Außerordentliche Gesellschafterversammlung: Das sollten Geschäftsführer darüber wissen

Grundsätzlich wird zwischen ordentlichen und außerordentlichen Gesellschafterversammlungen unterschieden. Während ordentliche Gesellschafterversammlungen in einem von Gesetz und Gesellschaftsvertrag vorgegebenem regelmäßigen Turnus stattfinden, werden außerordentliche Gesellschafterversammlungen je nach Bedarf einberufen. Sie bieten den Gesellschaftern damit die Möglichkeit flexibel auf unvorhersehbare Ereignisse reagieren zu können.

Zuletzt aktualisiert am 14.08.2024
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Unterschiede zur ordentlichen Gesellschafterversammlung

Eine ordentliche Gesellschafterversammlung findet nach dem GmbH-Gesetz regelmäßig mindestens einmal jährlich statt. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch auch einen häufigeren Rhythmus vorschlagen. In der Praxis sind ein bis zweimal pro Jahr normal. Zudem sind Einladungsfristen und -formalien zu beachten.

Bei der ordentlichen Gesellschafterversammlung werden häufig Geschäftsberichte erörtert und die Geschäftsführung informiert die Gesellschafter über die Entwicklung des Unternehmens. Wichtigster Aspekt der ordentlichen Gesellschafterversammlung ist allerdings die Abstimmung über die Genehmigung des Jahresabschlusses und die daraus resultierende Gewinnverwendung (v. a. die Ausschüttung an die Gesellschafter).

Im Gegensatz dazu finden außerordentliche Gesellschafterversammlungen außerhalb dieses durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag vorgegebenen Rhythmus statt. Sie können kurzfristig einberufen werden und geben den Gesellschaftern die Möglichkeit, auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren, welche sich zwischen den ordentlichen Versammlungen ereignen.

Gründe für eine außerordentliche Gesellschaftsversammlung

Die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung kommt in der Praxis häufiger vor als man denkt, denn jeder Gesellschafterbeschluss wird in einer Gesellschafterversammlung gefasst. Man sollte sich daher von der Vorstellung verabschieden, dass jede Versammlung in einem formellen Rahmen, beispielsweise mit Einladung und bestimmten Formalitäten wie der Feststellung der Beschlussfähigkeit, stattfindet.

Gründe für die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung können demnach auch trivial sein. Man möchte z. B. den Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer anpassen oder die Geschäftsadresse ändern.

Daneben kann es aber auch gewichtige Gründe geben, die die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung notwendig machen. § 49 Abs. 2 GmbHG verpflichtet die Gesellschafter dazu, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint.

Das Gesetz regelt im darauffolgenden § 49 Abs. 3 GmbHG explizit, dass die außerordentliche Gesellschafterversammlung unverzüglich berufen werden muss, wenn sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist.

Weitere Gründe hat die Rechtsprechung festgelegt. Sie können auch durch den Gesellschaftsvertrag oder eine Gesellschaftervereinbarung spezifiziert werden. Häufig handelt es sich dabei um Krisensituationen wie drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.

Mögliche individuelle Gründe für eine außerordentliche Gesellschafterversammlung können z. B. auch sein:

  • Wenn ein Gesellschafter verstirbt
  • Ein Übernahmeangebot
  • Eine Änderung des Geschäftszwecks
  • Ein wegfallendes Geschäftsfeld
  • Die Abberufung und Kündigung eines Geschäftsführers

Achtung

Fehlerhafte Beschlüsse bei außerordentlichen Gesellschafterversammlungen

Gesetz und Rechtsprechung haben ein relativ komplexes System rund um das sog. Beschlussmängelrecht erarbeitet. Das Beschlussmängelrecht unterscheidet dabei jedoch nicht zwischen ordentlichen und außerordentlichen Gesellschafterversammlungen.

