Was ist die CSRD?
Die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist eine bedeutende Initiative der Europäischen Union und wurde erstellt, um die Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsberichten zu verbessern. Sie sollte die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ergänzen und strengere Anforderungen für die Berichterstattung über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) einführen.
Die CSRD soll Unternehmen dazu verpflichten, detaillierte Informationen über ihre Nachhaltigkeitsstrategien, -ziele und -maßnahmen unter Beachtung der sogenannten ESRS-Standards offenzulegen. Rechtliche Auswirkungen auf deutsche Unternehmen hätte die CSRD in Deutschland erst mit ihrer Umsetzung in deutsches Recht entfaltet. Die Umsetzung der CSRD in Deutschland verspätet sich jedoch.
Im ersten Schritt wären davon jene Unternehmen betroffen gewesen, die bereits unter die Richtlinie über die Angabe nicht-finanzieller Informationenfallen. Sie wären gemäß CSRD im Jahr 2025 erstmalig verpflichtet gewesen, nach CSRD-Vorgaben über das Geschäftsjahr 2024 Bericht zu erstatten. Dies sind Finanzakteure (Versicherer und Kreditinstitute) und Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitenden. Darauffolgend wäre die Berichtspflicht in mehreren Schritten ausgeweitet worden. Es hätten alle rechtlich „Großen Unternehmen“ folgen sollen, die derzeit nicht der Richtlinie über die Angabe nicht-finanzieller Informationen unterliegen. Sie hätten ab dem Jahr 2026 erstmalig über das Geschäftsjahr 2025 Bericht erstatten müssen.
Börsennotierte KMU (mit Ausnahme von Kleinstunternehmen), kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen hätten ab dem Jahr 2027 erstmalig über das Geschäftsjahr 2026 Bericht erstattenmüssen, sofern sie nicht aus-nahmsweise von der Möglichkeit des Aufschubs bis 2028 Gebrauch machen können.
Wie steht es um die CSRD-Umsetzung in Deutschland?
Bei der CSRD handelt es sich um eine durch die Europäische Kommission verabschiedete Richtlinie. Im Gegensatz zu Verordnungen (z. B. EU-Taxonomie), die unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gelten, gibt die Richtlinie lediglich das angestrebte Ziel vor. Die Mitgliedsstaaten entscheiden im Rahmen der Vorgabe der Richtlinie selbst, in welcher Form und mit welchen Mitteln dieses Ziel in nationales Recht überführt wird. Das bedeutet im Klartext Folgendes. Die Einführung der CSRD hätte bis 06. Juli 2024 in deutsches Recht durch den Gesetzgeber stattfinden müssen, um wirklich Wirksamkeit zu erlangen.
Diese Frist hat die Bundesregierung jedoch verpasst, weshalb es zu einer verspäteten Umsetzung der CSRD in Deutschland kommt. Gleichzeitig wurden auf EU-Ebene Veränderungen der bereits beschlossenen Richtlinie angestoßen, nachdem es große Kritik am damit einhergehenden bürokratischen Aufwand für Unternehmen gab. Erst im Dezember 2025 wurde hier mit einem Parlaments-Beschluss für Klarheit gesorgt – und der vorgesehene Wirkungskreis der CSRD deutlich abgeschwächt.
Rückwirkung rechtlich ausgeschlossen
Obwohl einige Unternehmen bereits auf freiwilliger Basis erste Nachhaltigkeitsberichte nach ESRS veröffentlichen, besteht aktuell keine rechtliche Verpflichtung zur Anwendung der CSRD-Vorgaben für das Geschäftsjahr 2024. Eine Rückwirkung des Umsetzungsgesetzes auf zurückliegende Berichtszeiträume ist ausgeschlossen, da sie mit dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot unvereinbar wäre. Dies hat auch das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) klargestellt. Trotzdem bleibt bei vielen Unternehmen eine gewisse Unsicherheit, etwa in der Frage, ob Kunden, Investoren oder Banken unabhängig von einer gesetzlichen Rückwirkung schon früher CSRD-konforme Angaben erwarten könnten.
Die Folgen der verspäteten CSRD-Umsetzung für Unternehmen in Deutschland
Die Verspätung der Umsetzung der CSRD in Deutschland hat zur Folge, dass die ESRS-Nachhaltigkeitsberichts-Pflichten, die ursprünglich ab dem Geschäftsjahr 2025 gelten sollten, vorerst ausgesetzt sind. Die Unsicherheit, die durch diese Situation entsteht, betrifft vor allem „Große Unternehmen“, die vorerst nicht berichtspflichtig sind, und Finanzakteure, die weiterhin berichtspflichtig (nach NFRD) bleiben – es bleibt jedoch letzteren überlassen, nach welchen Standards sie berichten. Fest steht, dass zum 01.01.2026 für das Geschäftsjahr 2025 keine ESRS-Berichtspflichten, wie in der CSRD vorgesehen, für „Große Unternehmen“ existieren oder kommen werden.
