Zusammenfassung
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einem Building Information Modeling (BIM) lassen sich virtuell ganze Bauwerke abbilden und sämtliche Daten dazu in einer Cloud speichern – der Koordinationsaufwand sinkt und die Digitalisierung hält Einzug in die Baubranche.
- BIM-Systeme arbeiten zunehmend KI-gestützt.
- Alle öffentlichen Bauprojekte mit einem Bruttobauvolumen von mehr als 5 Mio. Euro müssen als BIM-Modelle geplant, ausgeführt und verwaltet werden.
- BIM ist auch für KMU wichtig, die als ausführende Firmen bei größeren Bauprojekten beteiligt sein möchten.
- KMU können sich individuell beraten lassen und die Beratungskosten mit Fördergeldern von Bund und Land decken.
Die Baubranche als Vorreiter bei der Digitalisierung
Die Baubranche steht schon lange vor großen Herausforderungen:
- Fortwährender Fachkräftemangel
- stetig steigende Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen
- anziehende Baustoffpreise
- steigende Lohn- und Personalkosten
Sie machen es Bau- und Planungsunternehmen schwer, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten und ihre allgemeine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Digitale Verfahren zur Bau- und Projektplanung sowie zur Projektsteuerung wurden daher schon frühzeitig eingeführt, um durch die erhöhte Produktivität in den Arbeitsabläufen Zeit und Geld zu sparen. Sie gehören zur Grundausstattung aller Architektur- und Planungsbüros.
Auch auf den Baustellen wurden schon früh digitale Vermessungs-, Bemaßungs- und Aufmaßsysteme eingesetzt und im Zuge der Entwicklung weiterer digitaler Systeme z. B. um 3D-Laserscanner und Drohnen ergänzt, die ihre Scan- und Messergebnisse direkt an die Planungssoftware liefern. Und die Digitalisierung schreitet im Bauwesen schnell voran: Auf der neuesten Stufe der Entwicklung, dem „Bauen 4.0“, werden in digitalen Planungs- und Bauausführungsverfahren einzelne digitale Systeme vernetzt und zusammengeführt. Großversuche mit dem 3D-Druck von kompletten Gebäuden, selbstfahrende Baumaschinen und erste Einsätze von Baurobotern, die das Verputzen und Fliesen übernehmen, lassen erahnen, wohin die Reise der Digitalisierung der Baubranche geht.
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Weiterführende Informationen zum Thema "Bauen 4.0"
Detailinformationen und weiterführende Links zum Thema „Bauen 4.0“ finden Sie auf dem Internetportal www.planen-bauen40.de, das von der Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens GmbH betrieben wird. Zu den Gründungsgesellschaftern gehören alle namhaften Verbände der deutschen Bauwirtschaft sowie die Bundeskammern von Architekten und Bauingenieuren.
Von Bauen 4.0 zu BIM
Während es beim Bauen 4.0 vorrangig um den Einsatz und die Vernetzung einzelner, separater digitaler Systeme und Softwarelösungen in der Planungs- und Bauphase geht, verfolgt das Building Information Modeling (BIM) dagegen einen ganzheitlichen Ansatz: Ein Bauwerk – egal, ob Gebäude, Straße oder Brücke – wird zunächst als Computermodell vernetzt geplant. In dieses Modell fließen alle relevanten Bauwerksdaten ein, die digital erfasst, kombiniert und dreidimensional modelliert werden.
Alle Bauwerksinformationen sind im Rahmen der Digitalisierung der Baubranche in einer Datenbank und Dokumentensammlung - beziehungsweise einer Bausoftware - so eng mit dem 3D-Modell des Bauwerks verknüpft, dass beispielsweise aus der Gesamtansicht eines Gebäudes heraus auf jedes einzelne Bauteil gezoomt werden kann. Mit einem Klick lassen sich anschließend folgende Informationen einsehen:
- Abmessungen
- Leistungsdaten
- Parameter
- Eigenschaften
- Entsorgungshinweise oder Wartungsinformationen
Die dafür erforderlichen Daten stellen viele Bauteile- und Baustoffhersteller in eigenen Online-Datenbanken zur Verfügung.
