Praktikanten effizent beschäftigen: So profitieren Sie von Ihren Praktikanten

Das Praktikum genießt gerade in Unternehmen einen eher zweifelhaften Ruf. Volle Arbeitstage, straffes Pensum – wo ist da noch Zeit und Energie für einen Praktikanten? Den Praktikanten beschäftigen wird als belastend und zeitraubend wahrgenommen. Doch wer mit dieser Einstellung an die Sache rangeht, lässt eine sinnvolle und möglicherweise für alle bereichernde Zeit zum Horrortrip werden. Oftmals sind die Praktikanten selbst diejenigen, die darunter am meisten zu leiden haben. Meist denkt man dabei an Schüler oder Studenten, die ein Pflichtpraktikum zu absolvieren haben. Jedoch ist ein Praktikum eine Möglichkeit für jeden, der einen Einblick in ein neues Berufs- und Aufgabenfeld bekommen möchte. Ein Praktikum können nicht nur Unternehmen, sondern auch Freiberufler oder Selbstständige anbieten. Mit unseren Tipps erfahren Sie, wie Sie Praktikanten effizient beschäftigen können und welche Voraussetzungen für ein Praktikum Sie als Arbeitgeber kennen sollten.

Zuletzt aktualisiert am 16.01.2025
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Praktikanten beschäftigen und von ihnen profitieren

Viele Praktikanten sind junge Menschen ohne viel Berufserfahrung. Nichtsdestotrotz kann das Praktikum zu einem erfolgreichen Geben und Nehmen werden. Denn, wenn Sie es schaffen, dass Ihr Praktikant von Ihrer Branche und Ihrem Unternehmen angesprochen wird, berichtet er wiederum anderen positiv und überzeugt von seiner Zeit – wertvolles Marketing für Ihr Unternehmen. Machen Sie das Praktikum also zu einem Erfolgserlebnis, von dem alle Seiten profitieren. 

Wer kann ein Praktikum machen?

Anders als bei einem Arbeitsverhältnis sind für ein Praktikum keine genauen gesetzlichen Vorschriften zu beachten. Sie können im Prinzip jeden als Praktikanten einstellen.

Dabei zählt vor allem, dass dem Praktikanten ein echter Mehrwert geboten wird und der Einblick in Ihren Arbeitsbereich tatsächlich stattfindet. In größeren Unternehmen ist das gelegentlich schwierig. Aber gerade wenn Sie als Einzelunternehmer einen Praktikumsplatz anbieten, ist die Gefahr vergleichsweise gering. Wer den Arbeitsalltag von Freiberuflern und Selbstständigen aus nächster Nähe erlebt, bekommt nicht nur einen Ausschnitt eines Berufs präsentiert. Vielmehr erhält der Praktikant einen umfassenden Einblick in Details des operativen Tagesgeschäfts. 

Wer darf Praktiken einstellen?

Einen Praktikumsplatz kann eine jede unternehmerisch tätige Person anbieten. Erfüllen Sie diese Voraussetzung, sind Sie in der Lage, einen Praktikumsbescheid auszustellen. Das ist vor allem bei einem Schülerpraktikum eine wichtige Voraussetzung. Denn die Bescheinigung muss häufig den Schulen vorgelegt werden, um die Erfahrung zu belegen.

Wie lange dauert ein Praktikum?

Wie lange ein Praktikum dauert, ist nicht definiert. Dies basiert stets auf den Absprachen zwischen dem Unternehmer und dem Praktikanten. Typischerweise liegt die Dauer zwischen zwei Wochen und drei Monaten - gelegentlich länger (z. B. bei Pflichtpraktika im Rahmen eines Studiums). Auch ob das Praktikum bezahlt wird oder welche Aufgaben dem Praktikanten zugetragen werden, kann individuell vor dem Beginn des Praktikums vereinbart werden, hängt aber damit zusammen, ob es sich um ein Pflicht- oder ein freiwilliges Praktikum handelt.   

Übrigens: Definiert ist auch nicht, wie viele Praktikanten man einstellen darf. Sie sollten sich lediglich Ihrer Verantwortung bewusst sein und sicherstellen, dass allen Praktikanten ein Mehrwert geboten wird und ausreichend Aufgaben bereitgestellt werden können.  

In 6 Schritten zum erfolgreichen Praktikum

Egal, ob Sie in einem Kleingewerbe einen Praktikanten anmelden oder in einem größeren Unternehmen einen einstellen: Die folgenden 6 Schritte stellen sicher, dass für alle Seiten ein Mehrwert geboten wird.

1. Praktikanten gewinnen

Der Weg zu einem erfolgreichen Praktikum beginnt schon beim Bewerbungsprozess. Machen Sie das Unternehmen attraktiv für zumeist junge und motivierte Menschen, die noch vor dem Einstieg ins Berufsleben stehen. Damit Sie und Ihr Unternehmen von genau solchen Personen wahrgenommen werden, setzen Sie dort an, wo diese sich aufhalten: Gehen Sie auf Schulen zu. Oftmals besteht die Möglichkeit, Informationen über Ihr Unternehmen und einen Praktikumsplatz zum Beispiel auf der Schulwebsite posten oder am Schwarzen Brett aushängen zu lassen. Stellen Sie zudem sicher, dass Ihre eigene Internetseite eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme bietet. Durch solche Kleinigkeiten gewinnen Sie direkt an Attraktivität.

2. Sich Zeit für die Praktikanten nehmen

Wenn Sie einen Praktikanten beschäftigen, ist es gerade am Anfang wichtig, dass Sie ihm nicht das Gefühl geben, er sei eine reine Belastung. Investieren Sie etwas mehr Zeit, um ihm Abläufe oder Prozesse zu erklären. So müssen Sie später auch weniger Verständnisfragen beantworten. 