Für KMU bedeutet diese Unsicherheit, dass sie zwar derzeit keiner gesetzlichen Berichtspflicht unterliegen, jedoch indirekt durch ihre Geschäftsbeziehungen zu größeren, bereits nach wie vor oder u. U. künftig berichtspflichtigen Unternehmen betroffen sind. Diese Unternehmen fordern zunehmend Informationen über Nachhaltigkeitspraktiken von ihren kleineren Partnern, was den Druck auf KMU erhöht, sich mit den Anforderungen der CSRD auseinanderzusetzen.
Omnibus-Verordnung: EU-Kommission beschließt Änderung verschiedener Richtlinien
Die CSRD, deren Umsetzung sich in Deutschland verspätet, ist jedoch nicht die einzige Richtlinie im Bereich Nachhaltigkeit, bei der Unsicherheit herrscht. Das „europäische Wertschöpfungsketten-Gesetz“, die „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD) wurde im Sommer 2024 beschlossen und muss bis Juli 2027 in nationales Recht umgesetzt. Sie beträfe Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und mehr als 450 Mio. Umsatz. Die Kritik daran: Unternehmen sähen sich zu viel Bürokratie ausgesetzt.
Konkrete Ansätze zur „Entbürokratisierung“ liefert die EU-Kommission nun im Rahmen eines sogenannten Omnibus-Verfahrens. Damit wurden gleich mehrere bestehende Regularien, darunter auch CSRD, CSDDD und EU-Taxonomie, inhaltlich überarbeitet, harmonisiert und eingegrenzt. Der jüngste Beschluss vom 16. Dezember 2025 sieht folgende Änderungen vor:
- Der Adressatenkreis der CSRDwird verkleinert. Dafür wurden die Schwellenwerte erhöht: Beitragspflichtig sind künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Nettoumsatz von mehr als 450 Millionen Euro sein. Beide Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein – die bisherige “2-von-3-Logik” entfällt.
- Alle anderen Unternehmen fallen aus der Berichterstattung raus und sollen freiwillig nach den VSME berichten können.
- Wenn berichtspflichtige Unternehmen bei ihren Geschäftspartnern Informationenanfragen, dürfen diese nicht über die VSME hinausgehen.
- Ebenfalls beschlossen ist die Verschiebung des Starttermins: Unternehmen, die ab 2026/2026 zur Berichterstattung verpflichtet gewesen wären, erhalten einen Aufschub bis 2028.
- Die europäischen Berichtsstandards ESRS sollen vereinfacht werden – die Datenpunkte wurden um bis zu 89 % reduziert. Darüber hinaus werden keine branchenspezifischen Berichtsstandards (ESRS Set 2) eingeführt.
- Bei der CSDDD soll die Bewertung der gesamten Lieferkette entfallen – es sollen künftig nur direkte Geschäftspartner (Tier 1) betrachtet werden.
- Auch der Wirkungskreis der CSDDD wird angepasst: Nur noch Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden und mehr als 1,5 Milliarden Euro weltweitem Nettoumsatz sind betroffen.
Die Omnibus-Änderungen sind nun final und rechtlich bindend. Der Trilog wurde am 16. Dezember 2025 vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit (428:218) verabschiedet und vom Rat bestätigt. Die Richtlinie wird im EU-Amtsblatt veröffentlicht und tritt in Kraft. Die Mitgliedstaaten müssen die Änderungen bis 26. Juli 2027 umsetzen. Weitere substanzielle Änderungen sind in nächster Zeit nicht zu erwarten
Verspätete CSRD-Umsetzung in Deutschland: Das sollten KMU jetzt tun
Angesichts der Unsicherheiten und Herausforderungen, die durch die verspätete Umsetzung der CSRD in Deutschland oder Neufassung der angesprochenen Regularien entstehen, fragen sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU), was nun zu tun ist. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und „Große Unternehmen“ ist es weiter entscheidend, proaktiv zu handeln. Auch wenn derzeit keine direkte gesetzliche Berichtspflicht besteht, ist es ratsam, sich auf zukünftige Anforderungen vorzubereiten und die eigene Nachhaltigkeitsstrategie zu stärken. Das ergibt sich auch aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht für Unternehmer und Geschäftsleitungen, bei Entscheidungen immer auch Nachhaltigkeitsaspekte beachten zu müssen. Und es kann sein, dass Unternehmen, die Nachhaltigkeit nicht oder nur in geringem Umfang beachten, weniger Aufträge erhalten, wenn z.B. große Kunden oder andere Firmen bei der Auswahl von Geschäftspartnern auch Nachhaltigkeitsbemühungen zu Grunde legen.
