A1-Verfahren: Was ist das genau?
Die Vorschriften des A1-Verfahrens gelten seit Mai 2010. Seither ist die Entsendebescheinigung („A1-Bescheinigung“) für jede vorübergehende Beschäftigung im EU-Ausland und einigen weiteren Staaten Pflicht. Betroffen sind z. B. Betriebe
- in denen Geschäftsreisen ins Ausland anfallen
- die Aufträge im Ausland annehmen
- mit Arbeitnehmern im Auslandseinsatz (z. B. Speditionen und Busunternehmen)
Das Formular über die A1-Bescheinigung bestätigt den kontrollierenden Stellen im Ausland, dass der Arbeitnehmer – trotz der Beschäftigung dort – weiter der deutschen Sozialversicherung untersteht.
Diese Länder sind vom A1-Verfahren betroffen
Die A1-Bescheinigung ist für den Auslandseinsatz in allen Mitgliedstaaten der EU, in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein, Norwegen), in der Schweiz und im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zu beantragen.
Zur EU gehören:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.
Entsendungen sind nur mit Antrag der A1-Bescheinigung möglich
Jedes Mal, wenn ein in Deutschland beschäftigter Arbeitnehmer vorübergehend zum Arbeiten ins Ausland geschickt wird, ist eine A1-Bescheinigung erforderlich. Das ist z. B. der Fall, wenn die Person:
- bei einem Kunden im Ausland eingesetzt wird
- als Aussteller oder Gast einer Fachmesse einen anderen Staat aufsucht
- sich als Geschäftsreisender, LKW- oder Busfahrer im Ausland aufhält
- in der Arbeitszeit zum Betanken des Geschäftsfahrzeugs über die Grenze fährt
Auch Selbstständige oder Geschäftsführer brauchen eine A1-Bescheinigung, wenn sie im Ausland arbeiten möchten. Sie müssen sich an die für sie zuständige Stelle wenden (s. u.). Wie lange der Arbeitseinsatz bzw. die Dienstreise dauern soll, spielt dabei keine Rolle.
Info
Entsendebescheinigung nachträglich beantragen
Steht eine Geschäftsreise kurzfristig an oder dauert diese nicht länger als sieben Tage, kann das A1-Formular im Bedarfsfall nachträglich beantragt werden. Auch wenn dies rechtlich zulässig ist, empfiehlt es sich, den A1-Antrag im Voraus zu stellen.
Der Antrag geht meistens an die Krankenkasse
Wo die A1-Bescheinigung zu beantragen ist, hängt davon ab, wie der Arbeitnehmer krankenversichert ist. Zuständig ist
- bei gesetzlich Versicherten die jeweilige Krankenkasse
- bei privat Versicherten die entsprechende Rentenversicherung, z. B. die Deutsche Rentenversicherung oder die DRV Knappschaft-Bahn-See
- bei privat Versicherten, die Mitglied in einem berufsständigen Versorgungswerk sind (z. B. Tierärzte, Steuerberater), die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen
Der Antrag geht meistens an die Krankenkasse
Wo die A1-Bescheinigung zu beantragen ist, hängt davon ab, wie der Arbeitnehmer oder Selbstständige krankenversichert ist. Zuständig ist
- bei gesetzlich Versicherten die jeweilige Krankenkasse
- bei privat Versicherten die entsprechende Rentenversicherung, z. B. die Deutsche Rentenversicherung oder die DRV Knappschaft-Bahn-See
- bei privat Versicherten, die Mitglied in einem berufsständigen Versorgungswerk sind (z. B. Tierärzte, Steuerberater), die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen
Ob Ausfüllhilfe oder Entgeltabrechnungsprogramm: Das A1-Verfahren verläuft vollständig elektronisch
Seit 01.01.2019 müssen Sie den Antrag für die A1-Bescheinigung Ihres Arbeitnehmers elektronisch stellen. Dazu benötigen Sie ein zertifiziertes Entgeltabrechnungsprogramm oder Sie nutzen das SV-Meldeportal. Der gesamte Datenaustausch erfolgt elektronisch, auch die Übermittlung der Bescheinigung. Sie ist auszudrucken und dem Arbeitnehmer auszuhändigen oder an ihn zu übermitteln.
Achtung
Ausnahme: Antrag in Papierform bei Grenzgängern, vertragslosem Ausland und Abkommensstaaten
In folgenden Fällen müssen Sie die Entsendebescheinigung in Papierform beantragen:
- Entsendungen in Abkommensstaaten
- Entsendungen ins vertragslose Ausland
- Grenzgänger (grenzüberschreitende Personen, die außerhalb von Deutschland wohnen, aber in Deutschland erwerbstätig sind und den deutschen Rechtsvorschriften unterliegen)
Eigentlich war für Januar 2024 ein digitales Antragsverfahren geplant. Dies verschiebt sich um ein Jahr. Ab Januar 2025 soll dann auch in diesen Fällen eine elektronische Beantragung möglich sein.
Die nötigen Formulare für die Antragstellung finden Sie auf der Webseite der DVKA.
