Definition
Was sind Verzugszinsen?
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) § 288 sind Geldschulden bei Zahlungsverzug zu verzinsen. Verzugszinsen sind demnach “zusätzliche” Kosten die aufkommen, wenn offene, gültige Rechnungen nicht im Zahlungszeitraum beglichen werden.
Stellen Sie eine Rechnung an Privatkunden, z. B. wenn Sie einen Online-Shop im Internet haben, beträgt die Zahlungsfrist in der Regel 30 Tage. Gegenüber Ihren Unternehmenskunden kann das Zahlungsziel durchaus auch kürzer oder länger sein. Das Zahlungsziel vereinbaren Sie im Vorfeld mit Ihren Kunden bzw. schreiben es in der Rechnung fest.
Wie beuge ich Zahlungsverzug vor?
Gestalten Sie Ihre Rechnungen so, dass Ihre Zahlungsfristen sofort ersichtlich sind. Das ist in Ihrem eigenen Interesse, denn: Fehlt die Angabe des Zahlungsziels womöglich ganz, müssen Sie erst aufwändig eine Mahnung senden. Andernfalls kommt Ihr Kunde rechtlich gesehen gar nicht in Zahlungsverzug!
Zahlungsverzug durch die richtige Rechnungsvorlage verhindern
Achten Sie bei Ihren Rechnungsvorlagen darauf, dass nicht nur das Zahlungsziel ausgewiesen ist, sondern machen Sie Ihre Kunden eventuell gleich darauf aufmerksam, dass bei nicht fristgerechter Zahlung Verzugszinsen entstehen und sie mit weiteren rechtlichen Schritten rechnen müssen.
Auf diese Weise stellen Sie von Anfang an klar, dass Sie eine pünktliche Zahlung erwarten und auch vor weiteren Konsequenzen nicht zurückschrecken.
Ab wann werden Verzugszinsen berechnet?
Verzugszinsen werden berechnet, wenn eine Forderung nicht innerhalb der Zahlungsfrist beglichen wird. Die Zahlungsfrist beginnt dabei ab dem Tag der Rechnungszustellung. Der Zahlungsverzug beginnt in der Regel einen Tag nach der Zahlungsfälligkeit.
Beispiel:
Schicken Sie eine Rechnung am 01.01. mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen an Ihren Kunden, der diese erst am 02.02. bezahlt, so war er für zwei Tage in Zahlungsverzug. Übrigens: Maßgeblich ist dabei der Tag der Zustellung der Rechnung beim Kunden!
Wer darf Verzugszinsen berechnen?
Begleicht Ihr Kunde eine offene Rechnung nicht rechtzeitig, dürfen Sie als Gläubiger – ob als Unternehmer, Freiberufler oder Selbstständiger – Verzugszinsen in Rechnung stellen. Die Höhe der Verzugszinsen ist gesetzlich geregelt und an einen offiziellen Basiszinssatz gebunden, der von der Bundesbank festgelegt wird.
Was gilt: Annahme- oder Schuldnerverzug?
Im BGB werden zwei Arten von Verzügen behandelt:
- Annahmeverzug – bei Nichtannahme von Ware
- Schuldnerverzug – bei Nichtbezahlung von Rechnungen
Im Zusammenhang mit der Verzugszinsenberechnung ist nur der Schuldnerverzug relevant.
Wie werden die Verzugszinsen berechnet?
Um die Verzugszinsen zu berechnen, brauchen Sie den so genannten Basiszinssatz. Der Basiszinssatz ist ein fester Zinssatz, der von der Deutschen Bundesbank nach gesetzlichen Vorgaben zweimal im Jahr jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli im Bundesanzeiger veröffentlicht wird und sich immer wieder um einige Prozentpunkte verändern kann.
Aktueller Basiszinssatz
Seit 1. Januar 2024 beträgt der Basiszinssatz 3,62 %.
In welcher Höhe die Verzugszinsen ausfallen, ist zudem davon abhängig, ob Sie sie an einen Geschäftskunden oder eine Privatperson richten. Ausgangspunkt ist aber in jedem Fall der aktuelle Basiszinssatz.
