Verbindlichkeiten

Das Konzept von Forderungen und Verbindlichkeiten ist in der Menschheit historisch tief verwurzelt. Entsprechende Aufzeichnungen belegen, dass es bereits in Mesopotamien und dem alten Ägypten Verbindlichkeiten unter Menschen gab. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Vor allem in Unternehmen gehören Verbindlichkeiten zum geschäftlichen Alltag.

Zuletzt aktualisiert am 20.12.2023
© style67 - stock.adobe.com

Zusammenfassung

Verbindlichkeiten im Überblick

  • Verbindlichkeiten entstehen, wenn die vereinbarte Gegenleistung für eine Leistung noch nicht erbracht wurde.
  • Forderungen sind das Gegenteil von Verbindlichkeiten.
  • Die Begriffe Schulden und Verbindlichkeiten werden als Synonyme verwendet.
  • In der Bilanz finden sich die Verbindlichkeiten auf der Passivseite.
  • Verbindlichkeiten werden in der Bilanz nach unterschiedlichen Kategorien gegliedert.
  • Im Verbindlichkeitenspiegel werden weitere Informationen zu den vorhandenen Verbindlichkeiten angeführt.
  • Für Schulden des alten Jahres, die im neuen Jahr bezahlt werden, muss in der Buchhaltung eine zeitliche Abgrenzung vorgenommen werden.
  • Verbindlichkeiten, die nicht eindeutig definiert werden können, werden im Rechnungswesen als Rückstellungen bezeichnet.

Was sind Verbindlichkeiten und Forderungen?

Manche Unternehmer kommen mit den Begriffen in der Buchhaltung durcheinander und fragen sich beispielsweise: Was sind Verbindlichkeiten und was sind Forderungen?

Wann kommen Verbindlichkeiten zustande?

Damit eine Verbindlichkeit zustande kommt, müssen bestimmte Merkmale erfüllt sein:

  • Es muss eine bereits vollzogene Leistung eines Lieferanten existieren. Dieser wird als Gläubiger bezeichnet.
  • Damit die Leistung erbracht wird, gibt es eine vereinbarte Gegenleistung - in der Regel einen entsprechenden Geldwert - eines Unternehmers.
  • Die vereinbarte Gegenleistung wurde bisher noch nicht erbracht. Bis dieser Verpflichtung nachgekommen wird, wird das Unternehmen bzw. die Person, die die Gegenleistung noch nicht erbracht hat als Schuldner bezeichnet.

Wird die Gegenleistung zum gleichen Zeitpunkt beziehungsweise unmittelbar nach der Leistung erbracht, handelt es sich dabei um keine Verbindlichkeit.

Wer also beispielsweise beim Bäcker Brötchen kauft und den Betrag in entsprechender Höhe dafür sofort in bar bezahlt, ist demnach auch kein Schuldner.

Was ist eine Forderung?

Eine Forderung ist das genaue Gegenteil einer Verbindlichkeit. Es handelt sich dabei also um den Anspruch eines Unternehmers (Gläubigers) gegenüber seinem Kunden oder Lieferanten (Schuldner). Bei der Forderung kann es sich entweder um Geld, Sachgüter oder Dienstleistungen handeln.

Info

Sind Verbindlichkeiten Schulden?

Die Begriffe Schulden und Verbindlichkeiten werden im unternehmerischen Kontext für den gleichen Sachverhalt verwendet. Deshalb ist der Begriff Verbindlichkeit ein Synonym für Schulden.

In manchen Definitionen werden die Schulden jedoch auch als Oberbegriff verwendet, zu dem als Gattung unter anderem auch die Verbindlichkeiten zählen.

Wann hat man eine Verbindlichkeit?

Eine Verbindlichkeit hat man dann, wenn man eine bestimmte Leistung in Anspruch genommen hat und die vereinbarte Gegenleistung dafür noch nicht erbracht hat. Bei dieser Leistung kann es sich um eine Ware oder eine Dienstleistung handeln.

Beispiele für Verbindlichkeiten

Infografik von Lexware zur Darstellung von kurzfristigen und langfristigen Verbindlichkeiten

Im Unternehmerleben gibt es viele unterschiedliche Arten von Verbindlichkeiten:

1. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen:

Wenn Frau Stumpf z.B. für ihre Steuerberatungskanzlei einen neuen Toner für den Kopierer gekauft und die Zahlung für die Rechnung dafür noch nicht geleistet hat. Diese Art der Verbindlichkeiten wird auch als kurzfristige Verbindlichkeiten bezeichnet.

2. Kredite gelten als Verbindlichkeiten:

Wenn Frau Stumpf z.B. ihren Kopierer für die Kanzlei nicht sofort bezahlt, sondern dafür ein Darlehen mit einer Laufzeit von fünf Jahren aufgenommen hat, so handelt es sich dabei um eine langfristige Bankverbindlichkeit, die in der Bilanz unter „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten“ ausgewiesen werden.

3. Verbindlichkeiten aus Anzahlungen: 

Wenn Frau Stumpf z.B. für ihren Kopierer zwar bereits eine Anzahlung geleistet hat, mit der Bezahlung des kompletten Betrages aber noch bis zur endgültigen Fälligkeit der Rechnung wartet. Dafür gibt es als Unternehmerin gute Gründe. Denn wann Rechnungen bezahlt werden, beeinflusst auch die Liquidität.

4.  Sonstige Verbindlichkeiten:

Wenn z.B. Frau Stumpf ihre Umsatzsteuer an das Finanzamt noch nicht bezahlt hat.

5. Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern:

Wenn z.B. Herr Hofmann als Kommanditist an Frau Stumpfs Steuerberatungsunternehmen beteiligt ist. Da sie ihm seinen Gewinnanteil aus dem letzten Jahr noch nicht ausbezahlt hat, ergibt sich auch daraus eine Verbindlichkeit. Im größeren Stil ist das auch der Fall, wenn ein Unternehmen Anleihen herausgibt. Das ist zwar im Falle von Frau Stumpfs Steuerberatungskanzlei eher unwahrscheinlich, doch dadurch würde sie gegenüber den Käufern der Anleihen eine Verbindlichkeit eingehen.

Wie werden Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten verbucht?

Selbstverständlich beeinflussen Verbindlichkeiten das Rechnungswesen. Das zeigt sich beim folgenden Beispiel:

Frau Stumpf hat für ihre Steuerberatungskanzlei für 250 Euro (zuzüglich 19 % Umsatzsteuer) unterschiedliche Büromaterialien wie Kopierpapier und Schnellhefter beim Händler „Papier & Co.“ auf Zahlungsziel eingekauft. Dieser Lieferant hat in ihrer Buchhaltung die Kreditorennummer 70013.

Bei den Materialien handelt es sich um Verbrauchsgüter. Durch den Kauf auf Ziel entsteht in der Buchhaltung von Frau Stumpf eine Verbindlichkeit.

Betroffen von diesem Einkauf sind die folgenden Konten:

  • Bürobedarf
  • Verbindlichkeiten
  • Vorsteuer

Der Buchungssatz für die Verbindlichkeiten lautet in diesem Fall:

SOLL:

  • Sachkonto „Bürobedarf 19 % VSt“ 250 €
  • Sachkonto „Abziehbare VSt 19 %“ 47,50 €

HABEN:

Kreditor 70013 „Papier & Co“ € 297,50

Wo finden sich Verbindlichkeiten in der Bilanz?

Bei den Verbindlichkeiten handelt es sich um Schulden eines Unternehmens, die zum Bilanzstichtag bestehen. Alle Verbindlichkeiten werden zu diesem Zweck im Rahmen der doppelten Buchführung zum Bilanzstichtag in der Bilanz auf der Passivseite als Sammelposten angeführt.

Bei den Passiva Verbindlichkeiten wird in weiterer Folge eine Gliederung nach unterschiedlichen Positionen vorgenommen:

  • Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
  • Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
  • Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen
  • Anleihen
  • Verbindlichkeit gegen verbundene Unternehmen
  • Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel (In der Praxis wird dieses Zahlungsmittel kaum noch verwendet)
  • Verbindlichkeiten gegen Unternehmen im Beteiligungsverhältnis
  • Sonstige Verbindlichkeiten

Was ist ein Verbindlichkeitenspiegel?

Alle Unternehmen, die nicht durch größenabhängige Erleichterungen davon befreit sind, müssen zum Jahresabschluss einen Anhang erstellen, in dem unter anderem auch ein Verbindlichkeitenspiegel enthalten sein muss.

Darin befinden sich alle Verbindlichkeiten, die auch in der Bilanz erscheinen. In der ersten Spalte wird die Gesamthöhe der Verbindlichkeiten zum Bilanzstichtag eingetragen.

In weiterer Folge werden die Verbindlichkeiten nach der Restlaufzeit in folgende Zeitspannen aufgeteilt:

  • Weniger als ein Jahr
  • Zwischen einem und fünf Jahren
  • Länger als fünf Jahre

In der letzten Spalte werden die Verbindlichkeiten zum Bilanzstichtag des Vorjahres eingetragen.

Im Nachtrag wird auch noch die Summe jener Verbindlichkeiten gebildet, die durch Pfandrechte (beziehungsweise ähnliche Rechte) abgesichert sind. Zusätzlich muss bei jeder dieser Positionen auch die jeweilige Art der Besicherung im Verbindlichkeitenspiegel beschrieben werden.

Info

Zahlung einer Schuld im neuen Jahr, die das alte Jahr betrifft

Wird eine Schuld im neuen Jahr bezahlt, betrifft aber noch das alte Jahr, so muss dafür eine zeitliche Abgrenzung vorgenommen werden. Der Teil der Schuld, der noch zum alten Jahr gehört, muss dabei auf das Konto „Sonstige Verbindlichkeiten“ (SKR 03/04; 1700/3500) gebucht werden.

Was ist der Unterschied zwischen Verbindlichkeiten und Rückstellungen?

Eine Verbindlichkeit zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl der Zeitpunkt als auch die Höhe bekannt sind. Wenn Frau Stumpf am 15. Juli für 250 Euro Büromaterial kauft, so handelt es sich demnach um eine Verbindlichkeit.

Doch nicht immer sind diese Faktoren so eindeutig. Manchmal wissen Unternehmer, dass zwar eine Verbindlichkeit besteht, die Höhe und/oder der Zeitpunkt stehen aber noch nicht fest. Diese Verbindlichkeiten werden in der Bilanz als Rückstellungen bezeichnet.

Frau Stumpf beschäftigt in ihrer Kanzlei zwei Mitarbeiterinnen und bietet diesen eine betriebliche Altersvorsorge an. Als Steuerberaterin weiß sie, dass sie eine Rückstellung für ungewissen Verbindlichkeiten bilden muss.

Die Pensionsrückstellungen für die beiden Mitarbeiterinnen zählen dazu, weil Frau Stumpf zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung nicht konkret angeben kann, ob, wann und in welcher Höhe die entsprechenden Zahlungen fällig werden. Die Bewertung der Rückstellungen wird in diesem Fall nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vorgenommen.