Zusammenfassung
Wiedereingliederung im Überblick
- Die stufenweise Eingliederung, auch Hamburger Modell genannt, zielt darauf ab, langzeitarbeitsunfähige Mitarbeiter schrittweise wieder an die volle Arbeitsbelastung heranzuführen.
- Recht auf Teilhabe am Hamburger Modell haben nur gesetzlich versicherte Mitarbeiter.
- In dieser Phase bleiben sie testiert arbeitsunfähig und erhalten keine Lohnfortzahlung, haben aber weiterhin Anspruch auf Lohnersatzleistungen wie Krankengeld.
- Die Wiedereingliederung wird individuell festgelegt und dauert in der Regel möglichst bis zu sechs, höchstens jedoch zwölf Monate.
Definition
Was ist eine Wiedereingliederung?
Die Wiedereingliederung ist eine freiwillige Maßnahme, die Unternehmen anbieten können, um Mitarbeiter nach längerer Krankheit für eine bestimmte Zeit stufenweise wieder an die Tätigkeit heranzuführen. Sie erfolgt auf Basis eines vom behandelnden Arzt vorgeschlagenen Stufenplans. Ziel ist, dass die Arbeitnehmer am Ende der Wiedereingliederung wieder in vollen Umfang ausführen und die Leistungsanforderungen wieder voll erfüllen können.
- Diese Methode nennt sich auch Hamburger Modell.
- Geregelt ist sie in §74 SGB V. Danach sind die Ärzte in der Pflicht: Spätestens ab einer Dauer der Arbeitsunfähigkeit von 6 Wochen hat eine Feststellung des behandelnden Arztes über eine mögliche teilweise oder stufenweise Wiedereingliederung zu erfolgen.
- Die Wiedereingliederung kann aber auch vom Arbeitgeber oder aber auch vom Mitarbeiter selbst angestoßen werden.
- Voraussetzung ist, dass der behandelnde Arzt der Meinung ist, dass der Erkrankte die Arbeit wieder voll oder teilweise aufnehmen kann.
Was ist der Unterschied zum BEM?
Die Wiedereingliederung nach einer Krankheit ist nicht mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) gleichzusetzen. Folgende Unterschiede sollten zwischen beiden Maßnahmen bekannt sein:
- Im Gegensatz zur Durchführung einer Wiedereingliederung sind Arbeitgeber in bestimmten Fällen gesetzlich zu einem BEM verpflichtet. Dies ist in § 167 SGB IX mit dem Titel Prävention geregelt.
- Arbeitnehmer, die länger als sechs Wochen in zwölf Monaten krankheitsbedingt ausfallen, haben Anspruch auf ein BEM-Gespräch.
- Eine Wiedereingliederung kann eine Maßnahme des BEMs sein.
- Das BEM selbst ist ein offener Prozess, in dem ausgelotet wird, was dem Arbeitnehmer hilft, um nach einer Erkrankung wieder im Unternehmen arbeiten zu können.
Was sind die Voraussetzungen für eine Wiedereingliederung nach Krankheit?
Die wichtigsten Voraussetzungen sind:
- Die Arbeitsunfähigkeit besteht weiterhin, aber eine langsame und schrittweise Rückkehr zum Arbeitsplatz erscheint möglich.
- Eine Medizinische Empfehlung eines Arztes liegt vor.
- Die Zustimmung der Krankenkasse oder Rentenversicherung ist vorhanden.
- Der Wille und die Zustimmung des Arbeitnehmers müssen vorhanden sein.
- Kooperation des Arbeitgebers, da die Wiedereingliederung im Betrieb stattfinden muss; Homeoffice oder mobiles Arbeiten kann Teil der Wiedereingliederung sein.
Es besteht kein Rechtsanspruch auf Wiedereingliederung – Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen zustimmen.
Wie läuft eine Wiedereingliederung nach Krankheit ab?
Die Wiedereingliederung nach einer Krankheit erfolgt nach einem bestimmten Ablauf. Dieser umfasst mehrere Schritte:
- Medizinische Empfehlung: Der behandelnde Arzt schlägt eine stufenweise Wiedereingliederung vor.
- Erstellung eines Wiedereingliederungsplans: Dieser wird in Absprache zwischen Arzt, Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt und enthält Angaben zur Dauer und zum Stundenumfang.
- Antragstellung: Die Krankenkasse muss die Maßnahme genehmigen.
- Beginn der Wiedereingliederung: Der Arbeitnehmer nimmt die Arbeit mit reduzierter Stundenzahl auf, wobei die Arbeitszeit schrittweise gesteigert wird.
- Regelmäßige Überprüfung: Der Arzt überwacht den Verlauf und passt ggf. den Plan an.