Da sämtliche Informationen in einem Cloudsystem verwaltet werden, haben alle beteiligten Fachkräfte wie Architekten, Ingenieure, Planer, Behörden und ausführende Bauunternehmen zu jedem Zeitpunkt der Planung, der Bauausführung, des Betriebs, des Abrisses oder der Entsorgung Zugriff auf die für sie freigegebenen Informationen. Das erleichtert auch die Kommunikation zwischen den jeweiligen Teildisziplinen. Dank der Digitalisierung der Baubranche entfällt ein erheblicher Koordinierungsaufwand für Bauunternehmen.
BIM begleitet also den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojekts und wird ständig mit neuen Informationen gefüttert, um ein möglichst aktuelles virtuelles Modell eines Bauwerks liefern zu können. Die Verzahnung kann dabei so weit gehen, dass bei einer Wohnanlage sogar die Nebenkostenabrechnung für Mieter oder Vermieter über das BIM-System erfolgt.
Effektivere Planung und größere Nachhaltigkeit – die Vorteile der Digitalisierung der Baubranche mittels BIMs
Bei der Planung lassen sich im BIM-System Projektvarianten schnell und einfach visualisieren. Planungsfehler werden dabei durch Kollisionsprüfungen weitestgehend vermieden, weil etwa beim Versetzen einer Tür sämtliche Versorgungsleitungen automatisch mit versetzt werden. Hat man sich für einen Entwurf entschieden, erfolgt die Mengenplanung der Baumaterialien und Bauteile ebenso automatisch wie die Aussendung der Ausschreibungen für die einzelnen Gewerke. Werden während der Bauphase Änderungen vorgenommen, bekommen die ausführenden Unternehmen die betreffenden Informationen in Echtzeit zugestellt - und können entsprechend schnell reagieren und die nötigen Maßnahmen ergreifen.
Dadurch, dass Mengen exakter geplant, Bauwerke und Bauteile termingerecht gewartet und gezielt entsorgt oder recycelt werden können, leistet BIM nicht nur einen Beitrag zur Digitalisierung der Baubranche, sondern bietet auch Potenziale zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit in Unternehmen.
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Weiterführende Informationen zum Building Information Modeling
Umfangreiche Grundlagen- und Detailinformationen zum Building Information Modeling und BIM-fähiger Software finden Sie im Online-Lexikon des Architekturmagazins BauNetz.
Digitalisierung in der Bauindustrie: BIM-Software und BIM-Manager
Außer der Datenbasis selbst sind die beiden wichtigsten Elemente bei der Bauwerksdatenmodellierung ein leistungsstarkes BIM-Softwaresystem und BIM-Manager, die sich um die Datenintegrität, einen möglichst aktuellen Daten- und Dokumentenbestand sowie die Koordination der Prozessbeteiligten kümmern.
Weil BIM-Systeme mit offenen Datenaustauschstandards arbeiten, sind so gut wie alle gängigen Architektur-, Konstruktions- und Projektplanungsprogramme in der Lage, BIM-Daten zu liefern oder zu verarbeiten. Mess- und Bilddaten, die zum Beispiel von Laserscannern oder Drohnen geliefert werden, können ebenfalls direkt in das BIM-Modell übernommen werden. Einschlägige Anbieter für BIM-Systeme sind z. B. AutoDesk und Vektorworks. Allein die Softwarekosten belaufen sich schnell auf über 1.000 EUR pro Jahr und Mitarbeiter, der in das BIM-System eingebunden ist. BIM-Manager sind häufig Bauingenieure mit einer entsprechenden Zusatzqualifikation.
Tipp
Praxistipps für Ihr Digitalisierungsprojekt
Welche Vorteile bringt die Digitalisierung kleinen und mittleren Unternehmen? Und wie können Sie mit Ihren Digitalisierungsprojekten erfolgreich starten? Antworten auf diese Fragen, zahlreiche Praxisbeispiele und Schulungsvideos finden Sie auf unserer Themenseite "Digitalisierung in KMU".
KI hält verstärkt Einzug in die Baubranche
Ursprünglich wurde KI im Zuge der Digitalisierung in der Baubranche hauptsächlich für Aufgaben wie Risikoanalyse und Simulation verwendet. Mittlerweile reicht ihr Einsatz aber wesentlich weiter. Moderne KI-Modelle sind in der Lage, komplexe Bauprojekte zu planen, das Projektmanagement zu optimieren, den Baufortschritt zu überwachen und sogar Fehler frühzeitig zu erkennen. Und auch BIM-Systeme arbeiten zunehmend mit KI-Unterstützung.
