Baugewerbe

Das Baugewerbe umfasst alle Unternehmen, die Planungs- und Ausführungsleistungen zur Errichtung von Bauwerken erbringen. Dazu zählen vorrangig klassische Bauunternehmen. Gleichzeitig gibt es zahlreiche rechtliche, steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten, die speziell für die Branche gelten. Diese betreffen Arbeitsrecht, Lohnsteuer und Sozialversicherung. Die Einhaltung dieser Regelungen ist entscheidend für die rechtssichere Beschäftigung und Abrechnung im Baugewerbe.

Zuletzt aktualisiert am 24.03.2025

Zusammenfassung

Das Baugewerbe im Überblick

  • Das Baugewerbe umfasst Unternehmen, die Bauwerke planen und errichten.
  • Arbeitsrechtliche Besonderheiten im Baugewerbe ergeben sich aus dem Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) und dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG).
  • Lohnsteuerliche Regelungen betreffen unter anderem Baustellenzulagen und Reisekostenerstattungen.
  • Sozialversicherungspflichten beinhalten spezifische Beitragspflichten zur Urlaubskasse und zur Winterbauförderung.
  • Mindestlohnregelungen sind für das Baugewerbe verbindlich und durch allgemeinverbindliche Tarifverträge festgelegt.
  • Die Durchgriffshaftung verpflichtet Hauptunternehmer zur Einhaltung von Beitrags- und Lohnpflichten durch Nachunternehmer.

Definition

Was ist das Baugewerbe?

Das Baugewerbe ist ein zentraler Wirtschaftszweig, der sich mit der Planung und Errichtung von Bauwerken beschäftigt. Es umfasst sowohl das Bauhauptgewerbe, etwa Hoch- und Tiefbau, als auch das Baunebengewerbe, zu dem Ausbaugewerke zählen. Neben baulichen Leistungen sind auch branchenspezifische Arbeits- und Vergütungsregelungen ein prägender Bestandteil.

Rechtliche und steuerliche Regelungen im Baugewerbe

Arbeitsrechtliche Grundlagen

Im Baugewerbe gelten grundsätzlich dieselben arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie in anderen Branchen. Aufgrund spezifischer Herausforderungen, wie hohe Fluktuationsraten und witterungsbedingte Arbeitsausfälle, existieren jedoch branchenspezifische Sonderregelungen. Diese sind im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV)verankert. Ausländische Arbeitnehmer müssen zusätzlich das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) beachten. Der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Lohnsteuerliche Regelungen

Arbeitnehmer im Baugewerbe haben in der Regel keine feste Tätigkeitsstätte. Dadurch können Arbeitgeber Reisekosten gemäß § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei erstatten. Wird die Baustelle jedoch zur ersten Tätigkeitsstätte, greift § 3 Nr. 32 EStG und ermöglicht die steuerfreie Sammelbeförderung von Arbeitnehmern zur Baustelle.
Wichtige Regelungen:

  • Pauschalbesteuerung von Fahrtkostenzuschüssen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG).
  • Pauschalbesteuerung der Zusatzversorgungskassenbeiträge (§ 40b EStG).
  • Steuerfreiheit des Arbeitgeberanteils zur Zusatzversorgungskasse (§ 3 Nr. 63 EStG).
  • Bußgelder bei fehlerhafter Lohnunterlagenführung (§ 111 Abs. 1 Nr. 3a SGB IV).

Sozialversicherung im Baugewerbe

Sozialversicherungsrechtliche Vorschriften betreffen unter anderem:

  • § 101 Abs. 2 SGB III: Definition der Betriebe, die zum Baugewerbe gehören.
  • § 28e Abs. 3a SGB IV: Haftungsregelungen für Sozialversicherungsbeiträge.
  • § 28f Abs. 1a SGB IV i. V. m. § 19 Abs. 1 AEntG: Aufzeichnungspflichten für Lohnunterlagen.
  • Bußgelder bei fehlerhafter Lohnunterlagenführung (§ 111 Abs. 1 Nr. 3a SGB IV). 

Urlaubsregelungen und Urlaubskasse

Urlaubsanspruch im Baugewerbe

Gemäß § 8 BRTV erhält ein Arbeitnehmer im Baugewerbe mit mindestens 12 Beschäftigungstagen Anspruch auf einen Urlaubstag. Eine durchgehende Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres ergibt somit 30 Urlaubstage
Das Urlaubsentgelt wird nur bei tatsächlichem Urlaubsantritt ausgezahlt. Arbeitgeber können sich die gezahlten Beträge von der Urlaubskasse erstatten lassen.

