Was ist das PUEG?
Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz sollten die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung verbessert werden. So sind sollen unter anderem seit 2024 Pflegegeld, Pflegesachleistungen sowie die Anzahl der Tage pro Kalenderjahr erhöht worden, für die Angehörige Pflegeunterstützungsgeld erhalten können. Damit soll eine pflegebedürftige Person besser von der eigenen Familie betreut werden können. Ziel war es auch, die Situation von professionellem Krankenpflegepersonal durch die Pflegereform 2023 zu verbessern.
Zudem sieht das PUEG eine Förderung der Digitalisierung in der Pflegeversorgung und Änderungen bezüglich der Pflegegrade vor.
Um die Finanzgrundlage der Pflegeversicherung zu stabilisieren, zahlen Versicherte durch die Pflegereform seit Juli 2023 höhere Beiträge in die Pflegekassen ein.
Die Besonderheit: Bei der Berechnung der Beitragssätze wird nun auch die Anzahl der Kinder berücksichtigt.
Hintergrund ist ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom April 2022. Das Gericht hat dem Gesetzgeber damals aufgetragen, dem Erziehungsaufwand der Eltern Rechnung zu tragen und Versicherte mit mehreren Kindern stärker zu entlasten, um die Pflegesituation im Allgemeinen zu verbessern.
Achtung
Keine Beitragsdifferenzierung bei Kranken- und Rentenversicherung
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich nur auf die Pflegeversicherung. Die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung müssen nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts nicht geändert werden.
Pflegeversicherung: bisherige Beitragssätze
Bisher lag der allgemeine Beitragssatz in der Pflegeversicherung bei 3,05 %. Hiervon übernahmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte, also 1,525 %.
Eine Ausnahme bildete dabei Sachsen: Hier haben Arbeitgeber nur einen Anteil von 1,025 % gezahlt, während Arbeitnehmer die restlichen 2,025 % übernahmen. Grund hierfür ist, dass der Buß- und Bettag in Sachsen 1995 bei der Einführung der Pflegeversicherung als einzigem Bundesland nicht abgeschafft wurde. Deshalb wird die durch den fehlenden Arbeitstag verursachte zusätzliche Arbeitgeberbelastung mit einem höheren Arbeitnehmeranteil ausgeglichen.
Bei Versicherten ab 23 Jahren, die keine Kinder haben, sah es etwas anders aus: Sie zahlten einen sogenannten Kinderlosenzuschlag von 0,35 %. Damit erhöhte sich ihr Beitragssatz auf insgesamt 3,4 %. Diesen Aufschlag mussten bzw. müssen zahlen die kinderlosen Versicherten komplett selbst zahlen, der Arbeitgeberanteil blieb unverändert bei 1,525 %.
Seit dem 1. Juli 2023 unterscheiden sich die Beitragssätze künftig nach der Anzahl der Kinder.
Neue Beitragssätze seit 1. Juli 2023
Zum 1. Juli 2023 stieg mit der Pflegereform der Beitragssatz in der gesetzlichen Pflegeversicherung um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 %. Ab 2025 steigt der Beitragssatz auf 3,6 %. Dieser gilt für Versicherte mit einem Kind. Arbeitgeber und Arbeitnehmer übernehmen davon je die Hälfte.
Während der Beitragssatz des Arbeitgebers ab 2025 in jedem Fall 1,8 % beträgt, änderte sich der Beitragssatz der Arbeitnehmer je nach Anzahl der Kinder.
Der Kinderlosenzuschlag stieg zum 1. Juli 2023 um 0,25 % auf 0,6 %. Damit erhöht sich 2025 der Beitragssatz für Kinderlose ab 23 Jahren auf insgesamt 4,2 %, von denen sie selbst 2,4 % zahlen. Kinderlose unter 23 Jahren zahlen keinen Beitragszuschlag. Für sie gilt der Basisbeitrag von 3,6 %.
Info
Abrechnung nach der Pflegereform 2023 in Lexware lohn+gehalt
Seit 1. Juli 2023 können Sie die Anzahl der Kinder Ihrer Arbeitnehmer in Lexware lohn+gehalt erfassen, das Programm berechnet dann die Beiträge für die Pflegeversicherung. Für die Abrechnung war die Installation des Updates Juli 2023 (Freigabe Anfang Juli) notwendig. Konkrete Hinweise, wie Sie die Daten in Lexware lohn+gehalt erfassen, und Tipps zum weiteren Vorgehen im Programm finden Sie im Artikel in unserem Support Center.