- Ende der Wiedereingliederung: Erfolgt entweder durch eine volle Arbeitsaufnahme, eine Verlängerung oder – falls keine Besserung eintritt – durch Abbruch.
Wie sieht ein Wiedereingliederungsplan aus?
Der behandelnde Arzt ist für den Stufenplan zuständig. Folgende Angaben muss der Plan mindestens enthalten:
- Beginn und Ende des Stufenplans
- Art und Dauer der verschiedenen Stufen
- Voraussichtlicher Zeitpunkt, an dem die volle Arbeitsleistung wiederhergestellt ist
- Ergänzende sinnvolle Maßnahmen
- Rücktrittsrechte und -gründe von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Tätigkeiten und Belastungen, die vermieden werden sollten
Beispiel eines Stufenplans für die Wiedereingliederung nach Krankheit
Ein Stufenplan für eine Wiedereingliederung nach einer einjährigen, krankheitsbedingten Abwesenheit für einen Grafikdesigner könnte so aussehen:
Woche 1 und 2 | Woche 3 bis 5 | Woche 6 bis 8 | Ab Woche 9 | |
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Wochenarbeitszeit | 4 Stunden | 5 Stunden | 6 Stunden | 8 Stunden |
Aufgaben |
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Vermeiden |
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Fakten zur Wiedereingliederung
Bei der Wiedereingliederung nach einer Krankheit müssen bestimmte Faktoren beachtet werden. Dazu gehören Folgende.
Verpflichtung seitens des Arbeitgebers
Die Wiedereingliederung ist weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer verpflichtend und für beide Parteien rein freiwillig.
Schwerbehinderte Angestellte dürfen bei Vorliegen von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten ein Gespräch zur Präventione einfordern. Das geschieht in der Regel über den Arbeitgeber, über das Integrationsamt oder – sofern vorhanden – über die Schwerbehindertenvertretung.
Arbeitszeit
Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell erfolgt anhand einer schrittweisen Erhöhung der Arbeitszeit. Die Steigerung der Arbeitszeit erfolgt je nach Einzelfall und Empfehlung des Arztes in der Regel wöchentlich oder zwei-wöchentlich.
- Die Arbeitszeiten besprechen die Angestellten mit Vorgesetzten und HR.
- Eine Arbeitszeiterfassung erfolgt während der Wiedereingliederung nicht, da der Mitarbeiter während der Wiedereingliederung weiterhin krankgeschrieben ist und offiziell noch keine Arbeitsfähigkeit besteht.
- Überstunden, Akkordzulagen oder Schichtzulagen werden nicht gezahlt und sollten auch nicht anfallen, da die Arbeitszeit geringgehalten werden soll.
Urlaubsanspruch
Während der Wiedereingliederung nach einer Krankheit besteht für den Arbeitnehmer kein Urlaubsanspruch, da offiziell noch eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Der Urlaubsanspruch selbst verfällt aber nicht, sondern wird wie gewohnt berechnet.
Wie viel Geld bekommt man bei der Wiedereingliederung?
Während des schrittweisen Wiedereinstiegs nach einer Krankheit besteht kein Anspruch auf Bezahlung bzw. reguläres Gehalt vom Arbeitgeber, da keine vollwertige Arbeitsleistung erbracht wird. Stattdessen erhält der gesetzlich versicherte Arbeitnehmer
- Krankengeld von der Krankenkasse (in der Regel 70 % des Bruttoeinkommens, max. 90 % des Nettoeinkommens).
- Übergangsgeld bei Bezug von Leistungen der Rentenversicherung bei Wiedereingliederung nach einer Reha-Maßnahme.
- Dafür muss die Wiedereingliederung spätestens vier Wochen nach der Reha beginnen.
Arbeitgeber dürfen ihren Angestellten in der Eingliederung nach einer Krankheit freiwillig ein Gehalt zahlen. Das kann aber zu einer Kürzung des Krankengelds führen.
Gescheiterte Wiedereingliederung
Die Wiedereingliederung darf für höchstens sieben Tage unterbrochen werden. Das muss im Stufenplan festgehalten werden. Beläuft sich der Ausfall des Angestellten während der Wiedereingliederung länger als sieben Tage, scheitert die Wiedereingliederung.
Bei einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Mitarbeiters ist ein sofortiger Abbruch der Wiedereingliederung möglich.
Dies kann sowohl der Angestellte, der Arbeitgeber, der behandelnde Arzt als auch der Rehabilitationsträger in Form von Krankenkasse oder Rentenversicherung veranlassen.
Der Arbeitnehmer gilt dann weiterhin als arbeitsunfähig und bezieht weiterhin Krankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld.
Wie sieht eine gelungene Wiedereingliederung aus?