Sozialkassenbeiträge

Seit 1. Januar 2010 sind Arbeitgeber verpflichtet, Beiträge an die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse des Baugewerbes (ULAK) abzuführen.  

Beitragssätze ab 2016:

  • Alte Bundesländer: 20,4 % der Bruttolöhne.
  • Neue Bundesländer: 17,2 %.

Diese Beiträge decken Leistungen wie Urlaub, Lohnausgleich und Berufsausbildung ab.

Ab dem 01.01.2024 lauten die Beiträge wie folgt:

Alte BundesländerNeue BundesländerBerlin WestBerlin Ost
Urlaub 15,10% 15,10% 15,10% 15,10%
Berufsausbildung 2,20% 2,20% 1,65% 1,65%
Sozialaufwanderstattung 5,70% 5,70%
Zusatzversorgung 3,20% 1,40% 3,20% 1,40%
Gesamtbetrag 20,50% 17,70% 25,65% 23,85%

Arbeitgeber müssen Angestellten pro Kopf einen festen monatlichen Beitragssatz zahlen. Für 2024 lauten die Beiträge wie folgt:

BeitragsartBeitragssatz oder feste Beiträge
Insolvenzgeldumlage 0,06% des Bruttoentgelts
Umlage U1 (Erstattung bei Krankheit) 2,20% (bei 70% Erstattungssatz, variiert je nach Satz)
Umlage U2 (Erstattung bei Mutterschaft) 0,44 % des Bruttoentgelts

Allgemeinverbindlicherklärungen und das Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz (SokaSiG)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in früheren Entscheidungen die Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE) des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe für die Zeiträume Oktober 2007 bis Dezember 2011 sowie Januar 2014 bis Dezember 2014 aufgrund fehlender gesetzlicher Voraussetzungen für unwirksam erklärt. Auch die Allgemeinverbindlicherklärungen für die Jahre 2012 und 2013 wurden für nichtig befunden. In diesen Zeiträumen waren nur tarifgebundene Arbeitgeber zur Beitragszahlung verpflichtet. Die Allgemeinverbindlicherklärung vom 6. Juli 2015 wurde hingegen vom BAG als rechtmäßig anerkannt.

Zur Sicherstellung der Sozialkassensysteme und zur Vermeidung von Rückforderungen wurde das Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz (SokaSiG) am 25. Mai 2017 in Kraft gesetzt. Es stellt rückwirkend die Verbindlichkeit aller seit 2006 gültigen Sozialkassentarifverträge gesetzlich sicher. Unternehmen und Beschäftigte des Baugewerbes sind somit unabhängig von der AVE des Bundesarbeitsministeriums beitragspflichtig. Diese Regelungen gelten auch im Jahr 2025 unverändert weiter.

Vereinfachtes Meldeverfahren

Seit dem 1. Januar 2010 wurde das Meldeverfahren für Sozialkassenbeiträge erleichtert. Die früheren monatlichen Beitragsmeldungen für Angestellte in den alten Bundesländern entfallen. Es genügt, arbeitnehmerbezogene Meldungen auf Basis der Bruttolöhne einzureichen. Arbeitgeber müssen lediglich Änderungen bei den Beschäftigten (z. B. An- und Abmeldungen) und deren Daten mitteilen.

Arbeitsversäumnis und Arbeitsausfall

Abweichend von § 616 BGB wird im Baugewerbe Arbeitsentgelt nur für tatsächlich erbrachte Arbeitszeit gezahlt. Der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) ermöglicht jedoch bezahlte Freistellungen für bestimmte Ereignisse:  

  • Familiäre Gründe (bis zu 3 Arbeitstage je nach Ereignis)
  • Arztbesuche oder Behördengänge (für die erforderliche Zeit)
  • Ausübung von Ehrenämtern (ohne Lohnfortzahlung, keine Anrechnung auf Urlaub)

Zusätzlich profitieren Arbeitnehmer von der Winterbauförderung und dem Saison-Kurzarbeitergeld

Weitere Regelungen im Baugewerbe

Ausschlussfristen

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden (§ 14 Ziffer 1 BRTV). Werden Ansprüche von der Gegenpartei abgelehnt oder nicht bearbeitet, müssen sie binnen zwei weiterer Monate gerichtlich geltend gemacht werden (§ 14 Ziffer 2 BRTV). Urlaubs- und Abgeltungsansprüche verfallen nach § 8 Ziffer 7 BRTV.