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Die KI für die Baubranche: BauGPT
Was ChatGPT für den Bereich der allgemeinen Texterstellung ist, ist BauGPT für die Baubranche. Bei BauGPT handelt es sich um ein sprach- und textbasiertes KI-Modell, das speziell für die Bauindustrie entwickelt wurde. Es kann bei der Erstellung von Bauplänen, der Risikobewertung von Projekten und der automatischen Generierung von Bauzeitplänen unterstützen. Die Kombination von natürlicher Sprachverarbeitung und maschinellem Lernen versetzt BauGPT in die Lage, komplexe Bauaufgaben zu verstehen und entsprechende Empfehlungen abzugeben, wobei die KI selbst stets auf die Notwendigkeit von Fachleuten und deren Kompetenzen oder einer zusätzlichen Prüfung hinweist.
Dank der fortschreitenden Digitalisierung in der Baubranche bietet KI auch im Bauprojektmanagement wertvolle Unterstützung. Sie hilft, Ressourcen effizienter zuzuweisen, den Fortschritt eines Projekts in Echtzeit zu überwachen und mögliche Verzögerungen vorherzusagen. Echtzeitdatenanalyse und Prognosealgorithmen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die Technologie kann große Mengen an Daten in Echtzeit analysieren und so aufschlussreiche Informationen liefern. Sie kann Risiken frühzeitig identifizieren und ermöglicht dank ausgefeilter Algorithmen eine bessere Ressourcenplanung. Bei Bauprojekten können KI-Anwendungen außerdem Baufortschrittsbilder und Videos analysieren, um den aktuellen Status eines Projekts zu bestimmen. Darüber hinaus kann KI dazu beitragen, die Lieferkette zu optimieren, indem sie Materialverfügbarkeit und -nachfrage genau prognostiziert.
KI-gestützte Design-Tools und Anwendungen wie die Autodesk Construction Cloud können architektonische Entwürfe optimieren, indem sie Faktoren wie Energieeffizienz, Materialauswahl und Budgeteinhaltung berücksichtigen. Architekten können mit KI-Unterstützung innovative und nachhaltige Gebäude entwerfen, die gleichzeitig den heutigen Anforderungen an Umweltschutz und Effizienz gerecht werden. Generative Gestaltungsalgorithmen und Simulationen sind weitere Beispiele dafür, wie KI den kreativen Prozess in der Architektur unterstützen kann.
Dank KI-Unterstützung verstehen Drohnen-Systeme ihre Umgebung immer besser und können auf Baustellen jetzt auch Baumaschinen, Baugeräte und Bausubstanz erkennen. Intelligente Drohnen können daher Baustellen überwachen, Baufortschritte verfolgen und eingesetzt werden, um z. B. selbstständig bestehende Gebäude auf Risse in der Fassade zu inspizieren.
BIM verpflichtend für alle öffentlichen Bauten
Bereits 2015 wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) der Stufenplan digitales Planen und Bauen verabschiedet, der die Umsetzung von BIM im Rahmen der Digitalisierung in der Baubranche vorantreiben sollte. Nach der Umsetzung diverser Pilotprojekte müssen seit 2020 alle öffentlichen Bauprojekte mit einem Bruttobauvolumen von mehr als 5 Mio. EUR als BIM-Modelle geplant, ausgeführt und verwaltet werden. Dies betrifft etwa den Bau von Schulen, Kitas oder Verwaltungsgebäuden, aber auch den von Brücken, Straßen und anderen Infrastrukturmaßnahmen.
Obwohl einige Landkreise und Kommunen im Zuge der digitalen Transformation zusätzliche Stellen für BIM-Manager geschaffen haben, wird bei den meisten öffentlichen Bauprojekten das BIM-Management aber von externen Planungs- oder Bauunternehmen übernommen.
Da BIM im öffentlichen Bauwesen obligatorisch ist, setzt sich BIM nun auch als Standard bei allen größeren Bauvorhaben durch.