Die stufenweise Wiedereingliederung nach einer Krankheit basiert auf Vertrauen und Hilfsbereitschaft. Angestellte sind häufig auf die Begleitung und Unterstützung von Arbeitgeber und Kolleg angewiesen, um die Rehabilitation erfolgreich zu bewältigen. Deshalb sollten bestimmte Eigenschaften durchgehend vorhanden sein.
- Zuerst einmal sollte das Gespräch mit dem Angestellten gesucht werden, um zu klären, was von der Wiedereingliederung erwartet wird.
- Die Parteien sollen erörtern, mit welchen Maßnahmen die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden kann und wie einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann.
Alle Beteiligten sollten jederzeit optimistisch an die Wiedereingliederung herangehen. Es handelt sich um einen Neuanfang, bei dem Prozesse optimiert werden können, was langfristig dem Arbeitnehmer aber auch dem Unternehmen zugutekommt.
Während der Wiedereingliederung sollten regelmäßige Feedback-Gespräche stattfinden.
Als Arbeitgeber sind Sie während der Wiedereingliederung zuständig für einen durchgehenden Kommunikationsfluss. Dazwischen dürfen gerne Vorgesetzte und Führungskräfte stehen, aber die Kommunikation mit dem Angestellten sollte immer vorhanden sein. Achten Sie aber auf den Datenschutz – personenbezogene Daten und insbesondere Daten zu Krankheiten bedürfen des besonderen Schutzes.
Die Krankenkassen und eventuell auch Ärzte wollen ebenfalls regelmäßige Updates bekommen, wie die Wiedereingliederung nach einer Krankheit verläuft.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Wiedereingliederung
Wie funktioniert die Wiedereingliederung nach Krankheit bei Teilzeit?
Für die Wiedereingliederung in Teilzeit gelten dieselben Regelungen wie in Vollzeit. Nur die Arbeitszeit verringert sich entsprechend der Teilzeitstelle.
Bei der Wiedereingliederung handelt es sich übrigens nicht um eine Teilzeitmaßnahme.
Zum einen werden neben der Arbeitszeit auch die Leistungen heruntergefahren.
Zum anderen handelt es sich bei der Wiedereingliederung um ein zeitlich begrenztes Konzept.
Wie viele Stunden wird bei der Wiedereingliederung gearbeitet?
Die Arbeitsstunden in der Wiedereingliederung hängen vom Einzelfall und dem Wiedereingliederungsplan ab. Für gewöhnlich beginnt die Wiedereingliederung nach einer Krankheit mit mindestens zwei Arbeitsstunden am Tag. Die Arbeitszeit wird dann schrittweise jede Woche oder alle zwei Wochen erhöht.
Wer bestimmt in der Wiedereingliederung die Arbeitszeiten?
Die Arbeitszeiten werden in einem Wiedereingliederungsplan festgelegt und mit Arzt abgesprochen. Die Entscheidung zur Länge der Arbeitszeit wird also zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Krankenkasse und Arzt beschlossen.
Wer stellt den Antrag auf Wiedereingliederung?
Der Antrag wird in der Regel durch den Arbeitnehmer gestellt, oft nach Empfehlung des Arztes. Der behandelnde Arzt erstellt den Wiedereingliederungsplan, der dem Arbeitgeber und der Krankenkasse vorgelegt wird. Letztlich müssen die Krankenkasse oder Rentenversicherung zustimmen.
Was muss der Arbeitgeber bei einer Wiedereingliederung nach einer Krankheit beachten?
- Zustimmung erforderlich: Der Arbeitgeber muss der Wiedereingliederung zustimmen, kann sie aber ablehnen, wenn betriebliche Gründe dagegensprechen.
- Keine Vergütungspflicht: Während der Wiedereingliederung besteht keine Verpflichtung zur Gehaltszahlung.
- Einsatz entsprechend des Wiedereingliederungsplans: Der Arbeitnehmer darf nicht über die festgelegte Stundenzahl hinaus belastet werden.
- Kein Statuswechsel: Der Arbeitnehmer bleibt weiterhin arbeitsunfähig.
- Berücksichtigung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM): Falls der Arbeitnehmer länger als sechs Wochen krank war, sollte der Arbeitgeber eine Wiedereingliederung im Rahmen des BEM anbieten (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Dessen Bestandteil kann dann das Hamburger Modell sein.
Fazit
Die Wiedereingliederung nach Krankheit ist eine wichtige Maßnahme zur Rückkehr in den Beruf. Sie erfolgt stufenweise und ist individuell an die gesundheitlichen Bedürfnisse angepasst. Während dieser Zeit besteht kein Lohnanspruch, sondern meist nur ein Anspruch auf Krankengeld. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich über die Bedingungen einig werden, wobei die Wiederherstellung der Gesundheit stets im Vordergrund steht.