Viel Selbstverantwortung – weniger Risiko: Viele Menschen wollen unabhängig, flexibel und ihr eigener Chef sein. Kurz gesagt, sie wünschen sich, sich selbst zu verwirklichen. Einige wollen zudem einen Mehrwert nicht nur für sich und das eigene Umfeld, sondern für die gesamte Gesellschaft schaffen. Der finale Schritt in die Selbstständigkeit kann dabei mehr oder weniger fluide erfolgen: sei es in Vollzeit oder im Nebenberuf. In einer kürzlich vom Business-Software Unternehmen Lexware durchgeführten Umfrage* unter Selbstständigen und kleinen Unternehmen kam heraus, dass knapp jede:r Zweite der befragten Selbstständigen (49 Prozent) aktuell im Nebenberuf selbstständig ist. Ein Trend, der sich auch mit den aktuellen Ergebnissen des KfW Gründungsmonitors deckt. Selbstständigkeit als Nebenberuf wird also immer attraktiver.
Gründe für die nebenberufliche Selbstständigkeit
Die Hauptmotive für eine nebenberufliche Selbstständigkeit sind vielfältig. Zwar spielt die Aussicht auf ein zusätzliches Einkommen für 61 Prozent der Befragten eine große Rolle, dennoch sind es vor allem klare Strukturen und die parallele Sicherheit im Angestelltenverhältnis, die den selbstständigen Nebenerwerb aussichtsreich machen. Die Möglichkeit, ohne Druck ein Netzwerk und einen Kundenstamm aufzubauen und dabei das finanzielle Risiko zu minimieren, wird von jedem Zweiten (52 Prozent) als entscheidend angesehen. Darüber hinaus schätzen 44 Prozent der nebenberuflich Selbstständigen die Themenvielfalt, die sich im Rahmen ihres Angestelltenverhältnisses und ihrer Nebenerwerbstätigkeit ergibt. Ebenso bietet die Selbstständigkeit in Teilzeit eine lukrative Alternative, um gewichtige Hindernisse der hauptberuflichen Selbstständigkeit zu minimieren. Denn mehr als die Hälfte (52 Prozent) befürchtet, dass die Einnahmen aus dem selbstständigen Nebenerwerb nicht ausreichen, um die Fixkosten zu decken. Weiterhin berichtet jeder Dritte von der Sorge vor potenziellen Risiken (32 Prozent) und hohen steuerlichen Abgaben (29 Prozent), die mit einer vollzeitlichen Selbstständigkeit einhergehen.
Nebenberufliche Selbstständigkeit als Sprungbrett
Für viele Unternehmer:innen ist die nebenberufliche Selbstständigkeit das ideale Sprungbrett für den Start in das hauptberufliche Unternehmertum. So können sich 60 Prozent der Befragten vorstellen, die Selbstständigkeit im Nebenerwerb in absehbarer Zeit zum Hauptberuf zu machen. Im Schnitt ist jede:r zweite Selbstständige rund zwei Jahre nebenberuflich selbstständig, bevor der Übergang in eine hauptberufliche Selbstständigkeit vollzogen wird (57 Prozent). So auch bei Franziska Dietrich, die neben ihrer Tätigkeit als Ingenieurin in einem großen Stuttgarter Technologiekonzern zunächst nebenberuflich ein Tanz- und Fitnessstudio eröffnete. „Als ich 2014 mit meinem Pole-Sportstudio startete, wusste ich noch gar nicht, ob es in Stuttgart überhaupt einen Markt dafür gib“, so Dietrich. Sich neben ihrer Festanstellung auszuprobieren, sei für sie das perfekte Sprungbrett gewesen. „Nach zwei Jahren ging mein Business so durch die Decke, dass ich gekündigt habe, um mich voll auf meine Selbstständigkeit zu konzentrieren“, so die Unternehmerin.
Selbstständigkeit nach Feierabend
Gründe für den späten Wechsel in die hauptberufliche Selbstständigkeit stellen die gute Vereinbarkeit von nebenberuflicher Selbstständigkeit und Angestelltenverhältnis sowie die positiven Auswirkungen auf das Einkommen dar. So gaben 71 Prozent an, eine gute bis sehr gute Balance zwischen beiden beruflichen Tätigkeiten gefunden zu haben. Selbstständigkeit im Nebenerwerb wird demnach kaum als Doppelbelastung wahrgenommen – und dass, obwohl nebenberuflich in den meisten Fällen nicht „schnell mal nebenbei“ bedeutet. Entsprechend haben 75 Prozent der Befragten ihre Arbeitsstunden trotz nebenberuflicher Selbstständigkeit nicht reduziert. "Die Debatte rund um „Kein Bock auf Arbeit" ist bei denen, die nebenberuflich selbstständig sind, vollkommen an der Realität vorbei. Viel mehr sehen wir: Wer im Nebenberuf gründet, der ist voll dabei", so Christia
Selbstständige noch besser unterstützen und ermutigen
Ein Großteil der nebenberuflich Selbstständigen Befragten wünscht sich eine intensivere Unterstützung bei jeglichen bürokratischen Angelegenheiten, Anträgen und Fördermöglichkeiten. Insbesondere der Mangel an rechtlicher Beratung hinsichtlich steuerlicher Belange führt bei mehr als der Hälfte der Selbstständigen (59 Prozent) zu Unsicherheiten. Ein Abbau der bürokratischen Hürden würde somit den Weg in die Selbstständigkeit, sowohl im Neben-, als auch im Haupterwerb, erheblich vereinfachen.
Doch nicht nur externe Prozesse, auch die interne organisatorische Aufstellung der nebenberuflich Selbstständigen weist Optimierungsbedarf auf. So berichteten 80 Prozent der Befragten bei Aufnahme ihres Nebenerwerbs, ihre unternehmerische Organisation, Abrechnungen, Buchhaltung und Steuern mit Excel und Word bewältigt zu haben. Erst nach über zwei Jahren wechselte mehr als die Hälfte (57 Prozent) zu Business-Softwares. Von dem Umstieg erhofften sich 75 Prozent mehr Daten- und Rechtssicherheit. „Viele Selbstständige machen es sich immer noch schwer und ergreifen die Chancen digitaler Unternehmensführung erst spät. Gerade im Nebenberuf bietet der Einsatz von Software und Automatisierung mehr Zeit für das Kerngeschäft und macht Unternehmertum einfach“, so Steiger.
Fazit
Als attraktive Möglichkeit, finanzielle Sicherheit zu erlangen und berufliche Träume mit persönlicher Leidenschaft zu verbinden, erfreut sich die nebenberufliche Selbstständigkeit in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Viele Gründer:innen nutzten die nebenberufliche Erwerbstätigkeit als Sprungbrett in eine hauptberufliche Selbstständigkeit. Mit gezielter Unterstützung in rechtlichen und finanziellen Fragen sowie dem Abbau bürokratischer Hürden glauben die Befragten, könnte dieses Potenzial noch besser ausgeschöpft werden, um sowohl den Übergang in eine vollzeitliche Selbstständigkeit zu vereinfachen als auch langfristig das wirtschaftliche Wachstum zu fördern.
Methodik
* Lexware hat im Zeitraum vom 21. bis 31. Mai 2024 2.189 seiner Kund:innen per Online-Fragebogen zur aktuellen Situation ihrer Selbstständigkeit befragt.