Inkongruente Gewinnausschüttung: Mehr Gestaltungsspielraum für Gesellschafter

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass sich Gesellschafter einer GmbH auf Gewinnausschüttungen verständigen, die von ihren Beteiligungsverhältnissen abweichen. Dadurch eröffnen sich neue steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten. Da es in der Praxis immer wieder Probleme mit dem Finanzamt gab, hat das Bundesfinanzministerium klare Regeln zur inkongruenten Gewinnausschüttung veröffentlicht. Was Sie steuerlich beachten sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.

Zuletzt aktualisiert am 18.10.2024
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Inkongruente Gewinnausschüttung: Grundlagen

Eine inkongruente Gewinnausschüttung liegt vor, wenn sich die Gesellschafter einer GmbH auf eine von den Beteiligungsverhältnissen (Anteil am Grund- bzw. Stammkapital) abweichende Gewinnausschüttung einigen.

Beispiel aus der Praxis: Der zu 70 % an der GmbH beteiligte Gesellschafter erhält nur 50 % des Gewinns. Die übrigen 50 % werden an den Minderheitsgesellschafter ausgeschüttet.

Lange Zeit wurde eine solche inkongruente Gewinnausschüttung nur dann steuerlich nachvollzogen, wenn es gewichtige wirtschaftliche Erklärungen für diese Ungleichverteilung gab. Als Gründe für die von der Beteiligungsquote abweichende (= inkongruente) Gewinnausschüttung wurden danach akzeptiert:

  • die entgeltfreie Nutzungsüberlassung eines Grundstücks oder
  • die unentgeltliche Tätigkeit als Geschäftsführer.

Neue Vorgaben für inkongruente Gewinnausschüttungen

Bis September 2024 haben die Finanzämter eine inkongruente Gewinnausschüttung nur anerkannt, wenn die Abweichung vom Beteiligungsverhältnis im Gesellschaftsvertrag nach § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG vereinbart wurde oder wenn eine Klausel in der Satzung die inkongruente Gewinnausschüttung erlaubte und die Gesellschafter dieser jährlich zustimmten (BMF, Schreiben v. 17.12.2013, Az. IV C 2 – S 2750 – a/11/10001). 

Das Bundesfinanzministerium hat aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seine Spielregeln für die Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung angepasst (BMF, Schreiben v. 4.9.2024, Az. IV C 2 – S 2742/19/10004:003). Danach sind inkongruente Gewinnausschüttungen steuerlich anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind. Das ist in folgenden Fällen zu bejahen: 

  • Gesellschaftsvertrag: Die abweichende Regelung ist im Gesellschaftsvertrag enthalten und die tatsächliche Gewinnverteilung entspricht diesem vereinbarten Verhältnis. 
  • Öffnungsklausel: Im Gesellschaftsvertrag findet sich eine Klausel, nach der eine abweichende Gewinnausschüttung beschlossen werden kann, wenn der benachteiligte Gesellschafter zustimmt. 
  • Punktueller Beschluss: Anerkannt wird auch ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss für eine Vorabausschüttung. Hier wird die Satzung zwar punktuell verletzt, nicht aber für die Vergangenheit (siehe dazu auch: BFH, Urteil v. 28. September 2022, VIII R 20/20). 
  • Gespaltene Gewinnverwendung: Bekommen die Minderheitsgesellschafter eine Gewinnausschüttung und der Anteil an der Gewinnausschüttung wird in eine Kapitalrücklage eingestellt, ist das steuerlich anzuerkennen (siehe dazu auch: BFH, Urteil v. 28. September 2021, VIII R 25/19). 

Diese neue Sichtweise des Bundesfinanzministeriums vom 4. September 2024 ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Wer also Probleme mit dem Finanzamt im Einspruchsverfahren oder bei laufenden Betriebsprüfungen hat, sollte auf diese neuen, steuerzahlerfreundlicheren Spielregeln zur Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung hinweisen.

Info

Inkongruente Gewinnverteilung eröffnet neue Möglichkeiten

Mit diesen Vorgaben zur inkongruenten Gewinnausschüttung haben Sie bessere Möglichkeiten, z. B. im Rahmen einer Nachfolgeregelung dem Junior zunächst eine höhere Beteiligung einzuräumen, sich selbst aber noch einen größeren Gewinnanteil zu sichern, ohne dass die Finanzbehörden die Gewinnumverteilung als verdeckte Gewinnausschüttung monieren.