3. Für Rückfragen der Praktikanten offen sein

Auch wenn Sie unter Zeitdruck stehen und gestresst sind, versuchen Sie dennoch, Ihrem Praktikanten zu vermitteln, dass er Sie jederzeit ansprechen kann. So wird die Hemmschwelle gesenkt und der Praktikant hat weniger Sorge, etwas falsch zu machen. Wenn einzelne Probleme und Unklarheiten direkt geklärt werden können, steigert sich seine Effektivität.

4. Verantwortung abgeben

Aus der Sicht eines Praktikanten kann es sehr motivierend sein, wenn ihm stückweise Verantwortung für einzelne Aufgaben und Abläufe übertragen werden. Wie sie jedoch tatsächlich mit dieser Verantwortung umgehen, variiert stark von Praktikant zu Praktikant: Während die einen durch Verantwortung motiviert werden, werden die anderen unsicher und haben Angst vor dem wahrgenommenen Druck. Hier ist es nun an Ihnen, den Praktikanten einzuschätzen und das richtige Maß zu finden.

5. Anspruchsvolle Aufgaben stellen

Ein Praktikant, der nichts zu tun hat und sich langweilt oder völlig unterfordert und frustriert an der Kaffeemaschine steht, ist garantiert kein Praktikant, der aus Ihrem Unternehmen rausgehen und anderen positiv davon berichten wird. Beschäftigen Sie Ihren Praktikanten, stellen Sie ihm anspruchsvolle, aber machbare Aufgaben, an denen er sich versuchen kann. Vorsicht, auch Überforderung frustriert. 

Lassen Sie ihn selbstständig versuchen, die Aufgaben zu erfüllen. Der Lerneffekt wird umso größer sein und gleichzeitig auch das Erfolgserlebnis. Ihre Aufgabe ist es, die Balance zwischen Herausforderung und Überforderung für Ihren Praktikanten zu finden.

6. Praktikanten sozial miteinbeziehen

Es ist gerade für den Praktikanten oft schon Überwindung genug, sich in ein völlig neues Umfeld ohne bekannte Personen zu begeben, wenn er dann auch noch alleine sein Mittagessen in der Kantine einnehmen muss oder sich in den Pausen auf die Toilette flüchtet, um nicht alleine irgendwo rumzustehen, ist das Praktikum mit größter Sicherheit für ihn gelaufen. Versetzen Sie sich in seine Lage: Wie würden Sie sich fühlen? Fragen Sie, ob er zum Beispiel in der Mittagspause mit Ihnen und den Kollegen gemeinsam Essen gehen möchte, denn auch solche kleinen Gesten können entscheidende Auswirkungen auf das Wohlbefinden aller Beteiligten haben.

Ein Praktikum ist oftmals auch eine Herausforderung für alle Beteiligten. Doch sind die etwaigen Schwierigkeiten ausgeräumt, werden Sie erstaunt sein, welchen  Output Ihr Praktikant leisten kann.

Wie ist ein Praktikant versichert?

Ob für ein Praktikum Sozialversicherungsbeiträge anfallen oder nicht, hängt von genauen Vereinbarungen ab. Dabei spielen auch Verdienstgrenzen eine Rolle.

Zunächst steht im Fokus, um welche Art von Praktikum es sich handelt (z. B. freiwilliges Praktikum, Schüler- oder Pflichtpraktikum). Sobald die Art und Dauer des Praktikums definiert sind, können Sie die sozialversicherungsrechtlichen Richtlinien der Krankenkasse prüfen. Diese geben an, ob eine Versicherungsfreiheit vorliegt.

Der sogenannte Übergangsbereich sorgt zudem dafür, dass bei einem Einkommen über 556 Euro nicht sofort der volle Beitragsanteil gezahlt werden muss. Haben Sie diesbezüglich Zweifel, können Sie zur Absicherung eine Steuerkanzlei hinzuziehen, die die Beschäftigung Ihres Praktikanten konkret einschätzt.  

Praktika als Win-Win-Situation für alle Beteiligten

Ein Praktikum bietet nicht nur den Praktikanten selbst die Chance, den Arbeitsalltag von Freiberuflern oder kleinen und großen Unternehmen kennenzulernen. Auch als Unternehmer können Sie Vorteile erwarten. So blicken unerfahrene Praktikanten mit einer frischen Perspektive auf Abläufe, hinterfragen Routinen und können wertvolle Rückmeldungen aus einer kundenähnlichen Perspektive geben. Wenn beispielsweise Informationen für Praktikanten unverständlich sind, könnten auch Kunden Schwierigkeiten haben – eine Gelegenheit zur Optimierung.

Ein Beispiel aus der Praxis

Dass auch für Freiberufler das Praktikum eine wertvolle Gelegenheit bieten kann, zeigt das Beispiel von Biggi Mestmäcker, freie Werbetexterin. Der Freund ihrer Tochter fragte vor dem Start seines Marketing-Studiums an, ob er bei ihr etwas praktische Erfahrung sammeln könne. Sie willigte ein und war überrascht über die positive Entwicklung der Zusammenarbeit. Der Praktikant entlastete Sie, während er wiederum wichtige Einblicke für seine Zukunft gewann. Seitdem hat Biggi Mestmäcker regelmäßig Praktikanten, die sie durch Anzeigen in Abi-Zeitungen, Online-Beiträgen oder lokalen Magazinen findet.

Kurz gesagt: Praktika sind auch für Freiberufler und deren Praktikanten eine wertvolle Erfahrung, die sich mit der Grundlage einer guten Organisation und gegenseitigem Engagement für beide Seiten lohnt.