Info
Unternehmens- oder Privatkunde – der Unterschied
Für Unternehmenskunden addieren Sie für den Verzugszinssatz zum Basiszinssatz +9 % hinzu.
Für Privatkunden werden zusätzlich +5 % fällig.
Die Formel zur Berechnung der Verzugszinsen lautet für Unternehmer und private Kunden wie folgt:
Rechnungsbetrag x aktueller Basiszinssatz x Säumnistage/365* x 100 = Verzugszinsbetrag
*Nach der Effektivzinsmethode wird das Jahr mit 365 Tagen gerechnet (im Schaltjahr: 366 Tage). Bei der kaufmännischen Methode mit 360 Tagen.
Übersicht: Verzugszinsenberechnung in 4 Schritten
- 1. Schritt: Aktuellen Basiszinssatz feststellen
- 2. Schritt: Verzugszinssätze für Unternehmenskunden bzw. Privatkunden berechnen
- 3. Schritt: Anzahl der Säumnistage feststellen
- 4. Schritt: Zinsen für den Verzugszeitraum berechnen
Beispiel zur Berechnung von Verzugszinsen
1. Beispiel: Privatkunden
Ein Kunde hat bei Ihnen Speisen und Getränke für eine Silvesterparty in Höhe von 1.000 Euro bestellt. Trotz Zahlungserinnerung und weiterer Mahnung hat er die Rechnung immer noch nicht bezahlt. Mittlerweile ist der Kunde 100 Tage in Verzug.
So berechnen Sie die Verzugszinsen:
1.000 Euro x 8,62 /100 = 86,20 Euro
Achtung: Bei den geschuldeten Zinsen handelt es sich um einen Jahreszins. Das bedeutet, dass Sie bei der Berechnung der Verzugszinsen die Anzahl der Tage berücksichtigen müssen, die der Kunde säumig ist.
In unserem Fall von 100 Tagen sieht das wie folgt aus:
Betrag Verzugszinsen / 365 (Tage) x Anzahl der Verzugstage = Verzugszinsen, d. h.:
86,20 Euro (Jahreszins) / 365 (Tage) x 100 = 23,62 Euro
Der Privatkunde schuldet Ihnen also Verzugszinsen in Höhe von 23,62 Euro bzw. in Summe 1.023,62 Euro.
2. Beispiel:Geschäftskunden
Bei einem Geschäftskunden gehen Sie ähnlich vor. Achten Sie nur darauf, den passenden Zinssatz zu verwenden.
Nehmen wir an, ein Geschäftskunde hat bei Ihnen Ausstattung im Wert von 1.500 Euro für ein Betriebsfest beauftragt und nicht bezahlt.
So berechnen Sie seine Schulden:
1.500 Euro x 12,62 / 100 = 189,30 Euro
Auch Ihr Geschäftskunde gerät 100 Tage in Zahlungsverzug. Das bedeutet für die Verzugszinsen:
189,30 Euro (Jahreszins) / 365 (Tage) x 100 = 51,86 Euro
Der Geschäftskunde schuldet Ihnen also insgesamt 1.551,86 Euro.
Achtung
Beachten Sie Änderungen des Basiszinssatzes
Zieht sich der Zeitraum des Zahlungsverzugs über den 1. Januar oder den 1. Juli eines Jahres, ändert sich der Basiszinssatz entsprechend. Das müssen Sie bei der Berechnung der Verzugszinsen miteinbeziehen.
Beispiel:
Ein Privatkunde ist vom 25. Dezember bis zum 3. Januar in Zahlungsverzug. In diesem Fall müssen Sie 6 Tage mit dem alten Basiszinssatz rechnen und die 3 Tage im Januar mit dem neuen Basiszinssatz.
Verzugszinsen berechnen mit Excel
Klingt das alles ein wenig kompliziert? Dann tragen Sie sich die Formel am besten in eine Excel-Tabelle ein. So wird die Berechnung ganz einfach, weil Sie nur noch die individuellen Angaben, wie Rechnungsbetrag und Anzahl der Verzugstage, eintragen brauchen.