Spitzenausgleichsverfahren

Ein freiwilliges Spitzenausgleichsverfahren ermöglicht Bauunternehmen eine reduzierte Abrechnungsfrequenz mit den Sozialkassen. Statt monatlicher Meldungen erfolgen nur noch drei (oder unter besonderen Voraussetzungen zwei) Meldungen pro Jahr. Voraussetzung ist, dass in den vergangenen 12 Monaten alle Melde- und Zahlungspflichten ordnungsgemäß erfüllt wurden. Für die Teilnahme muss das Unternehmen eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft stellen. 

Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe

Zulässigkeit nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG

Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes ist nach § 1b Satz 1 AÜG grundsätzlich untersagt
Ausnahmen gelten jedoch:  

  • Wenn allgemeinverbindliche Tarifverträge diese erlauben.
  • Wenn der Verleiherbetrieb seit mindestens drei Jahren den Sozialkassentarifverträgen unterliegt.
Arbeitnehmer aus EU-Staaten

Gemäß dem Freizügigkeitsgesetz dürfen alle Unionsbürger, die in Deutschland arbeiten möchten, ohne Arbeitserlaubnis im Baugewerbe tätig sein.

Arbeitnehmer aus anderen Staaten

Für Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten gelten besondere Bestimmungen. Sie benötigen in der Regel einen Aufenthaltstitel, der die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt.

Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG)

Um Lohndumping durch den Einsatz von Arbeitnehmern aus EU-Staaten mit niedrigeren Lohnniveaus zu verhindern, legt das Arbeitnehmer-Entsendegesetz fest:

  • Anwendbarkeit deutschen Rechts: Deutsche Rechtsvorschriften zu Mindestentgeltsätzen, bezahltem Mindestjahresurlaub und Höchstarbeitszeiten gelten auch für Arbeitsverhältnisse zwischen ausländischen Arbeitgebern und ihren in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern.
  • Allgemeinverbindliche Tarifverträge: Bestimmte allgemeinverbindliche Tarifverträge, etwa im Bauhaupt- oder Baunebengewerbe, sind ebenfalls auf solche Arbeitsverhältnisse anwendbar.
  • Haftung des Generalunternehmers: Generalunternehmer haften verschuldensunabhängig dafür, dass ihre Subunternehmer die Arbeitsbedingungen nach dem AEntG einhalten. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 500.000 €. 

Mindestlohn

Die Mindestlöhne im Baugewerbe werden durch den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne festgelegt. Dieser Tarifvertrag wurde zuletzt am 3. Mai 2013 abgeschlossen und galt vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2017. Seit dem 1. Januar 2022 gibt es keinen speziellen Bau-Mindestlohn mehr; es gilt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn. Dieser beträgt seit dem 1. Januar 2024 12,41 € brutto pro Stunde und steigt zum 1. Januar 2025 auf 12,82 € brutto pro Stunde.

Lohnsteuerliche Regelungen im Baugewerbe

Baustellenzulagen

Baustellenzulagen werden als Ausgleich für Mehraufwendungen gezahlt, die Arbeitnehmern durch erschwerte Arbeitsbedingungen entstehen. Sie sind weder durch Reisekostenvergütungen noch durch das normale Gehalt abgedeckt.  

Beispiele für solche Zulagen:

  • Schmutzzulagen für besondere Staub- oder Schmutzbelastungen.
  • Schneezulagen für Arbeiten wie das Entfernen von Schnee oder Eiszapfen auf Dächern.
  • Gefahrenzulagen für Arbeiten unter gesundheitsschädlichen oder gefährlichen Bedingungen.
  • Hitze- und Kältezulagen sowie Lärmzulagen für extreme Arbeitsbedingungen.

Steuerliche Behandlung: 
Baustellenzulagen gelten als steuerpflichtiger Arbeitslohn, da sie keinen steuerlich berücksichtigungsfähigen Aufwand abgelten. Für diese Zulagen bestehen keine Steuerbefreiungen.

Reisekostenerstattungen

Erste Tätigkeitsstätte

 

Die steuerliche Behandlung von Reisekosten hängt davon ab, ob der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat. Diese wird in der Regel vom Arbeitgeber festgelegt.  