Ist ein Beschluss fehlerhaft, wird nach Art und Schwere des Mangels unterschieden. Beschlüsse können dabei entweder sofort nichtig oder aber gültig, jedoch anfechtbar sein. Ob ein Beschluss nichtig ist, wird mit einer Feststellungsklage gerichtlich festgestellt. Handelt es sich um anfechtbaren Beschluss, ist entsprechend die Anfechtungsklage statthaft.

Für den rechtsunkundigen Gesellschafter ist es kaum möglich die Fülle von Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen zu durchblicken und zu unterscheiden. Der Fokus sollte auch nicht auf der Unterscheidung der Gründe, sondern darauf liegen, offensichtliche Fehler zu vermeiden. Für Details – insbesondere bei komplizierten Beschlüssen wie Umwandlungen etc. – ist es durchaus sinnvoll, rechtlichen Beistand hinzuzuziehen. Mangelhafte Beschlüsse sind gerade bei unerfahrenen Gesellschaftern in der Praxis eher die Regel als die Ausnahme. Oft bleiben diese auch länger unentdeckt, bis es zum Streit kommt oder das Handelsregister oder Finanzamt Fehler entdeckt.

Fehler können dabei sowohl formaler (z. B. falsche oder zu späte Einladung) als auch inhaltlicher (sog. materielle Mängel) Natur sein.

Außerordentliche Gesellschaftsversammlung einberufen: Das müssen Sie beachten

Bei Vorhandensein und Einverständnis aller Gesellschafter kann eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ohne Einhaltung von Form und Frist abgehalten werden. Bei dieser können Beschlüsse gefasst werden. In der Praxis ist dies der häufigste Fall für die Beschlussfassung, da man Formalitäten auf ein Minimum reduziert und relativ schnell und mit wenig Aufwand einen kurzen Beschluss fassen kann. 

Das bietet sich gerade für kleine Unternehmen mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis an, insbesondere wenn die Gesellschafter eng miteinander verbunden sind und der oder die Geschäftsführer sog. Gesellschafter-Geschäftsführer oder geschäftsführende Gesellschafter sind.

Bei einem größeren Gesellschafterkreis oder bei Gesellschaftern, die nicht regelmäßig im Austausch sind, wird auch eine außerordentliche Gesellschafterversammlung deutlich formeller ablaufen müssen und von der Formalität eher einer ordentlichen Gesellschafterversammlung gleichen.

Die nachfolgende Checkliste kann Anhaltspunkte geben, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um eine möglichst rechtssichere außerordentliche Gesellschafterversammlung abzuhalten:

  • Liegt ein Grund für die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung vor? Überprüfen Sie hierfür sowohl die gesetzlichen Gegebenheiten als auch den Gesellschaftsvertrag, ob dieser besondere Gründe vorsieht.

Tipp

Praxis-Tipp

Hilfreich ist es, wenn der Gesellschaftsvertrag einige Beispiele vorsieht, was die GmbH-Gesellschafter als wichtigen Grund ansehen. Geben Sie den besonderen wichtigen Grund, der das zeitnahe Handeln erforderlich macht bereits in der Einladung zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung an.

  • Stellen Sie fest, wann Sie die außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen müssen. Prüfen Sie, wie dringend Ihr Anliegen ist. Je dringlicher, desto kürzer die Ladungsfrist, mit der Sie die außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen müssen. Weisen Sie in der Einladung auf die Dringlichkeit der Einberufung („Gefahr im Verzug“) hin. Die Rechtsprechung sieht eine Woche als angemessene Frist auch für die Einberufung von außerordentlichen Gesellschafterversammlungen an. Allerdings kann die Zeitspanne deutlich kürzer sein, wenn das Anliegen dringend ist.

Tipp

Praxis-Tipp

Es kann empfehlenswert sein, eine Frist im Gesellschaftsvertrag festzulegen, mit der Sie zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung einberufen können. Jedoch sollte diese nicht überbewertet werden, da von ihr in besonderen Eilfällen dennoch abgewichen werden kann. Grundsätzlich kann daher auch eine Einberufung zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung mit einer Frist von 24 Stunden rechtmäßig sein.

