Kulanz

Wenn der Gewährleistungsanspruch verjährt ist und keine weitere Garantie bzw. Gewährleistung geltend gemacht werden kann, hoffen Kunden oftmals auf die Kulanz des Händlers. In einigen Ausnahmesituationen können auch Sie Ihren Kunden im Rahmen guten Services kulanzhalber entgegenkommen. Damit stärken Sie nicht nur die Kundenbindung, sondern können in der Regel auch den Customer Lifetime Value erhöhen. Letzterer bildet den Wert eines Kunden während der gesamten Kundenbeziehung ab. Bitten Ihre Kunden also um Kulanz und gewähren Sie eine Kulanzleistung, können sich Vorteile ergeben, indem Sie die Kundenbeziehung verbessern sowie die Neukundengewinnung fördern.

Zuletzt aktualisiert am 20.11.2023
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Zusammenfassung

Kulanz im Überblick

  • Bei Kulanz handelt es sich um das Entgegenkommen des Herstellers gegenüber dem Käufer.
  • Dabei handelt es sich bei Kulanz nicht um einen rechtlich festgelegten Anspruch des Kunden.
  • Für Unternehmen/Hersteller besteht auch die Möglichkeit dem Kunden eine Kulanzgutschrift anzubieten.
  • Fügen Sie beim Kulanzschreiben den Satz „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ hinzu. Damit halten Sie schriftlich fest, dass es sich nur um eine kulante Lösung handelt, nicht aber um eine berechtigte Beschwerde vonseiten des Kunden.

Sind Sie als Händler oder Produzent nicht gesetzlich dazu verpflichtet, ein Produkt zu reparieren, umzutauschen oder den Kaufbetrag zurückzuerstatten, können Sie dennoch kulant handeln. Doch was ist Kulanz eigentlich? 

Definition

Was bedeutet Kulanz?

Die Bedeutung von „Kulanz“ kann als „goodwill“ ins Englische übersetzt werden. Ihren Ursprung hat die Begrifflichkeit aber im Französischen: Das Wort „coulant“ bedeutet so viel wie „beweglich“. In der Tat handelt es sich bei der Kulanz nicht um einen feststehenden, rechtlich geregelten Anspruch Ihrer Kunden. Stattdessen können Sie je nach Fall entscheiden, wenn keine Verpflichtung Ihrerseits besteht, ob und inwiefern Sie Ihren Kunden entgegenkommen oder nicht.

Was ist ein Kulanzantrag?

Kunden können bei Ihnen einen Kulanzantrag einreichen – beispielsweise, wenn sie mit Ihnen einen Dienst-, Kauf- oder Werkvertrag abgeschlossen haben. Alternativ haben Ihre Kunden vielleicht eine Mitgliedschaft abgeschlossen, die sich in regelmäßigen Zyklen automatisch verlängert. Haben Ihre Kunden zum Beispiel die Kündigungsfrist versäumt oder einen Schaden an der Ware festgestellt, nachdem die Garantie abgelaufen ist, können sie einen Kulanzantrag stellen. Hierfür können Sie Ihren Kunden z.B. ein Formular zur Verfügung stellen, das die wichtigsten Informationen abfragt. Zu diesen zählen neben den Kontaktdaten auch die Kunden- oder Rechnungsnummer sowie die ausführliche Beschreibung des Mangels. Grundsätzlich ist auch die freie Form für einen Kulanzantrag möglich.

Info

Schon gewusst? Sie können eine Kulanzgutschrift ausstellen

Außerdem können Sie Ihren Kunden eine Kulanzgutschrift anbieten. Sie können also z. B. von bereits geforderten Mahnkosten absehen, einen Preisnachlass gewähren oder dem Kunden eine Gutschrift für zukünftige Einkäufe zusenden. Da auch die Kulanzgutschrift ein freiwilliger Kompromiss vonseiten des Händlers ist, können Sie deren Höhe bestimmen. Zudem können Sie vorab festlegen, dass diese nur mit künftigen Einkäufen verrechnet werden und nicht ausgezahlt werden kann.