  • Ohne feste Tätigkeitsstätte: Reisekostenerstattungen können steuerfrei erfolgen.
  • Mit fester Tätigkeitsstätte: Für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gilt die Entfernungspauschale.

Steuerfreier Reisekostenersatz

 

Arbeitnehmer im Baugewerbe können für beruflich bedingte Auswärtstätigkeiten steuerfreie Erstattungen für folgende Kosten erhalten:

Fahrtkosten

 
  • Kilometerpauschale: Für Fahrten mit dem eigenen Pkw zur Baustelle kann der Arbeitgeber 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer steuerfrei erstatten.
  • Sammelbeförderung: Wird eine Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber bereitgestellt, bleibt diese steuerfrei, sofern sie betrieblich notwendig ist.  

Arbeitnehmer dürfen für diese Wegstrecken keine Werbungskosten geltend machen, wenn sie eine steuerfreie Sammelbeförderung nutzen.

Pauschalbesteuerung bei Fahrtkostenzuschuss:
Ein steuerpflichtiger Fahrtkostenzuschuss kann durch den Arbeitgeber pauschal mit 15 % versteuert werden. Dies ist nur bis zur Höhe der Entfernungspauschale zulässig. 

Nutzung von Dienstfahrzeugen

 

Arbeitnehmer, die ein Firmenfahrzeug für Fahrten zwischen ihrer Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte nutzen, können keine steuerfreien Fahrtkostenzuschüsse vom Arbeitgeber erhalten.

Versteuerung des geldwerten Vorteils:

  • Für die zurückgelegten Strecken wird ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil angesetzt.
  • Dieser beträgt 0,03 % des Bruttolistenpreises pro Kilometer Entfernung und Monat.

Auswärtstätigkeiten:

  • Nutzt der Arbeitnehmer das Firmenfahrzeug im Rahmen einer beruflichen Auswärtstätigkeit, bleibt der geldwerte Vorteil steuerfrei.
  • In diesem Fall gelten die Fahrtkosten als Reisekosten und können entsprechend abgerechnet werden. 

Verpflegungsmehraufwendungen

 

Arbeitnehmer können für beruflich bedingte Abwesenheiten steuerfreie Pauschalen beanspruchen:

  • Ab 8 Stunden Abwesenheit: 14 EUR.
  • Ab 24 Stunden Abwesenheit: 28 EUR.

Für An- und Abreisetage bei mehrtägigen Reisen kann jeweils eine Pauschale von 14 EUR gewährt werden. 

Übernachtungskosten

 

Übernachtungskosten

Übernachtungskosten, die im Rahmen beruflicher Auswärtstätigkeiten entstehen, können vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.

Beiträge zur Zusatzversorgungskasse

Arbeitgeber im Baugewerbe sind verpflichtet, Beiträge zur Zusatzversorgungskasse auf Grundlage der Bruttolohnsumme ihrer Arbeitnehmer abzuführen. Diese Beiträge dienen der Finanzierung von:

  • Urlaub
  • Lohnausgleich
  • Beitragsanteilen

Steuerliche Behandlung: 
Die Beitragsanteile für Urlaub und Lohnausgleich gelten nicht als Arbeitslohn und müssen daher nicht versteuert werden.

Besteuerung der Leistungen: 

  • Auszahlungen aus der Urlaubskasse unterliegen einer pauschalen Lohnsteuer von 20 %.
  • Diese Pauschalversteuerung ist nicht abschließend. Die Beträge werden im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers berücksichtigt.
  • Die Zusatzversorgungskasse stellt hierfür eine Lohnsteuerbescheinigung aus.

Zusatzversorgungsbeitrag: 
Der Beitrag zur Zusatzversorgung ist als betriebliche Altersvorsorge in der Regel steuerfrei und unterliegt somit auch nicht der Sozialversicherungspflicht. 

Saison-Kurzarbeitergeld

Das Saison-Kurzarbeitergeld (gemäß SGB III) ersetzt frühere Leistungen wie das Winterausfallgeld oder Schlechtwettergeld. Es dient zur Sicherung von Arbeitsplätzen in der Bauwirtschaft während witterungsbedingter Arbeitsausfälle.

Steuerliche Behandlung:

  • Das Saison-Kurzarbeitergeld ist steuerfrei.
  • Die Zahlung unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt und erhöht somit den persönlichen Steuersatz bei der Einkommensteuer.

