Die Fürsorgepflicht ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag
Das Arbeitsrecht definiert die Fürsorgepflicht als eine Nebenpflicht im Arbeitsvertrag. Es geht um eine sichere Gestaltung des Arbeitsplatzes, sodass dieser keine Verletzungs- oder Lebensgefahr darstellt. Wie die Fürsorgepflicht im Detail umgesetzt wird, hängt vom individuellen Unternehmen und dessen Tätigkeiten ab.
Die Fürsorgepflicht ergibt sich aus diversen Vorschriften
Zahlreiche Schutzvorschriften erläutern die Pflichten des Arbeitgebers im Einzelnen, z. B.
- das Arbeitsschutzgesetz
- das Arbeitszeitgesetz
- die Arbeitsstättenverordnung
- das Mutterschutzgesetz
- die Unfallvorschriften der Berufsgenossenschaften
- das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
- die Datenschutzgrundverordnung
Ein besonderer Fall ist der Beamtenstatus. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst, also des „Dienstherren“, besteht auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses.
Achtung
Ausschluss nicht möglich
Die Fürsorgepflicht steht als solche nicht im Arbeitsvertrag. Sie kann auch nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden, dies legt § 619 BGB fest.
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hat viele Facetten
Auf der Fürsorgepflicht beruhen unterschiedlichste Arbeitgeberpflichten, denen Sie als Führungskraft nachkommen müssen. Kurz gesagt geht es darum, dass für die Sicherheit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz gesorgt ist. Hierzu gehören beispielsweise der Schutz vor Mobbing, die ordnungsgemäße Abführung von Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträgen und die Entfernung ungerechtfertigter Abmahnungen aus der Personalakte. Auch bei Gewalt am Arbeitsplatz unterliegt der Arbeitgeber der Fürsorgepflicht und ist verpflichtet, umgehend dagegen vorzugehen.
Je nach Branche des Unternehmens kann sich die Fürsorgepflicht auf unterschiedliche Bereiche beziehen. So muss ein Handwerksbetrieb die Schutzausrüstung bereitstellen und ein Labor den Schutz vor Chemikalien sicherstellen.
Die Fürsorgepflicht kann auch Arbeitgeberrechte beschränken, z. B. bei der Anordnung von Berufskleidung, der Kontrolle der Arbeitsleistung oder privaten Internetnutzung oder beim Einsatz eines Arbeitnehmers mit gesundheitlichen Einschränkungen. Arbeitet ein Mitarbeiter mit einem Werkzeug oder einer Maschine, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dessen Sicherheit und Funktionstüchtigkeit zu gewährleisten. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber ein sicheres Werkzeug stellen, beispielsweise im Handwerk.
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit als Teil der Fürsorgepflicht
Einen wichtigen Bereich der Fürsorgepflicht nimmt der Arbeitsschutz ein. Hier geht es darum, dass das gesamte Arbeitsumfeld sicher gestaltet ist und Unfälle möglichst vermieden werden können. Als Arbeitsumfeld definiert sich hierbei das gesamte Gelände Ihres Unternehmens. Es geht somit um eine sichere Umgebung vom Angestelltenparkplatz bis hin zum Schreibtisch, der Werkstatt oder der Ladenfläche.
Hierauf sollten Sie besonders achten:
- Arbeitsmethoden: Sind die Methoden, mit denen gearbeitet wird, gefährlich? Sind die Mitarbeiter beispielsweise ausreichend gesichert?
- Arbeitsmittel: Wird das Werkzeug regelmäßig auf Mängel geprüft?
- Arbeitsprozesse: Werden in den täglichen Abläufen alle Sicherungsschritte berücksichtigt? Gibt es Sicherheitslücken?
- Arbeitsstoffe: Sind Stoffe evtl. gesundheitsschädigend? Gibt es mögliche physikalische Belastungen?
- Arbeitszeiten: Werden zu viele Überstunden gemacht? Werden Pausen eingehalten, um die Konzentration aufrechtzuerhalten?
- Einrichtung: Sind Möbel, Maschinen oder Anlagen abgenutzt?