Differenzierte Beitragssätze für Versicherte mit mehreren Kindern
Arbeitnehmer mit mehreren Kindern werden ab dem 2. Kind bis zum 5. Kind in Höhe von 0,25 % je Kind entlastet. Der Abschlag gilt bis zum Ende des Monats, in dem das jeweilige Kind sein 25. Lebensjahr vollendet hat. Danach entfällt der Abschlag für dieses. Haben alle Kinder das 25. Lebensjahr erreicht, gilt für die Eltern gemäß PUEG der Grundbetrag von 3,6 % (2024: 3,4 %).
Folgende Beitragssätze gelten bundesweit ab dem 1. Januar 2025 (außer Sachsen):
Anzahl der Kinder | Gesamtbeitrag | Arbeitnehmeranteil | Arbeitgeberanteil |
---|---|---|---|
Ohne Kinder | 4,20 % (3,60 % + 0,60 %) | 2,40 % | 1,80 % |
1 Kind* | 3,60 % | 1,80 % | 1,80 % |
2 Kinder unter 25 Jahren | 3,35 % | 1,55 % | 1,80 % |
3 Kinder unter 25 Jahren | 3,10 % | 1,30 % | 1,80 % |
4 Kinder unter 25 Jahren | 2,85 % | 1,05 % | 1,80 % |
5 Kinder und mehr unter 25 Jahren | 2,60 % | 0,80 % | 1,80 % |
In Sachsen gelten abweichende Beitragssätze, weil dort der Buß- und Bettag weiterhin als arbeitsfreier Feiertag gilt:
Anzahl der Kinder | Gesamtbeitrag | Arbeitnehmeranteil | Arbeitgeberanteil |
---|---|---|---|
Ohne Kinder | 4,2 % (3,6 % + 0,6 %) | 2,90 % | 1,30 % |
1 Kind* | 3,60 % | 2,30 % | 1,30 % |
2 Kinder unter 25 Jahren | 3,35 % | 2,05 % | 1,30 % |
3 Kinder unter 25 Jahren | 3,10 % | 1,80 % | 1,30 % |
4 Kinder unter 25 Jahren | 2,85 % | 1,55 % | 1,30 % |
5 Kinder und mehr unter 25 Jahren | 2,60 % | 1,30 % | 1,30 % |
*Dieser Grundbetrag gilt auch, wenn alle Kinder das 25. Lebensjahr erreicht haben.
Achtung
Private Pflegeversicherung und Minijob von der Pflegereform 2023 nicht betroffen
In der Pflegeversicherung sind privat Versicherte von der Neuregelung des Pflegesystems nicht betroffen. Auch auf die Abrechnung von Minijobs hat die Neuregelung keine Auswirkungen.
Wer zählt als Kind?
Bei der Beitragsstaffelung werden alle Kinder unter 25 Jahren berücksichtigt. Als Kinder gelten:
- leibliche Kinder
- Stiefkinder
- Adoptivkinder
- Pflegekinder
Kinder unter 25 Jahren werden für beide Elternteile berücksichtigt. Bei Pflegekindern gelten die gleichen Regeln wie bei der Befreiung vom Kinderlosenzuschlag in der Pflegeversicherung. Damit Pflegekinder hierfür anerkannt werden können, muss das Pflegschaftsverhältnis auf Dauer angelegt sein.
Tipp
Besonderheiten bei Adoptiveltern und Stiefeltern
Bei Adoptiv- und Stiefkindern gelten Altersgrenzen. Detaillierte Informationen dazu, unter welchen Voraussetzungen die Elterneigenschaft von Adoptiv- und Stiefeltern anerkannt wird, finden Sie im Merkblatt des GKV-Spitzenverbands. Der Verband gibt dort auch Hinweise zu weiteren Sonderfällen bei der Berücksichtigung von Kindern und Elternunterhalt für die Berechnung der Beiträge.
Nachweis der Elterneigenschaft
Grundsätzlich sind Sie als Arbeitgeber nicht verpflichtet, Informationen über die genaue Anzahl und das Alter der Kinder Ihrer Mitarbeiter aktiv einzuholen. In der Bringschuld stehen also in erster Linie Ihre Mitarbeiter. Allerdings schadet es nicht, als gut informierter Arbeitgeber genau zu wissen, worum es geht, proaktiv zu informieren und nachträgliche Korrekturen zu vermeiden.