Besonderheiten:

  • Der Arbeitgeber darf bei Zahlung von Saison-Kurzarbeitergeld keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchführen.
  • Auch ein permanenter Jahresausgleich ist ausgeschlossen.

Weitere steuerfreie Leistungen:

  • Trennungsbeihilfen (ohne Progressionsvorbehalt).
  • Umlagen zur Winterbauförderung durch den Arbeitgeber. 

Haftung des Entleihers

Wenn Arbeitnehmer gewerbsmäßig verliehen werden, haftet der Entleiher für die Lohnsteuer der Leiharbeitnehmer, sofern der Verleiher keine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) besitzt.

Sozialversicherung

Besondere Leistungen im Baugewerbe

Das Baugewerbe bietet besondere Leistungen, um die Beschäftigung und soziale Absicherung der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Dazu gehören:  

  • Auslösungen zur Deckung von Mehrkosten bei auswärtiger Tätigkeit.  
  • Leistungen der Winterbauförderung zur Absicherung bei witterungsbedingten Arbeitsausfällen.

Beitragsrechtliche Bewertung von Erschwerniszulagen

 

Erschwerniszulagen wie:

  • Schmutzzulagen für belastende Arbeiten
  • Schneezulagen für Tätigkeiten bei widrigen Wetterbedingungen
  • Gefährdungszulagen für gefährliche Arbeiten
  • Hitze- und Kältezulagen oder Lärmzulagen

werden als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bewertet und unterliegen der Sozialversicherungspflicht. 

Maßnahmen zur Sicherung der ganzjährigen Beschäftigung

 

Zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung bestehen im Baugewerbe spezielle Regelungen:  

  • Während der Schlechtwetterzeit (1. Dezember bis 31. März) darf ein Arbeitsverhältnis nicht aus Witterungsgründen gekündigt werden.
  • Der Arbeitgeber führt für Arbeitnehmer ein individuelles Ausgleichskonto, um Arbeitszeiten flexibel zu gestalten.

Arbeitszeitregelung:

  • Innerhalb von 12 Monaten können 150 Stunden vorgearbeitet und 30 Stunden nachgearbeitet werden.
  • Sind keine Vereinbarungen getroffen, dürfen 30 Stunden vorgearbeitet und auf einem Ansparkonto gutgeschrieben werden, um Schlechtwetterzeiten auszugleichen.

Saison-Kurzarbeitergeld

 

Arbeitnehmer haben Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld, wenn der Arbeitsausfall auf: wirtschaftliche Gründe, witterungsbedingte Ausfälle oder unabwendbare Ereignisse zurückzuführen ist.

Wintergeld

 

Zusätzlich zum Saison-Kurzarbeitergeld erhalten Arbeitnehmer:

  • Zuschuss-Wintergeld
  • Mehraufwands-Wintergeld.

Steuer- und sozialversicherungsfrei:

  • Diese Leistungen sind steuerfrei und unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht.

Finanzierung:

  • Die Mittel stammen aus Umlagen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufbringen.
  • Bauhauptgewerbe: Umlage 2 % der Bruttolöhne (1,2 % Arbeitgeber / 0,8 % Arbeitnehmer).
  • Baunebengewerbe: Finanzierung erfolgt allein durch den Arbeitgeber.

Der Arbeitnehmeranteil ist jedoch steuer- und sozialversicherungspflichtig

Beitragsrechtliche Bewertung von Urlaubsabgeltungen

Urlaubsabgeltungen und Entschädigungsansprüche gemäß §§ 8–10 BRTV gelten als sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt und unterliegen der Beitragspflicht.

Einmalige Zahlungen:

  • Auch bei einer Auszahlung nach einer 3-monatigen branchenfremden Tätigkeit bleibt die Beitragspflicht bestehen.

Auszahlung durch SOKA-BAU

Urlaubsabgeltungen werden über die Sozialkassen im Baugewerbe (SOKA-BAU) abgewickelt, insbesondere durch die: Urlaubs- und Lohnausgleichskasse (ULAK).

Pflichten des Arbeitgebers:

  • Der Arbeitgeber führt die Beitragsberechnung und die erforderlichen Meldungen selbst durch.
  • Die Auszahlung erfolgt direkt durch die SOKA-BAU an den Arbeitnehmer.

Beitragseinbehalt durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse (ULAK)

Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse (ULAK) zahlt auf Antrag des Arbeitnehmers die Urlaubsabgeltung direkt an diesen aus. Dies wurde durch die Tarifpartner der Bauwirtschaft vereinbart.