Kulanz: Einige Praxisbeispiele

Infografik von Lexware zur Darstellung von Kulanz

Verkäufer können in einigen Fällen kulant handeln und Käufern entgegenkommen. Beispielsweise, indem sie einer Reparatur, einem Umtausch oder einer Rückerstattung zustimmen. Daraus lassen sich auch Kulanzgründe ableiten, die eine Kulanzregelung rechtfertigen.

  • In der Regel beträgt die Garantie bei Neuwagen zwei Jahre. Wenn erst kurz nach dem Ablauf der Garantie ein Pkw-Schaden auftritt, müsste der Käufer die Reparatur selbst zahlen. In diesem Fall können Händler und Produzenten beschließen, dem Kulanzantrag stattzugeben und die Reparatur kostenlos vorzunehmen.
  • Der schwedische Möbelhersteller IKEA bietet seinen Kunden sogar die Möglichkeit, ein Möbelstück umzutauschen. Hierfür müssen Kunden keinerlei Gründe nennen. Stattdessen können sie sogar abgenutztes Mobiliar umtauschen. Damit steigert der Möbelkonzern das Wohlbefinden sowie Vertrauen der Kunden und fördert hierdurch die Kundenbindung.
  • Ein Kunde hat eine Mitgliedschaft für einen Online-Kurs oder einen Online-Streaming-Dienst abgeschlossen. Allerdings hat er versäumt, den Vertrag rechtzeitig zu kündigen, wodurch dieser nochmals verlängert wurde. Meldet sich der Kunde bereits einen Tag nach Ablauf der Frist und schildert er nachvollziehbare Hinderungsgründe, kann das Unternehmen dem Kulanzantrag stattgeben.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Kulanz, Garantie und Mängelhaftung?

Als Unternehmer können Sie Ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot mit einer zusätzlichen Garantie bewerben. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Leistungsverpflichtung, die Ihre Kunden im Garantie- bzw. Schadensfall beanspruchen können. Neben einer Preisgarantie sind auch eine Haltbarkeits- oder Reparaturgarantie denkbar. Sie können den Garantienamen, die Dauer sowie den Umfang der Garantie selbst festlegen, da diese nicht im BGB geregelt ist.

Anders verhält es sich mit der Mängelhaftung: Ansprüche aus Mängelgewährleistung können direkt aus dem Kaufvertrag abgeleitet werden und verjähren in der Regel nach zwei Jahren. Bei Gebrauchtwaren kann diese Frist auf 12 Monate verkürzt werden. Bei der Mängelhaftung werden Ansprüche gegenüber dem Händler geltend gemacht, bei der Produkthaftung wird stattdessen der Hersteller zur Verantwortung gezogen. Beide Sachverhalte sind im BGB geregelt.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Kulanzfällen um ein Entgegenkommen zwischen zwei vertraglichen Partnern. In der rechtlichen Pflicht steht der Händler oder Hersteller dabei jedoch nicht. Es handelt sich um ein Angebot zur Güte. In der Tat kann ‚Kulanz‘ synonym auch als freundliches Entgegenkommen, Kompromissbereitschaft oder als Gefälligkeit bezeichnet werden.

Was muss bei der Gewährung von Kulanz beachtet werden?

Insbesondere kleine Unternehmen sollten genau abwägen, in welchen Fällen eine Kulanzvergabe gerechtfertigt ist und in welchen Fällen sie ihrem Unternehmen wirtschaftlich schadet.

In folgenden Fällen ist die Kulanzvergabe gerechtfertigt:

  • Gerechtfertigt ist die Kulanz dann, wenn sich aus dieser ein guter Mehrwert ergibt. Bedeutet: Sie rechnen damit, dass die Kundenbeziehung auch künftig fortbesteht und der Kunde Folgeaufträge erteilt. Zudem sollten die zu erwartenden Einnahmen höher sein als die Mehrkosten, die durch die Kulanzvergabe entstehen.
  • Auch bei Groß- oder Stammkunden sollten Sie dem Kulanzantrag stattgeben. In der Regel weisen diese Kunden einen hohen Customer Lifetime Value auf und sind für den Fortbestand des Unternehmens oftmals von großer Bedeutung.
  • Eine gerechtfertigte Kulanzvergabe kann potenzielle sowie bestehende Kundenbeziehungen positiv beeinflussen. In der Tat hat sich die gerechtfertigte Kulanzvergabe als effektives Marketing-Werkzeug etabliert. Nicht selten werden zufriedene Kunden Ihr Unternehmen via Mundpropaganda bewerben, weiterempfehlen und Ihren Kundenstamm erweitern.
  • Des Weiteren trägt die gerechtfertigte Kulanzvergabe zu einer höheren Kundenbindung, -zufriedenheit sowie einem größeren Vertrauen in Ihre Marke bei. Darüber hinaus steigern Sie durch den Dialog das Engagement der Kunden mit Ihrer Marke und erhalten wertvolle Informationen zu deren Bedürfnissen und Einstellung zu Ihren Produkten oder Dienstleistungen.

In folgenden Fällen ist die Kulanzvergabe ungerechtfertigt:

  • Nicht gerechtfertigt ist die Kulanzvergabe, wenn diese aufgrund der Kosten die Liquidität Ihres Unternehmens gefährdet sowie zur Insolvenz beitragen könnte. Die entstehenden Mehrkosten sollten stets in einem gesunden Verhältnis zu den erzielten beziehungsweise potenziellen Einnahmen eines weiteren Geschäfts stehen, die sich aus der Kundenbeziehung ergeben.
  • Verwehrt werden sollte die Kulanzvergabe auch dann, wenn keine langfristige Partnerschaft zwischen den beiden Parteien besteht. Außerdem sollten Sie von einer Kulanzvergabe absehen, wenn vonseiten des Kunden keine weiteren Aufträge zu erwarten sind.

Kulanz gewähren: professionelle Textvorlagen

Sie möchten einen Antrag bewilligen und Ihre Kulanz zeigen? Dann ist die korrekte Formulierung der Kulanzvergabe essenziell. Im Folgenden haben wir einige Beispielsätze für Kulanzschreiben zusammengestellt, die Ihr Image fördern und verdeutlichen, dass es sich nicht um ein Schuldeingeständnis handelt. Unterstreichen Sie, dass Sie dem Kulanzantrag stattgeben – allerdings „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“. Inkludieren Sie diese Aussage nicht, könnten manche Kunden aus der Kulanzvergabe ein Schuldeingeständnis ableiten und anschließend rechtliche Schritte einleiten. Durch die zuvor genannte Formulierung halten Sie schriftlich fest, dass es sich ausschließlich um eine kulante Lösung handelt, nicht aber um eine berechtigte Beschwerde vonseiten des Kunden. Die Kulanzvergabe können Sie beispielsweise wie folgt formulieren, um Probleme zu vermeiden:

  • „Aus Kulanzgründen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, tauschen wir das Produkt um, obwohl wir den aufgetretenen Mangel nicht zu verantworten haben.“
  • „Da wir Sie als unseren Kunden sehr schätzen, werden wir die anfallenden Reparaturkosten als Kulanzleistung übernehmen – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.“
  • „Bei der Prüfung des Produktes hat sich herausgestellt, dass der aufgetretene Mangel nicht in unserem Verantwortungsbereich liegt. Dennoch werden wir die Reparatur aus Kulanzgründen kostenlos und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für Sie durchführen.“

Info

Was ist eine Kulanzrechnung?

Einen Kulanzfall müssen Sie in Ihrem Rechnungswesen festhalten. Hierzu muss der ursprüngliche Rechnungsbetrag aus- und der neue Rechnungsbetrag eingebucht werden. Für Ihre Kunden müssen Sie hingegen keine Kulanz-rechnung ausstellen. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann dies sinnvoll sein. Beispielsweise, wenn der Kunde einen Nachweis anfordert oder das Produkt weiterveräußern möchte. Dann kann Ihre Buchhaltung eine Nullrechnung erstellen, in der der Rechnungsbetrag von 0 Euro aufgeführt wird.