  • Gibt es weitere Formalien, die Sie vor dem Einberufen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung beachten müssen? Hier empfiehlt es sich, die Form der Einladung im Gesellschaftsvertrag festzulegen. Während früher der eingeschriebene Brief Standard war, ist mittlerweile eine Einladung via E-Mail zeitgemäßer. Ist nichts festgelegt, empfiehlt es sich allerdings, auf Nummer sicher zu gehen und den postalischen Weg vorzuziehen.  Weisen Sie jedenfalls ausdrücklich darauf hin, dass die Einladung dringlich ist, und geben Sie den Grund der Dringlichkeit in der Einladung an.
  • Prüfen Sie, wer die Gesellschafterversammlung einberufen muss. Überprüfen Sie dazu den Gesellschaftsvertrag Ihrer GmbH: 
    • Im Regelfall wird die außerordentliche Gesellschafterversammlung von den Geschäftsführern einberufen. Jeder Geschäftsführer kann die Einberufung allein vornehmen, auch wenn er nur gesamtvertretungsberechtigt ist.
    • Minderheitsgesellschafter können ebenfalls das Recht zur Einberufung erlagen, wenn Sie sich mit einem Anliegen an die Gesellschaft wenden und diesem Anliegen nicht abgeholfen wird. Diese Fälle sind naturgemäß in der Praxis seltener, aber auch sie kommen vor.
    • Eine GmbH hat grundsätzlich erstmal keinen Aufsichtsrat. Ist ein fakultativer Aufsichtsrat jedoch in der Satzung bestimmt, kann man diesem ebenfalls Einberufungsrechte für bestimmte Fällen zusage
  • Prüfen Sie, wer Protokoll führt. Geschäftsführer sind kein originäres Mitglied der Gesellschafterversammlung, sofern sie keine Geschäftsanteile halten. Deshalb sind Sie auch nicht zwingend der Protokollant. Achten Sie vor allem darauf, dass das Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung Ihrer GmbH folgende Punkte enthält: 
    • Orts- und Zeitangabe, also Beginn und Ende der Versammlung
    • Teilnehmer der Versammlung, bestenfalls mit Angabe ihrer Anteile am Stammkapital
    • Klarstellung der Einhaltung von Form und Frist oder Verzicht auf diese sofern möglich
    • Abstimmungsergebnisse
    • Die Sonderrechte einzelner Gesellschafter (z. B. Sperrminorität) müssen gesondert dargestellt werden.
    • Wichtig ist es, Beschlüsse klar und eindeutig zu formulieren. Undeutliche Formulierungen können wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen haben. Im Zweifel sollte immer ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.
    • Werden in der Versammlung Weisungen der Gesellschafter an die Geschäftsführer erteilt, ist auch hier auf den genauen Wortlaut der Weisung zu achten und eventuelle Fristen eindeutig zu kennzeichnen.
    • Beschlüsse, die der notariellen Beurkundung bedürfen – machen Sie hierzu einen gesonderten Vermerk, dass Beschlüsse erst durch notarielle Beurkundung wirksam werden. Vermerken Sie auch, wann der Termin beim Notar festgelegt werden soll.
    • Optional: Zeitpunkt der nächsten regulären oder außerordentlichen Gesellschaftsversammlung
    • Unterschriften

Tipp

Praxis-Tipp

Lassen Sie sich auf der folgenden Gesellschafterversammlung bestätigen, dass die Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung ordnungsgemäß ist.

Als Grundlage für Ihr Protokoll zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung können Sie auch unsere Protokoll-Vorlage für die ordentliche Gesellschafterversammlung nutzen. Achten Sie nur darauf, dass die oben genannten Punkte in Ihrem Protokoll enthalten sind und ergänzen Sie, wenn nötig.