszubildender oder Vorarbeiter
  • Höhe seines Entgelts
  • Höhe des Schadens
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Berufserfahrung

3. Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit trägt der Mitarbeiter im Regelfall den Schaden allein und die Arbeitnehmerhaftung greift. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn er seine Pflichten grob und unentschuldbar verletzt hat. Das ist z. B. der Fall bei

  • Nichtanziehen der Handbremse auf abschüssigem Gelände
  • Fahren unter Alkohol oder Drogen
  • unbeaufsichtigtem Liegenlassen der Geldtasche im Verkaufsraum

Info

Auch bei grober Fahrlässigkeit sind Haftungserleichterungen möglich

Besondere Umstände, z. B. ein deutliches Missverhältnis zwischen dem Entgelt des Mitarbeiters und dem bei seiner Arbeit bestehenden Haftungsrisiko, können zu Haftungserleichterungen führen.

Arbeitnehmerhaftung bei Schädigung Dritter

Schädigt der Mitarbeiter bei seiner Arbeit einen Betriebsfremden (z. B. einen Kunden) haftet er diesem gegenüber gemeinsam mit dem Arbeitgeber als „Gesamtschuldner“.  IN diesem Fall gelten folgenden Bedingungen:

  • Der Geschädigte kann wählen, ob er sich zur gesamten Schadensbegleichung an Sie oder an Ihren Mitarbeiter hält.
  • Das liegt daran, dass die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs nur zwischen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter gelten.
  • Diese haben aber zur Folge, dass Sie Ihren Mitarbeiter je nach Verschuldensgrad von der Arbeitnehmerhaftung freistellen müssen, d.h. z. B. bei leichter Fahrlässigkeit vollständig, bei grober Fahrlässigkeit teilweise.

Besondere Regeln zur Arbeitnehmerhaftung bei Arbeitsunfällen

Bei einem Arbeitsunfall gelten besondere Regeln. Hier ist vor allem zu unterscheiden, ob z. B. ein Arbeitskollege verletzt (Personenschaden) oder eine Maschine beschädigt wird (Sachschaden).

Verletzt Ihr Mitarbeiter bei einem Arbeitsunfall Sie oder einen anderen Mitarbeiter, gilt grundsätzlich die Arbeitnehmerhaftung nicht. Die Haftung übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung. Sie zahlt neben den Heilungskosten auch eventuell anfallendes Schmerzensgeld oder eine Rente.

Beispiel: Streift und verletzt Ihr LKW-Fahrer beim Zurückstoßen versehentlich einen anderen Mitarbeiter, kommt die Berufsgenossenschaft für den Schaden auf.

Für Personenschäden muss Ihr Mitarbeiter nur im Ausnahmefall selbst aufkommen und zwar wenn

  • er den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder
  • es sich um einen sogenannten Wegeunfall handelt.

Beispiel: Verursacht Ihr Mitarbeiter auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall, kann der mitfahrende Kollege Ersatz der Heilkosten und Schmerzensgeld von ihm bzw. seiner Versicherung verlangen.

Praxisbeispiel: Mit welcher Haftungsgrenze muss ich bei der Arbeitnehmerhaftung rechnen?

Die Reinigungskraft einer radiologischen Praxis hörte einen Alarmton, der von einem Magnetresonanztomographen ausging. Um diesen auszustellen, drückte sie statt des dafür vorgesehenen blauen Knopfes den danebenliegenden roten. Dadurch entstand ein Schaden in Höhe von 50.000 EUR, das 100-fache ihres Monatsentgelts. Dieses Verhalten hielt das Gericht für grob fahrlässig. Es beschränkte die Arbeitnehmerhaftung aber auf 12 Monatsentgelte, da dies bereits eine große finanzielle Belastung für die Mitarbeiterin darstelle (BAG, Urteil vom 28.10.2010 – 8 AZR 418/09).