Verfahren zum Beitragseinbehalt:

  • Der Arbeitnehmeranteil wird ohne Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenzen einbehalten.
  • Fehlerhafter Beitragsabzug: Wird ein zu hoher Beitrag einbehalten, muss der Arbeitgeber den Ausgleich vornehmen.

Abwicklung der Beiträge:

  • Die ULAK überweist den einbehaltenen Arbeitnehmeranteil an den Arbeitgeber.
  • Der Arbeitgeber leitet diesen Betrag zusammen mit seinem Arbeitgeberanteil an die zuständige Einzugsstelle weiter.
  • Alternativ kann die ULAK auf Ermächtigung die Beiträge direkt an die Einzugsstelle übermitteln. 

Aufgaben der ULAK im Insolvenzfall

Bei Insolvenz des letzten Arbeitgebers übernimmt die ULAK das Beitrags- und Meldeverfahren.

Ablauf des Verfahrens:

1. Datenübernahme:

  • Die ULAK zieht die erforderlichen Angaben aus den letzten Beitragsmeldungen des insolventen Arbeitgebers.
  • Fehlen diese, muss der Arbeitnehmer die Daten nachweisen.

2. Fehltage:

  • Diese werden von der ULAK nur berücksichtigt, wenn ihr dazu Informationen vorliegen.
  • Andernfalls kann ein zu hoher Beitrag einbehalten und abgeführt werden.

3. Sondermeldung:

  • Die Entgeltmeldung erfolgt mit Meldegrund 54 unter der Betriebsnummer des insolventen Arbeitgebers.

4. Beitragsnachweise:

  • Die ULAK meldet Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile und weist darauf hin, dass die Zahlungspflicht für den Arbeitgeberanteil weiterbesteht.

Entschädigungen nach § 8 Nr. 8 BRTV

Diese zählen nicht zum Arbeitsentgelt. Der Anspruch entsteht erst, wenn Urlaubsansprüche oder Abgeltungsansprüche verfallen. Es handelt sich um einen originären Anspruch gegenüber der ULAK

Zusatzversorgungsbeiträge

Beiträge zur zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung im Baugewerbe:

  • Steuerfrei: Diese Beiträge sind steuerlich begünstigt.
  • Sozialversicherungsfrei: Sie unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht.

Generalunternehmerhaftung für Subunternehmer

Grundsatz der Durchgriffshaftung

Ein Unternehmer im Baugewerbe, der einen Subunternehmer mit Bauleistungen beauftragt, übernimmt eine Durchgriffshaftung.

Haftungsumfang:

  • Der Hauptunternehmer haftet für die Zahlungspflichten des Subunternehmers, einschließlich Sozialversicherungsbeiträge.
  • Die Haftung erstreckt sich auch auf die Zahlungspflichten von Verleihern, die vom Subunternehmer beauftragt werden. 

Haftungsausschluss

Gemäß § 28e Abs. 3b SGB IV entfällt die Haftung des Hauptunternehmers, wenn er nachweisen kann, dass der Subunternehmer oder ein von diesem beauftragten Verleiher seine Zahlungspflichten erfüllt hat.

Voraussetzungen für den Haftungsausschluss: 
Der Hauptunternehmer muss sicherstellen, dass der Subunternehmer über ausreichende:

  • Fachkunde,
  • Zuverlässigkeit und
  • Leistungsfähigkeit verfügt.

Nachweismöglichkeiten:

  • Präqualifikation des Subunternehmers.
  • Prüfung, ob das Angebot des Subunternehmers die Lohnkosten einschließlich Sozialversicherungsbeiträge korrekt einkalkuliert.

Vorlage folgender Dokumente:

  • Freistellungsbescheinigung der Finanzbehörde zur Steuerpflicht.
  • Bescheinigungen der Einzugsstellen über die ordnungsgemäße Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Unbedenklichkeitsbescheinigungen

Ein Haftungsausschluss kann auch durch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der zuständigen Einzugsstelle nachgewiesen werden.

Inhalt der Bescheinigung:

  • Angaben zur Zahlungspflicht von Sozialversicherungsbeiträgen.
  • Anzahl der gemeldeten Arbeitnehmer, die für die Durchführung der Arbeiten ausreichend ist.

Gültigkeit der Bescheinigung:

  • 3 Kalendermonate ab Ausstellung.
  • Nach Ablauf verliert die Bescheinigung ihre Gültigkeit für neue Arbeitsentgelte. 