Stellen Sie den Entsendeantrag rechtzeitig
Das Gesetz gibt den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern drei Arbeitstage Zeit, um den Antrag zu bearbeiten. Stellen Sie ihn darum so früh wie möglich. In besonders eiligen Fällen bleibt Ihnen nur die Möglichkeit bei der zuständigen Stelle nachzufragen, ob ausnahmsweise eine bevorzugte Bearbeitung möglich ist.
Der Arbeitnehmer muss das Dokument der A1-Bescheinigung bei einer Kontrolle im Ausland vorzeigen können. Das Entgeltabrechnungsprogramm erstellt nach Absenden des Antrags automatisch einen Nachweis. Er ist Beleg dafür, dass der Antrag vor Beginn der Auslandstätigkeit gestellt wurde.
Ohne A1-Bescheinigung drohen Bußgelder
Wird ein Arbeitnehmer ohne A1-Bescheinigung erwischt, ist damit zu rechnen, dass
- ihm der Zugang zum Messegelände oder der Baustelle verwehrt wird.
- er sofort die Arbeit niederlegen muss.
- ein Bußgeld oder ein zusätzlicher Sozialversicherungsbeitrag beim ausländischen Träger anfällt.
Mit Kontrollen und der Verhängung eines Bußgeldes ist vor allem in Frankreich und Österreich jederzeit zu rechnen. Eine Entsendung kann auch untersagt werden, wenn der Arbeitgeber bisher erteilte Bußgelder nicht bezahlt hat.
In Sonderfällen gibt es eine Dauerbescheinigung
Ist ein Arbeitnehmer oder Selbstständiger „gewöhnlich“ in mehr als einem Mitgliedsstaat beschäftigt, kann eine sogenannte Dauerbescheinigung für diese Länder ausgestellt werden. Eine gewöhnliche Beschäftigung liegt vor, wenn die Tätigkeit mindestens an einem Tag pro Monat oder fünf Tagen im Quartal ausgeübt wird. Die dauerhafte Bescheinigung ist bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) zu beantragen. Sie gilt dann für bis zu fünf Jahre.
Beispiel: Ein LKW-Fahrer fährt regelmäßig von Köln nach Barcelona
Die Einsätze mit diesem Fahrer stehen fest. Beantragt wird eine Dauerbescheinigung für Frankreich und Spanien.
Kommt es zu mehrfachen kurzen Einsätzen im Ausland, ist keine Dauerbescheinigung vorgesehen. Die A1-Bescheinigung muss hier jedes Mal neu beantragt werden.
Die A1-Bescheinigung für Transitländer
Transitländer sind Länder, die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit durchquert werden, in der die entsprechende Tätigkeit aber nicht ausgeübt wird. Deshalb ist für Transitländer auch keine A1-Bescheinigung notwendig.
Das gilt aber nur dann, wenn es sich bei der Tätigkeit um keine dauerhafte handelt, die auf der gesamten Strecke ausgeübt wird.
Fernfahrer und Fernfahrerinnen beispielsweise üben ihre Tätigkeit dauerhaft aus: den Transport von Waren. Wenn der LKW also Waren von Deutschland nach Spanien transportiert und dafür Frankreich durchquert, muss sowohl für Spanien als auch Frankreich eine A1-Bescheinigung vorliegen.
Eine Handwerkerin aus Deutschland, die einen Auftrag in Spanien ausführt und dafür Frankreich durchquert, benötigt nur die A1-Bescheinigung für Spanien, da in Frankreich die Erwerbstätigkeit nicht ausgeführt wird.
Andere dienstliche Tätigkeiten wie Telefongespräche oder E-Mail-Verkehr bleiben dabei unberücksichtigt, da sie als marginal angesehen werden. Dafür ist also nicht extra eine Entsendebescheinigung notwendig.
Antritt der Erwerbstätigkeit ohne A1-Bescheinigung
Sollte die A1-Bescheinigung noch nicht vorliegen, wenn die Tätigkeit im Ausland angetreten wird, gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Ein elektronisch gestellter Antrag geht in der Regel mit einem Antragsnachweis einher. Dieser kann in dem Fall statt des A1-Formulars vorgezeigt werden, bis dieses vorhanden ist.
- Wir der Antrag in Papierform gestellt, ist es sinnvoll, eine Kopie des Antrags mitzunehmen und diese Kopie vorzuzeigen, bis die A1-Bescheinigung vorliegt.
Das A1-Verfahren ist nicht alles
Je nachdem, in welchem Nachbarland Sie Ihre Arbeitnehmer einsetzen möchten, gelten zusätzlich weitere Vorschriften. Bei der Entsendung nach Frankreich benötigen Sie z. B. neben der A1-Bescheinigung grundsätzlich:
- Eine sogenannte Entsendemeldung: Diese ist auszufüllen und an die französische Arbeitsaufsichtsbehörde zu übermitteln.
- Einen Vertreter in Frankreich: Dieser fungiert als Schnittstelle zur dortigen Behörde.
Wie das im Einzelnen funktioniert und welche Besonderheiten für die Entsendung in andere Länder gelten, erfahren Sie bei der zuständigen IHK oder Handwerkskammer.