- Verstehen und Bewerten der aktuellen Lage: Stoppen Sie zunächst Ihre Aktivitäten in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung und prüfen Sie die auf Ihre Organisation zutreffende Rechtslage. Bewerten Sie die sich daraus ergebenden Risiken und Chancen für Ihre Organisation, ihre Beschäftigten und sonstigen Stakeholder. Hilfestellung gibt unter anderem das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) in der Ausarbeitung aus Dezember 2024 sowie in der Erweiterung aus Februar 2025. Versuchen Sie in diesem Zuge auch, sich Wissen über Definition und Sinn von Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsmaßnahmen und -berichterstattung anzueignen.
- Lassen Sie sich beraten: Vertrauen Sie hierbei nicht blind auf manchmal fachlich unkorrekte Ratschläge. Falls Sie sich in dieser komplexen Materie nicht sicher fühlen, holen Sie sich fachkundigen Rat, beispielsweise auch von Abschlussprüfern. Eine konkrete Handlungsempfehlung hängt dabei vom konkreten rechtlichen Rahmen für Ihre Organisation, aber auch von den Erwartungen Ihrer relevanten Stakeholder (Gesellschafter, Aufsichtsgremium, Kunden, Banken, Versicherer, etc.) und Ihren eigenen Vorstellungen ab.
- Stellen Sie Ihre Aktivitäten nicht ein: Stellen Sie Ihre Nachhaltigkeits-Aktivitäten, welche über die Nachhaltigkeitsberichterstattung hinausgehen, nicht ein. Denn auch ohne Richtlinienbindung und Berichterstattung gilt – Nachhaltigkeit ist unverzichtbar. In den aktuellen Zeiten von vielfältiger Transformation und multiplen Krisen ist es für viele Organisationen und deren Organe nicht nur Pflicht, sondern überlebenswichtig, sich Gedanken über die Zukunftsfähigkeit und Resilienz des Geschäftsmodells zu machen. Gerade jetzt sollten Sie auf Basis angemessener Bewertung risikobasiert die wichtigen Dinge zuerst tun. Differenzieren Sie dabei zwischen reiner Bürokratie ohne Wertbeitrag und wertbeitragsstiftenden, drängenden Maßnahmen. Sollten Sie hier im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung bereits Kennzahlen erhoben, Risiken identifiziert sowie bewertet und Maßnahmen abgeleitet haben, so machen Sie unbedingt weiter.
- Lesen Sie erste CSRD-Nachhaltigkeitsberichte als Benchmark: Inzwischen werden europaweit erste Nachhaltigkeitsberichte im Internet veröffentlicht, die auf Basis der in einigen Ländern angewandten CSRD auf Grundlage der ESRS-Standards berichten. Die Lektüre dieser Berichte mag Ihnen ein Gefühl geben, wie Ihre eigenen Berichte in Zukunft gestaltet sein könnten.
Info
Vorteile unternehmerischer Nachhaltigkeit
Die ökonomische Nachhaltigkeit der Organisation, auch mit den Begriffen „Resilienz“, „langfristige Existenzsicherung“ oder „Risikotragfähigkeit“ umschrieben, ist das oberste und zwingende Ziel eines gewissenhaften Geschäftsführers. Wer gelebte Nachhaltigkeit im Unternehmen also forciert, profitiert davon gleich mehrfach.
Da die globale Erwärmung und ihre Auswirkungen auf das Klimageschehen weder in Europa noch in anderen Teilen der Welt einfach wieder verschwinden wird, werden auch morgen noch die Auswirkungen und der Umgang mit dem Klimawandel ein zentrales Thema für die Unternehmen und deren verantwortliche Organe bleiben. Zudem lässt sich mit ökologischer Nachhaltigkeit auch ökonomischer Erfolg sichern. Energieeffizienz ist nicht nur bei energieintensiven Unternehmen sehr wichtig – und kann die Produktionskosten erheblich senken. Ebenso ist die Financial Governance, die Sicherung von Liquidität und positivem Ergebnis neben Risikofrüherkennung eine Top-Prio-1-Maßnahme der ökonomischen Nachhaltigkeit.
Auch von sozialer Nachhaltigkeit können Unternehmen profitieren, indem diese im Zeitalter von New Work, Gen Z, Fachkräftemangel und KI-Revolution für angemessene Arbeitsbedingungen sorgt, die sowohl den Organisationen aber auch den Beschäftigten zugutekommen.