Auch Kleinunternehmer müssen sich mit BIM auseinandersetzen
Angesichts der recht hohen Kosten, die mit dem Einsatz eines BIM-Systems und des erforderlichen Personals verbunden sind, ist klar, dass BIM-Systeme vor allem von größeren Bauunternehmen sowie größeren Konstruktions- und Planungsbüros eingesetzt werden. Kleinunternehmen und Handwerksbetriebe aus dem Mittelstand, die als ausführende Firmen an größeren Bauprojekten beteiligt sein möchten, müssen sich aber dennoch mit dem Thema BIM auseinandersetzen. Auch sie müssen die Voraussetzungen und den entsprechenden Digitalisierungsgrad bieten, um in den digitalen Informationsfluss und den erforderlichen Datenaustausch eingebunden werden zu können. Informationen rund um das Thema Digitalisierung in der Baubranche bieten die einschlägigen Handwerkskammern und Fachverbände an.
Was das allerdings konkret bedeutet, lässt sich am besten in einer individuellen Beratung feststellen. Geeignete Berater werden über die Fachverbände vermittelt. Ein Großteil der Beratungskosten wird vom Förderprogramm „go-digital“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) übernommen. Beachten Sie aber, dass das Programm aufgrund der angespannten Haushaltslage ab 1. Januar 2025 nicht mehr fortgeführt wird. Anträge im laufenden Jahr sind noch möglich.
Wie stark wird BIM genutzt?
Auch die Baubranche kam coronabedingt nicht um die Ausweitung der Digitalisierung herum. Neue Methoden wurden entwickelt, Werkzeuge genutzt und Arbeitsprozesse geschaffen. Dennoch nimmt Deutschland in diesem Punkt keinen Spitzenplatz ein. Tatsächlich ist der Staat noch sehr weit davon entfernt, mit der Konkurrenz mitzugehen. Zwar nimmt das vernetzte Arbeiten zu, dennoch muss im Bereich Digitalisierung in der Baubranche noch einiges getan werden.
Welche Trends gibt es bei der Digitalisierung der Bauindustrie?
Der Ruf nach Nachhaltigkeit wird auch im Baugewerbe lauter. Dies führt dazu, dass Materialien wie Holz oder Glas mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Einen wichtigen Teil trägt jedoch auch die Digitalisierung in der Baubranche bei: Dank der elektronischen Vernetzung werden weniger Ressourcen wie Papier für die einzelnen Planungsphasen genutzt (wichtiges Stichwort: papierloses Büro). Parallel dazu setzt sich eine nachhaltige Beschaffung der Rohstoffe durch: Diverse technische Tools führen dazu, dass Prozesse optimiert werden – was zu Kosteneinsparungen, höherer Effizienz und verschlankten Bauprozessen führt.
Digitalisierung der Baubranche mit BIM am Beispiel eines Bauunternehmens
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Unternehmensprofil
Name: WOLFF & MÜLLER Holding GmbH & Co. KG
Unternehmenssitz: Stuttgart
Gründungsjahr: 1936
Branche: Baugewerbe
MA-Anzahl: 2.100
Warum haben Sie Building Information Management (BIM) in Ihrem Unternehmen eingeführt?
BIM ist das Herzstück unserer Digitalisierungsstrategie. Wobei die Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern eine logische Folge des Denkens in Prozessen. Bei WOLFF & MÜLLER gilt der Grundsatz: Wir wollen so viel Serie wie möglich, nötig und sinnvoll in unsere Prozesse bringen. Der erste Schritt besteht darin, unsere Prozesse zu veredeln, indem wir sie erfassen und optimieren. Im zweiten Schritt werden die Prozesse dann digitalisiert. Auch hier gilt: Digitalisierung der Baubranche nur dort, wo es möglich, nötig und sinnvoll ist.
Was genau wollten Sie mit BIM digitalisieren?
Wir digitalisieren alle Informationen im Lebenszyklus eines Bauwerks – vom Entwerfen und Planen über den Bau und den Betrieb bis zum Abriss. Alle Beteiligten – Architektur- und Planungsbüros sowie Bauunternehmen – bringen ihre Arbeit in ein Datenmodell des Gebäudes ein.
Das Modell enthält die 3D-Geometrie und bauteilspezifische Parameter, aber auch die Faktoren Zeit und Kosten. Man plant und baut also in mehreren Dimensionen, erst virtuell, dann real. Der große Vorteil ist, dass ein konsistentes Datenmodell als einzige und stets aktuelle Informationsquelle entsteht. Jeder und jede Projektbeteiligte greift jederzeit auf die gleichen Informationen zu.