- Einweisung: Werden Mitarbeiter richtig in Ihre Arbeitsabläufe eingeführt?
Psychische Belastungen: Besteht ein Verdacht auf Mobbing oder sexuelle Belästigung?
Die Sorgfaltspflicht: Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer
Die Sorgfaltspflicht verlangt vom Arbeitgeber, mögliche Gefahren für wichtige Rechtsgüter (z. B. Gesundheit des Arbeitnehmers) zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Somit sichert die Sorgfaltspflicht als Gesetz die Gesundheit der Arbeitnehmer. Dies kann bedeuten, dass ein Unternehmen gefährliche Tätigkeiten vermeidet oder diese nur mit angemessenen Sicherheitsvorkehrungen ausführt.
Die Gesundheit als wichtigste Fürsorgepflicht
Um die Gesundheit am Arbeitsplatz gewährleisten zu können, gibt es Arbeitgeberpflichten, die eingehalten werden müssen. Als Arbeitgeber sind Sie dazu verpflichtet, Maßnahmen zum Erhalt der Gesundheit bereitzustellen und gegen Gefährdungen strikt vorzugehen. Hierunter fallen sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit (z. B. Mobbing am Arbeitsplatz).
Achtung
Im Akutfall Anordnungen umsetzen
Liegt ein Verdachts- oder Infektionsfall vor, muss der Arbeitgeber den Anordnungen der Gesundheitsbehörde Folge leisten, z. B. Untersuchung der Mitarbeiter, Quarantäne für Einzelne oder den Betrieb.
Positivbeispiele: So wird die Fürsorgepflicht eingehalten
Da sich die Fürsorgepflicht über diverse Bereiche erstreckt, gibt es verschiedene Beispiele. Wichtig zu verstehen ist, dass es sich hierbei um einen Prozess handelt, der vor allem regelmäßig evaluiert und optimiert werden muss.
- Zur Förderung und dem Erhalt der körperlichen Gesundheit werden in einem Büro höhenverstellbare Tische und ergonomische Stühle bereitgestellt.
- Führungskräfte werden für jegliche Aspekte der Fürsorgepflicht sensibilisiert und sind trainiert, Lösungen zu suchen und auf Beschwerden direkt zu reagieren.
- Privateigentum kann in Schließfächern sicher verstaut werden.
- Es besteht die Möglichkeit zu Homeoffice, wenn Bedarf besteht.
- Der Arbeitgeber prüft genau, ob Pausen eingehalten werden, und geht seiner Fürsorgepflicht auch in Bezug auf Überstunden nach.
- Das Arbeitsumfeld ist barrierefrei gestaltet.
Welche Folgen hat eine Verletzung der Fürsorgepflicht für Arbeitgeber?
Verletzt ein Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht, können die Folgen je nach Art unterschiedlich sein. Entsteht hierdurch erhebliche Gefahr für Leib und Leben, darf der Arbeitnehmer die Arbeit verweigern. Dies darf so lange eingehalten werden, bis die Situation verbessert wurde. Wird dagegen z. B. Eigentum des Arbeitnehmers beschädigt oder zerstört, kann er Schadenersatz verlangen. Weist er den Arbeitgeber auf eine bestehende Gefahrenquelle hin und dieser reagiert nicht, darf der Arbeitnehmer unter Umständen fristlos kündigen oder eine Klage beim Gericht einreichen.
Kommt es zu einemArbeitsunfall im Betrieb, hat der Mitarbeiter Anspruch auf Kostenübernahme. Diese ist üblicherweise durch die Berufsgenossenschaft abgedeckt. In gravierenden Fällen ist sogar die Einleitung eines Strafverfahrens, z. B. wegen Körperverletzung, denkbar.
Praxis-Beispiel: Aufklärungspflicht oder nicht?
Ein Arbeitnehmer meinte, sein Arbeitgeber hätte ihn auf Grundlage der Fürsorgepflicht auf seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach dem Betriebsrentengesetz hinweisen müssen. Durch dessen Pflichtverletzung sei ihm ein Schaden entstanden. Denn hätte er davon gewusst, hätte er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Vor Gericht blieb er erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht verneinte eine dahingehende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.