Ein digitales Verfahren soll es Arbeitgebern ermöglichen, die Kinderanzahl ihrer Mitarbeitenden elektronisch abzurufen. Allerdings lässt dieses Erhebungs- und Nachweisverfahren auf sich warten – zum 1. Juli 2025 soll es zur Verfügung stehen.
Wenn Mitarbeiter eine Berücksichtigung ihrer Kinder bei der Berechnung der Beiträge zur Pflegeversicherung wünschen, so müssen sie Ihnen einen entsprechenden Nachweis vorlegen. Folgende Nachweise dürfen Sie akzeptieren:
1. Freiwillige Selbstauskunft
Die einfachste Form des Nachweises ist die sogenannte „Freiwillige Selbstauskunft gegenüber dem Arbeitgeber“. Lassen Sie diese Selbstauskunft von jedem Ihrer Mitarbeiter ausfüllen und unterschreiben. Nehmen Sie die unterschriebene Selbstauskunft anschließend zur Personalakte des entsprechenden Mitarbeiters.
2. Sonstige Nachweise
Grundsätzlich eignet sich auch jede andere Form des Nachweises. In der Regel werden Ihnen Ihre Mitarbeiter die Geburtsurkunde des entsprechenden Kindes vorlegen. Je nach Eltern-Kind-Konstellationen (auch Adoptivkinder, Stiefkinder, Pflegekinder, etc. können berücksichtigt werden), kommen jedoch verschiedene Dokumente als Nachweis in Frage:
- Geburts- oder Abstammungsurkunde
- Vaterschaftsanerkennungsurkunde
- Adoptionsurkunde
- Bei Stiefkindern: Heiratsurkunde
- und weitere …
Übrigens: Auch im traurigen Fall, dass ein Kind versterben sollte, bleibt die sogenannte Elterneigenschaft des Angestellten bestehen.
Was müssen Sie als Arbeitgeber tun?
Als beitragsabführende Stelle müssen Arbeitgeber die neuen Regeln der Pflegereform 2023 ab dem 1. Juli umsetzen. Weil es in der Praxis aber einen erheblichen Aufwand mit sich bringt, die Daten und Nachweise zu den berücksichtigungsfähigen Kinder bei allen Arbeitnehmern einzusammeln, hat der Gesetzgeber Arbeitgebern eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025 eingeräumt.
Bis dahin gilt eine vereinfachte Nachweispflicht. Ab 1. Juli 2025 soll ein digitales Verfahren zur Verfügung stehen, um die Anzahl der Kinder abzurufen.
Ab 1. Juli 2023: Arbeitnehmer informieren und Selbstauskunft einholen
Vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 gilt ein vereinfachtes Nachweisverfahren. Das heißt: In diesem Übergangszeitraum genügt es, wenn Versicherte ihre unter 25-jährigen Kinder ihrem Arbeitgeber mitteilen, wenn dieser sie dazu auffordert. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Angaben seiner Mitarbeiter zu überprüfen.
Bis zum 30. Juni 2025 genügt die Selbstauskunft der Versicherten zu Name, Vorname und Geburtsdatum.
Wichtig: Bis zu dieser Frist gelten für Kinder, die vor dem 1. Juli 2023 geboren wurden, Nachweise auch rückwirkend. Das heißt: Bis zum 30. Juni 2025 sind die Beiträge rückwirkend ab 1. Juli 2023 zu korrigieren.
Tipp
Selbstauskunft schriftlich einholen
Unsere Empfehlung: Lassen Sie sich die Auskunft schriftlich geben. Wir haben für Sie einen Musterbogen „Freiwillige Selbstauskunft“ erarbeitet. Wenn Sie die Daten mündlich oder telefonisch erfragen, raten wir dazu, die Angaben über eine Aktennotiz in den Entgeltunterlagen festzuhalten.
In der Übergangszeit haben Arbeitgeber grundsätzlich die Wahl zwischen folgenden Optionen:
- Sie können die Angaben ihrer Mitarbeiter über die berücksichtigungsfähigen Kinder im Rahmen einer Selbstauskunft erfragen und ohne Überprüfung in ihre Lohnsoftware übernehmen.
- Sie können die Angaben überprüfen und sich Nachweise wie eine Geburtsurkunde vorlegen lassen.
- Sie können die Daten über das digitale Verfahren abrufen, sobald es zur Verfügung steht (ab 1. Juli 2025).