Wie war die Ausgangssituation bzw. mit welchen Herausforderungen hatten Sie vor BIM zu kämpfen?
Beim konventionellen Bauen ist es üblich, dass jedes Gewerk seinen 2D-Plan erstellt, und beim Architekturbüro läuft die Planung zusammen. Diese Form der Zusammenarbeit ist jedoch wenig flexibel und kann sehr umständlich sein.
Wird etwa im Laufe der Planung eine Wand verschoben, muss der Tragwerksplaner unter Umständen die Statik neu berechnen und die Fachplanerin für Gebäudetechnik die Versorgungsleitungen anders planen. Mit BIM und der damit verbundenen Digitalisierung der Baubranche hat das gesamte Team Zugriff auf den aktuellen Stand und kann sich viel enger und schneller abstimmen als mit herkömmlichen 2D-Plänen.
An dem Modell lässt sich auch automatisch erkennen, ob sich verschiedene Gewerke in die Quere kommen. Der Fachbegriff dafür lautet Kollisionsprüfungen. All das macht das Bauen besser, termin- und kostensicherer.
Haben Kunden oder Mitarbeiter BIM aktiv eingefordert?
Wir haben früh erkannt, dass BIM die Zukunft des Bauens ist, und waren Vorreiter bei der Anwendung der Methode. Wir haben ein zentrales BIM-Team aufgebaut und die Mitarbeitenden geschult. Anfangs waren es vor allem engagierte Planungsbüros und Bauunternehmen, die BIM in Deutschland vorangetrieben haben.
Auf Seiten der Bauherrschaft kommt der Wandel erst nach und nach an. BIM wurde zunächst als Planungsmethode verstanden und nicht als Technologie für eine zukunftsträchtige Digitalisierung der Baubranche. Vielen Bauherren ist noch nicht bewusst, wie sehr sie von BIM profitieren. Der Mehrwert zeigt sich auch in der langen Betriebsphase. Auf Wunsch können wir den gesamten Ausbau im Modell hinterlegen, bis hin zur einzelnen Steckdose. So entsteht ein digitaler Zwilling des fertigen Bauwerks.
Bauherren können ihn nutzen, um das gesamte Facility Management in der Betriebsphase zu planen, etwa die Energieversorgung, Wartung und Reinigung, aber auch spätere Umbauten. Leider wird diese Möglichkeit auf Auftraggeberseite noch wenig genutzt. Wir freuen uns über jeden Kunden und jede Kundin, der/die die BIM-Methode schätzt und bis hin zur Betriebsphase einfordert.
Wie lange dauerte die Umsetzung von BIM – von der ersten Anwendung bis heute?
2008 haben wir uns erstmals mit BIM befasst und die Methode seither sukzessive weiterentwickelt. Wir haben zunächst Erfahrungen innerhalb des Unternehmens gesammelt, erst in der Planungs- und dann in der Ausführungsphase. Der nächste Meilenstein bestand darin, BIM-Projekte zusammen mit externen Partnern zu bearbeiten. Dabei spielten Pilotprojekte wie das Rathaus Leonberg und das Porsche Casino in Weissach eine große Rolle.
Seit Anfang 2020 sind wir so weit, dass unsere gesammelten Erfahrungen jedem Hochbauprojekt zugutekommen. Standardmäßig nutzten wir BIM in der Rohbauphase. Wünscht sich der Kunde auch in weiteren Phasen eine BIM-Anwendung, so freut uns das, und wir setzen es sehr gerne um.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?
Um auf BIM umzustellen, muss ein Unternehmen vier Säulen aufbauen: Software, Richtlinien, Prozesse und – am wichtigsten – Menschen. Die BIM-fähige Software ist schnell angeschafft. Richtlinien und Prozesse sorgen für die einheitliche Anwendung von BIM.
Wir haben für WOLFF & MÜLLER sogenannte Anwendungsfälle definiert. Sie regeln, wie wir die Methode zur Digitalisierung der Baubranche in den verschiedenen Projektphasen nutzen. Zum Beispiel leiten wir die Materialmengen für die Ausschreibung und Vergabe der verschiedenen Gewerke aus dem Bauwerksdatenmodell ab, erstellen automatisierte Terminpläne und simulieren den Bauablauf.
