Urteil zu Verzinsung von Steuernachzahlungen: Das sind die neuen Steuerspielregeln

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts brachte vor einigen Jahren Gewissheit: Das Finanzamt verlangte seit 2014 Wucherzinsen auf Steuernachzahlungen. Die Finanzverwaltung musste rückwirkend ab 2019 einen neuen Zinssatz festlegen. Wie hoch die Nachzahlungszinsen bzw. Erstattungszinsen auf Steuern seit 2019 sind, erfahren Sie im folgenden Praxisbeitrag.

Zuletzt aktualisiert am 13.10.2025
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Worum ging es in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Finanzamts-Zinsen genau?

Setzt das Finanzamt Steuern für ein bestimmtes Steuerjahr fest, werden automatisch Zinsen auf Einkommenssteuer etc. fällig, wenn es zu Steuernachzahlungen kommt und die Steuer erst nach Ablauf von 15 Monaten nach Beendigung des Steuerjahres festgesetzt wird. Die Zinsen, die das Finanzamt in der Vergangenheit forderte, betrugen ab dem 15. Monat 0,5 Prozent pro Monat – also 6 Prozent pro Jahr.

Gegen diese Wucherzinsen haben sich Steuerzahler mit Klagen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gewehrt. Die Karlsruher Richterinnen und Richter kamen zu dem Schluss, dass die vom Finanzamt geforderten Zinsen viel zu hoch und damit verfassungswidrig sind. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch für verschiedene Zeiträume unterschiedliche steuerliche Konsequenzen gezogen (BVerfG, Beschluss v. 8.7.2021, Az. 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17).

Was bedeutet das Urteil zu den Finanzamts-Zinsen konkret?

Unternehmer müssen zu den Zinsen des Finanzamts aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nun Folgendes wissen:

  • Verzinsungszeiträume bis Ende 2018: Für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 bleibt alles beim Alten. Das bedeutet: Die Festsetzung von 0,5 Prozent Steuerzinsen durch das Finanzamt ist zwar rechtswidrig hoch, wird aber toleriert.
  • Verzinsungszeiträume ab 2019: Für die Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 gilt ein Zinssatz von 0,15 Prozent pro Monat, also 1,8 Prozent pro Jahr.

Achtung

Beschluss betraf keine Aussetzungszinsen oder Hinterziehungszinsen

Unternehmer sollten zudem wissen, dass der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nur Zinsen zur Steuernachzahlung nach § 233a AO betraf. Das bedeutet im Klartext: Hat das Finanzamt Aussetzungszinsen, Stundungszinsen, Prozesszinsen oder Hinterziehungszinsen festgesetzt, ändert sich durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts  aus dem Jahr 2021 an der Zinshöhe von 6 Prozent ab dem Verzinsungszeitraum 2019 leider nichts.

Doch nach einem neueren Beschluss hält der BFH auch Aussetzungszinsen, Hinterziehungszinsen, Stundungszinsen und Prozesszinsen für verfassungswidrig (BFH, Urteil v. 8.5.2024, Az. VIII R 9/23) und hat deshalb die Frage zur Klärung dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Wann ein Einspruch sinnvoll ist

Setzt das Finanzamt für Veranlagungszeiträume ab 2019 Zinsen nach § 233a AO auf Steuernachzahlungen oder auf Steuererstattungen von 0,15 Prozent pro Monat ab dem 15. Monat fest, würde sich ein Einspruch nicht lohnen.

Einen Einspruch und einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens sollten Sie stets stellen, wenn das Finanzamt für andere Zinsen 0,5 Prozent pro Monat festgesetzt. Gemeint sind folgende Zinsen:

  • Stundungszinsen
  • Zinsen für die Aussetzung der Vollziehung, sollte dem Einspruch nicht stattgegeben werden.
  • Hinterziehungszinsen
  • Prozesszinsen