Wichtiger Hinweis

Beweislast beim Hauptunternehmer:

  • Der Hauptunternehmer trägt die Beweislast, um nachzuweisen, dass die Haftungsvoraussetzungen nicht vorliegen.
  • Die Einzugsstellen sind nicht verpflichtet, die Haftungsvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen.

Verwaltungserleichterung: 
Durch die vereinfachte Verwaltungspraxis hat die Beweislastführung in der Praxis meist nur noch eine untergeordnete Bedeutung

Auskunftspflichten des Nachunternehmers

Ein Nachunternehmer, der im Auftrag eines Hauptunternehmers Bauleistungen erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugsstelle Namen und Anschrift des Hauptunternehmers bereitzustellen.

Ausnahme:
Kann dieser Auskunftsanspruch von der Einzugsstelle nicht durchgesetzt werden, muss der Hauptunternehmer auf Verlangen die Namen und Anschriften aller beauftragten Subunternehmer offenlegen.

Achtung

Geldbuße bei Auskunftsverweigerung

Die Verweigerung der Auskunft stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Sie kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR geahndet werden.

Anwendungsbereich der Durchgriffshaftung

Die Durchgriffshaftung im Baugewerbe gilt bei einem geschätzten Gesamtwert aller Bauleistungen ab 275.000 EUR.

Berechnungsgrundlage:

  • Maßgeblich ist die Gesamtsumme aller Bauleistungen des Hauptunternehmers und seiner Nachunternehmer.
  • Einzelne Auftragsvolumina sind nicht entscheidend.
  • Die Schätzung erfolgt gemäß § 3 VgV.

Erweiterung der Durchgriffshaftung auf weitere Nachunternehmer

Die Haftung des Hauptunternehmers erstreckt sich auch auf Subunternehmer, die der beauftragte Nachunternehmer wiederum beauftragt.

Voraussetzung für die Haftungserweiterung:
Die Weiterbeauftragung darf nicht zum Zweck der Umgehung der Durchgriffshaftung erfolgen.

Umgehungstatbestand

Ein solcher Tatbestand wird angenommen, wenn der unmittelbare Nachunternehmer:

  • Keine eigenen Bauleistungen oder Planungs- bzw. kaufmännische Leistungen erbringt.
  • Kein Fachpersonal in ausreichendem Umfang beschäftigt.
  • In einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.

Info

Besonderer Prüfbedarf

Liegt der Firmensitz des Nachunternehmers außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), sind die Einzelfallumstände besonders zu prüfen.

Führung der Lohnunterlagen

Pflichten des Unternehmers

Ein Bauunternehmer, der einen Dienst- oder Werkvertrag ausführt, ist verpflichtet, die Entgeltunterlagen und Beitragsabrechnungen so zu führen, dass folgende Punkte nachvollziehbar zugeordnet werden können:

  1. Arbeitnehmer
  2. Arbeitsentgelt
  3. Sozialversicherungsbeiträge

Ziel der Regelung: 
Die Nachvollziehbarkeit dient der Durchsetzung der Haftungspflichten und ermöglicht eine Prüfung des Haftungsumfangs.

Achtung

Geldbuße bei Verstößen

Eine unzureichende Führung von Lohnunterlagen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Sie kann mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden.

Pflichten des Nachunternehmers

Ein Nachunternehmer erfüllt seine Pflicht zur Führung der Lohnunterlagen durch eine Kennzeichnung der Daten.

Alternative Nachweisführung:
Die Sozialversicherung akzeptiert, dass Nachunternehmer ihre Aufzeichnungspflicht durch die getrennte Aufbewahrung von Bescheinigungen nach § 19 Abs. 1 AEntG erfüllen. 
Die Kennzeichnung zur Zuordnung der Unterlagen erfolgt durch ein gemeinsames Merkmal, z. B. Personalnummer.

Sonderregelungen für bestimmte Mitarbeitergruppen:

  • Angestellte ohne Aufzeichnungspflicht nach § 19 Abs. 1 AEntG.
  • Mitarbeiter mit festem Monatsgehalt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Bauvorhaben arbeiten.

Zeiterfassung:

  • Für diese Gruppen gelten die Bescheinigungen nach § 19 Abs. 1 AEntG als Nachweis.
  • Die Aufzeichnungen müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ohne Pausen enthalten.