Die wichtigste Säule aus unserer Sicht sind jedoch die Menschen. Man muss alle beteiligten Personen auf dem neuen Weg mitnehmen.
Welche Rolle spielen externe Partner?
Wir haben im Laufe der Jahre einen Pool von BIM-erfahrenen Planungsbüros aufgebaut, mit denen wir schon viele Projekte realisiert haben und entsprechend gut eingespielt sind, das macht die Zusammenarbeit einfacher. Unser Ziel ist es auch, die Datenmodelle mit unseren ausführenden Baupartnern auszutauschen.
Das funktioniert aber nur, wenn die Baupartner ihre entsprechenden Prozesse ebenfalls digitalisiert haben und die Digitalisierung der Baubranche ebenfalls vorantreiben. Zudem arbeiten wir mit externen Partnern wie BIMsystems daran, das Datenmanagement bei BIM-Projekten zu verbessern.
Wie hat BIM Ihr Geschäft verändert?
Wir können nun alle Informationen entlang des Produktlebenszyklus eines Bauwerks an einem zentralen Ort bündeln und managen. BIM bedeutet also ein besseres Informationsmanagement. Das ist die Voraussetzung für alle weiteren Schritte im Digitalisierungsprozess.
Können Sie die Vorteile konkret benennen?
Kurz zusammengefasst sind die Vorteile dieser Form der Digitalisierung innerhalb der Baubranche folgende:
- mehr Qualität
- mehr Planungs-, Termin- und Kostensicherheit für Bauprojekte
- bessere Zusammenarbeit im Projektteam
Wie haben Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner auf die digitale Lösung reagiert?
Für Mitarbeitende gilt: Wer einmal mit BIM gearbeitet hat, möchte in der Regel nicht mehr zurück in die 2D-Ära. Auch Bauherren sind oft regelrecht begeistert. Vor allem die 3D-Visualisierungen, die wir aus dem Modell ableiten können, sind sehr hilfreich.
Sie vermitteln eine sehr realitätsnahe Vorstellung von dem späteren Gebäude. Die späteren Nutzer können das Bauwerk virtuell begehen, lange bevor wir den ersten Spatenstich gesetzt haben. Bei Baubesprechungen können wir auf jedes Detail zoomen und es uns genauer anschauen. Das erleichtert die gemeinsame Lösungsfindung.
Was können Sie anderen KMU raten, die ihre Geschäftsprozesse mithilfe einer digitalen Lösung optimieren möchten?
Wir plädieren für Mut statt Gemütlichkeit. Die Digitalisierung der Baubranche erfordert eine gründliche Vorbereitung, am besten auf Grundlage einer klaren Digitalisierungsstrategie, und ist ein Change-Prozess für das ganze Unternehmen. Die Zielvorgabe muss ganz klar vom obersten Management kommen, doch die Umsetzung im Berufsalltag ist Sache der Mitarbeitenden.
Gibt es bereits Planungen, BIM weiter auszubauen?
Zurzeit ist BIM bei WOLFF & MÜLLER Standard in der Rohbauphase im Hochbau. Bei vielen Projekten wickeln wir auch schon den Ausbau, die Technische Gebäudeausrüstung und weitere Gewerke BIM-basiert ab.
Wir wollen die Methode aber möglichst auf alle Phasen ausweiten und noch intensiver nutzen. Ziel ist zudem, dass wir Bauherren einen digitalen Zwilling des fertigen Bauwerks überreichen, den sie dann in der Betriebsphase nutzen können.
Zudem führen wir BIM auch in anderen Bausegmenten ein, etwa im Tief-, Straßen- und Brückenbau. Wir bauen die Methode also kontinuierlich weiter aus.
Welche Digitalisierungsprojekte möchten Sie als nächstes angehen?
BIM ist zwar ein wesentliches, aber nicht das einzige Werkzeug unserer Digitalisierungsstrategie der Baubranche. Wir setzen auch auf Virtual Reality, vernetzte Baumaschinen oder die Drohnenvermessung. Und wir digitalisieren nicht nur die Bauprozesse, sondern auch viele weitere Abläufe, etwa im Personalwesen.