Achtung
Besser nicht mit der Abfrage der Kinder warten
Handeln Sie besser jetzt und warten Sie nicht mit der Abfrage der Kinder, bis das digitale Abrufverfahren bereit ist. Noch ist nicht abschließend geklärt, wer dafür zuständig ist, die Abschläge rückwirkend zum 1. Juli 2023 zu erstatten. Erfragen Sie die Kinder nicht und warten damit erst noch ab, kann es sein, dass Sie später eine Menge Arbeit mit der Abwicklung der Erstattung haben. Der Erstattungsbetrag muss zudem verzinst werden.
Bei Kindern ab 25 Jahren in der Regel kein Nachweis nötig
Da die Abschläge nur für Kinder unter 25 Jahren gelten, müssen Sie für Kinder ab 25 Jahre keine Nachweise bei Ihren Mitarbeitern einholen. Dabei ist jedoch zu beachten: Aufgrund der Elterneigenschaft sind diese Mitarbeiter vom Kinderlosenzuschlag befreit und zahlen den Grundbeitrag von 3,6 % (2024: 3,4 %).
In der Regel galt die Befreiung vom Leistungszuschlag für diese Mitarbeiter schon vor der Beitragsanpassung der Pflegereform zum 1. Juli 2023, sodass der Nachweis für die Elterneigenschaft bzw. für mindestens ein Kind bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingereicht wurde.
Digitales Abrufverfahren ab 1. Juli 2025
Ab dem 1. Juli 2025 soll es ein elektronisches Verfahren geben für die Erhebung und den Nachweis der Elterneigenschaft sowie die Anzahl der Kinder. Das Verfahren bietet einen großen Vorteil: Bei Änderung der Elterneigenschaft wird der Arbeitgeber proaktiv informiert. Das bedeutet, dass Arbeitgeber in den allermeisten Fällen keinen Nachweis mehr von ihren Beschäftigten anfordern müssen. Zentrale Datenquelle ist hier das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Es hält die Daten der Meldebehörde und die der Finanzämter bereit.
Sind die Daten beim BZSt nicht vollständig z. B. im Fall von steuerlich nicht erfassten Kindern (Stiefkinder), müssen Arbeitgeber und Beschäftigte individuell entscheiden, wie der Nachweis am besten erbracht werden kann.
Unternehmen werden für den Zugriff der Daten beim BZSt über die Schnittstelle der Rentenversicherung (DSRV) angebunden.
Ab 1. Juli 2025 neue Meldepflichten für Arbeitgeber
Bei Beginn und Ende einer pflegeversicherungsrechtlichen Beschäftigung sind Arbeitgeber ab dem 1. Juli 2025 dazu verpflichtet, eine zusätzliche elektronische Meldung über das SV-Meldeportal oder die genutzte Lohnsoftware an die DSRV zu erstatten.
Für alle Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 1. Juli 2025 geschlossen wurden, müssen Arbeitgeber zum 1. Juli 2025 einen Initialabruf vornehmen. Dafür haben Arbeitgeber bis zum 31. Dezember 2025 Zeit. Damit erhalten Arbeitgeber alle Informationen und künftige Änderungen in Bezug auf die Elterneigenschaft und der Kinderanzahl.
Abrechnungsbeispiel der neuen Pflegeversicherungsbeiträge
Unser Beispiel zeigt die Abrechnung der Pflegeversicherungsbeiträge gemäß Pflegereform 2023 bei einem monatlichen Gehalt von 3.000 EUR.
bis 30.06.2023:
Kinderlose ab 23 Jahre: 3.000 € x 1,875 % = 56,25 €
Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind: 3.000 € x 1,525 % = 45,75 €
Arbeitgeberanteil jeweils: 1,525 % von 3.000 € = 45,75 €
ab 01.07.2023:
Kinderlose ab 23 Jahre: 3.000 € x 2,3 % = 69,00 €
Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind: 3.000 € x 1,7 % = 51,00 €
Arbeitnehmer mit 2 Kindern bis 25 Jahre alt: 3.000 € x 1,45 % = 43,50 €
Arbeitnehmer mit 3 Kindern bis 25 Jahre alt: 3.000 € x 1,2 % = 36,00 €
Arbeitnehmer mit 4 Kindern bis 25 Jahre alt: 3.000 € x 0,95 % = 28,50 €
Arbeitnehmer mit 5 und mehr Kindern bis 25 J. alt: 3.000 € x 0,7 % = 21,00 €
Arbeitgeberanteil jeweils: 1,7 % von 3.000 € = 51,00 €
Hinweis: Ab 1. Januar 2025 erhöht sich der Grundbetrag auf 3,6 % und der Arbeitgeberanteil somit auf 1,8 %.