Alternativ ist auch ein Verzugszinsenrechner sinnvoll, wenn Sie nur selten säumige Kunden haben. Damit können Sie Ihre Verzugszinsen im Handumdrehen online berechnen.
Welche weiteren Folgen hat der Schuldnerverzug?
Laut§ 280 und § 286 BGB können Sie dem Schuldner neben den Verzugszinsen weitere Kosten in Rechnung stellen, die durch den Schuldnerverzug verursacht wurden. Diese können zum Beispiel sein:
- Kosten für Mahnschreiben
- Anwaltskosten für Zahlungserinnerungen
- Kosten für gerichtliche Mahnverfahren
- Kosten für eine notwendige Kreditaufnahme
Bezahlt ein Kunde nicht, geraten Sie als Unternehmer selbst möglicherweise in finanzielle Schwierigkeiten, weil Sie mit bestimmten Waren oder Dienstleistungen in Vorleistung gegangen sind: Sie haben Waren eingekauft, Ihren Lieferanten bezahlt und an den Kunden geliefert und Sie haben Ihre Mitarbeiterlöhne oder externe Dienstleister im Zusammenhang mit dem Kundengeschäft bezahlt.
Wenn Sie nicht ausreichend finanzielle Rücklagen haben, müssen Sie möglicherweise hierfür einen Kredit aufnehmen. Diese indirekt entstandenen Mehrkosten können Sie ebenfalls mit dem Kunden, der sich im Schuldnerverzug befindet, zusätzlich zu den Verzugszinsen verbuchen.
Wenn es zu einem gerichtlichen Mahnverfahren kommt, entstehen Ihnen Anwaltskosten. Auch diese können Sie als Gläubiger dem Schuldner in Rechnung stellen.
Was tun, wenn der Schuldner nicht bezahlt?
Wenn Sie eine Leistung in Rechnung gestellt haben und das Zahlungsziel verstrichen ist, kommt es zum Zahlungsverzug.
In folgenden 3 Schritten gehen Sie in diesem Fall korrekt vor:
- Schritt 1: Schriftliche Zahlungserinnerung, meist ohne Mahngebühr
- Schritt 2: Erneute Zahlungsaufforderung mit Mahngebühr und Verzugszinsen
- Schritt 3: Androhung eines gerichtlichen Mahnverfahrens, ggf. Einschalten eines Rechtsanwalts
Mahnung versenden
Reagiert Ihr Kunde nach einer ersten freundlichen Zahlungserinnerung nicht, müssen Sie eine Mahnung verfassen. In der Mahnung sollte über die Verzugszinsen hinaus Folgendes enthalten sein:
- Zeitpunkt der Rechnungsfälligkeit
- Hinweis auf erfolgte Zahlungserinnerung mit Datum
- Aufstellung fälliger Verzugszinsen und Gebühren
- Hinweis auf weitere mögliche Mehrkosten, z. B. Anwalts- und Verfahrenskosten
Fordern Sie Ihren Kunden auf, die Zahlung umgehend vorzunehmen. Setzen Sie Fristen. Ist danach noch eine zweite Mahnung nötig, versenden Sie diese am besten per Einschreiben, um einen Nachweis für die Zustellung zu haben.
Bezahlt der Kunde weiterhin nicht, sollten Sie einen Rechtsanwalt einschalten. Dieser kann das weitere Mahnverfahren für Sie übernehmen und stärkeren Druck auf den Schuldner ausüben.
Tipp
Richtig kommunizieren
Auch wenn die Situation unangenehm und ärgerlich ist, sollten Sie einen kühlen Kopf wahren und auf einen höflichen und sachlichen Ton achten. Bedenken Sie, dass sich Ihr Kunde möglicherweise in vorübergehenden finanziellen Schwierigkeiten befinden könnte. Versuchen Sie, mit dem Kunden in direkten, persönlichen Kontakt zu treten, um die Gründe für den Verzug herauszufinden. Eine gewisse Kulanz kann sich sogar positiv auf Ihre längerfristige Geschäftsbeziehung auswirken und den Verzugsschaden ausgleichen.